Von den guten werckenn Jhesus.
Dem durchleuchtigen hochgebornen fursten und herren herren Johanszen, hertzog tzu Sachszen, Landtgraff zu Duringen, Marggraff zu Meyssen, meynem gnedigen hern und patron.

Durchleuchter hochgeborner Furst, gnediger herr, ewern furstlichenn gnadenn seyn meyn undertenige dinste und arms gebett allzeyt bevohr.

Gnediger furst unnd herr, ich hette lengist gerne meyn undertenige dinst und pflicht gegen E.F.G. mit etwas geistlicher ware, die mir zustendig, ertzeyget, hab doch, meyn vormugen angesehen, mich altzeyt zugeringe erfunden, etwas fur tzu nehmen, das wirdig sey E.F.G. zuerbietenn. Die weyl aber meyn gnedigster herr herr Fridrich, Hertzog zu Sachszen, des heyligen Romischen reychs Ertzmarschalh, Curfurst und Vicary rc., E.F.G. bruder, nit vorschmecht, sundern gnediglich hat auffgenommen meyn untuchtigs buchlin, seyner C.F.G. Zugeschrieben, das nu auch durch den druck, des ich nit gedacht, auszgangenn, hab ich eynen mutt geschopfft von solchem gnedigen exempel und mich vormessen, wie das furstlich geblut, so auch der furstliche mut, zuvor yn gnediger senffte und gutwillickeit, gleych und eyns sey, vorhoffet, es solle auch E.F.G. der art nach diesze meyn arme underthenige erbietung nit vorschmahen, die myr vil noter ist gewesen ausztzulassen, dan villeicht keyn meyner prediget adder buchlin, die weyl die grossist frag sich erhaben hat von den guten wercken, yn welchen untzehlich mehr list und betrieg geschicht, dan yn kein anderer Creaturen, unnd in denn selben der [Rand: Matth. 7, 15.] eynfeltig mensch gar leychtlich vorfuret wirt, das auch unser her Christus uns geboten hat, wir sollen mit fleysz acht haben auff die schaffs kleyder, darunder[202] die wolff sich bergen. Es hat widder sylber, golt, edelgesteinn noch keinn kostlich ding szo manchfeltige tzusetze und abbruch als die gutten werck, welche mussen alle sampt eynn einige einfeltige gute haben, auszer der sie lauter farben, gleyssen und betrug sein.

Wiewol aber ich yhr vil weysz und teglich hore, die mein armut gering achten und sprechen, ich mach nur kleyn sexternlin und deutsche prediget fur die ungeleretenn leyenn, lasz ich mich nit bewegen. Wolt got, ich het einem leyen mein leblang mit allem meinem vormugenn tzur besserung gedienet, ich wolt myr genugen lassen, got dancken unnd gar willig darnach lassen alle meine buchlin umbkummen. Ob grosz und vil bucher machen kunst sey und besserlich der Christenheit, lasz ich andere richtenn, Ich acht aber, szo ich lust het, yhrer kunst nach gros bucher zumachen, es solt villeicht mit gotlicher hulff mir schleuniger folgen, dan yhnen nach meiner art einen kleynen sermon zumachenn. Wenn erfolgen szo leicht were als vorfolgen, were Christus lengist widder vom hymel worffen und gottis stul selbist umbkeret: kunden wir nit alle tichten, szo wollen wir doch alle richten. Ich wil einem yeden die eere grosser dinge hertzlich gerne lassen und mich gar nichts schemenn, deutsch den ungeleretenn layen zupredigen und schreiben, wiewol ich auch des selben wenig kan, duncket mich doch, szo wir biszher und furt mehr uns desselben geflissen hetten und wolten, solte der Christenheit nit eins kleinen vorteils mehrer besserung erwachszen seyn, den ausz den hohen grossen buchern und question, in den schulen under den gelereten allein gehandelt. Wer das szo hab ich noch nie yemant getzwungen oder gebeten, mich zuhoren odder mein prediget lesen. Ich hab frey in die gemeine gedienet von dem, das mir got geben und ich schuldig bin: wer sein nicht mag, der lesze und hore andere. Auch ist nit gros dran gelegenn, ob sie mein nit wollen durffen, mir ist eben genug unnd mehr dann zuvil, das etlich layen, und die furtreffenlich, sich demutigen meine prediget zuleszen.

Und ob schon keine andere sach mich treiben mocht, sol mir doch die uberflussig sein, das ich erfaren hab, wie E.F.G. solch deutsche buchlin gefellig und sie gantz begirig sein, zuerkennen guter werck und des glaubens unterricht, deren mirs billich getzimet hat muglichs stets unterteniglich zudienen. Derhalben bitt ich demutiger untertenickeit, E.F.G. wollen disse meine ertzeygung gnediger meinung annhemen, szo lang bisz, ob mir got die[203] tzeit gebe, ich den glauben mit einer deutschen auszlegung gantz vorklere. Dann auff diszmal hab ich antzeigen wollenn, wie wir den glauben sollen in allen guten wercken uben, brauchen und das furnehmist werck sein lassen. Gibt es got, szo wil ich ein ander mal den glaubenn an im selbst handeln, wie wir den selben teglich beten odder sprechenn sollen. Wil mich hiemit E.F.G. unterteniglich befolen haben.

Zu Wittenberg am xxix. tag Martii. Nach Christ geburt Tausent funffhundert unnd im tzwentzigsten Jar.

E.F.G.


Undertheniger Capellan


D. Martinus Luther,

Augustiner Vuittenbergensis.


Czum ersten ist zuwissen, das kein gutte werck sein, dan allein die got gebotenn hat, gleich wie kein sund ist, dann allein die got verboten hat. Darumb, wer gute werck wissen und thun wil, der darff nichts an ders dan gottis gebot wissen. Also [Rand: Matth. 19. 17.] spricht Christus Math. xix. ›wiltu selig werden, szo halt die [Rand: Matth. 19, / 18 f.] gebot.‹ Und da der jungling fragt Math. xix. was er thun solt, das er selig wurd, hilt ym Christus nit anders fur, dan die tzehen gebot. Dem nach mussen wir unterscheidt der gutten werck lernen ausz den gebotten gottis, und nit ausz dem scheine, grosse odder mennige der werck an yn selbs, auch nit ausz gutdunckel der menschen odder mennschlicher gesetz odder weyse, wie wir sehn, das geschehn und noch ymmer geschicht durch unser blindtheit mit grosser vorachtung gotlicher gebot.

Czum andern, Das erste und hochste, aller edlift gut werck ist der [Rand: Joh. 6, 28 f.] glaube in Christum, wie er saget Johan. vi. da die Juden yn fragten ›was sollen wir thun, das wir gut gotlich werck thun?‹ antwortet er ›das ist das gotlich gut werck, das yr in den glaubt, den er gesandt hat.‹ Nu wen wir das horen odder predigen, szo lauffen wir uberhyn unnd achtens gar gering und leicht zuthun, szo doch wir hie solten lange stan und ym wol nachtrachten. Dan in diesem werck mussen alle werck gan und yrer gutheit einflusz gleich wie ein lehen von ym empfangen. Das mussen wir grob auszstreichen, das[204] sie es greiffen mugenn. Wir finden yr viel, die do beten, fasten, stifften, dis und das thun, ein gut leben furen vor den menschenn, welch szo dw fragest, ob sie auch gewisz sein, das es gotte wolgefalle, was sie alszo thun, sprechen sie: ›Nayn‹, sie wissens nit odder tzweyfeln dran. Daruber sein auch der grosz gelereten etlich, die sie vorfuren unnd sagenn, es sey nit not, des gewisz zusein, die doch sonst nit anders thun dan gutte werck leren. Sih da, alle die selben werck gahn ausserhalb dem glauben, darumb sein sie nichts und gantz todt: dan wie yhr gewissen gegen got stehet und glaubet, szo sein die werck auch, die darausz geschehn. Nu ist da kein glaub, kein gut gewissen zu got, darumb szo ist den wercken der kopff ab, und all yr leben unnd gute nichts. Daher kompts, wan ich denn glauben szo hoch antzihe und solch ungleubige werck furwirff, schuldigen sie mich, ich vorbiete gute werck, szo doch ich gerne wolte recht gutte werck des glaubens leren.

Czum drittenn, fragistu sie weytter, ob sie das auch gut werck achten, wann sie arbeyten yhr handtwerg, ghan, sthan, essen, trincken, schlaffen, und allerley werck thun zu des leybs narung odder gemeinen nutz, und ob sie glauben, das got ein wolgefallen darynnen uber sie habe, szo wirstu finden, das sie nayn sagen, und die gute werck szo enge spannen, das sie nur in der kirchen beten, fasten unnd almoszen bleybenn, die andere achten sie als vorgebenn, daran got nichts gelegen sey, und alszo durch den vordamptenn unglauben gotte seine dienst, dem alles dienet, was ym glauben geschehen, geredt, gedacht werden mag, vorkurtzen und geringern. Alszo leret Ecclesiastes ix. [Rand: Pred. 9, 7 ff.] Gang hin frolich, ysz und trinck, und wisse das deyne werck gefallen got wol, altzeit las dein kleyt weysz sein, und das ole las deinem heubt nymmer gebrechen, gebrauch deines lebens mit deinem weib, das du lieb hast alle tage dieszer unstetigen zeit, die dir geben sein. Das kleid alletzeit weisz sein, das ist alle unser werg gut sein, wie sie mugen genandt werden, on alle unterscheit. Dan sein sie aber weisz, wan ich gewisz bin und gleub, sie gefallen got, und szo gebricht mir das ole des frolichen gewissens nymmer mehr von dem heubt meiner seelen. Alszo Christus Johan. viij. Ich thu alletzeit was [Rand: Joh. 8, 29.] im wolgefellet. Wie thet er das alletzeit, so er doch asz und tranck und schlieff zu seiner zeit? Und sanct Johan. i. Johan. iij. Dabey mugen wir erkennen, [Rand: 1. Joh. 3, 19 ff.] das wir stehn in der warheit, wan wir unser hertz mugen fur seinen augen trosten und ein gut vortrawen machen. Und so unsz unser hertz straffet odder beisset, szo ist got grosser dan unser hertz, und haben die zuvorsicht, was wir bitten das werden wir empfahen, dan wir halten sein gebot unnd thun was [205] [Rand: 1. Joh. 3, 9.] ym wol gefelt. Item, wer aufz got geborn ist (das ist wer gleubt und got [Rand: Ps. 34, 23.] trawet), der sundiget nit und kan nit sundigen. Item psal. xxxij. Es wirt [Rand: Ps. 2, 12.] ir keiner sundigen, die ym vortrawen. Ja am andern psalm: Selig sein die in yn trawen. Ist das war, szo musz alles gut sein, was sie thun, odder yhe bald vorgeben sein, was sie ubels thun. Sich da aber, warumb ich den glauben szo hoch hebe, alle werck hinein tzihe, und alle werck furwirff die nit erausz fliessen.

Czum vierden, Hie kan nu ein iglicher selb mercken und fulen, wen er guttes und nit guttis thut: dan findet er sein hertz in der zuvorsicht, das es gote gefalle, szo ist das werck gut, wan es auch szo gering were als ein strohalmen auffheben, ist die zuvorsicht nit da odder tzweifelt dran, szo ist das werck nit gut, ob es schon alle todten auffweckt unnd sich der mensch [Rand: Röm. 14, 23.] vorbrennen liesz. Das leret sanct Paul Ro. xiiij. alles was nit ausz odder im glauben geschicht, das ist sunde. Von dem glauben und keinem andern werck haben wir den namen, das wir Christgleubigen heissen, als von dem heubtwergk, dan alle andere werck mag ein heyd, Jude, Turck, szunder auch thunn, aber trawenn festiglich, das ehr got wolgefalle, ist nit muglich dann eynem Christen mit gnadenn erleucht unnd befestiget. Das aber disse rede seltzam sein unnd mich etlich einn ketzer dorob scheltenn, geschicht darumb, das sie der blinden vornunfft und heidenischer kunst gefolget, den glauben gesetzt haben nit uber szunder neben andere tugent, unnd ym ein eigen werck geben, abgesundert von allen wercken der ander tugent, szo er doch allein alle andere werck vorguttet, angenehm unnd wirdig macht, da mit, das er got trawet und nit tzweifelt, es szey fur yhm alles wolgethann was der mensch thut. Ja sie haben den glauben nit ein werck bleiben lassen, sundern, wie sie sagen, ein habitum darausz gemacht, szo doch die gantz schrifft keinem nit gibet den namen gotlichs [Rand: Matth. 15, 14.] gutes wercks, dan dem einigen glauben. Darumb ist es nit wunder, das sie blind und blinden leyter worden seinn. Und dieser glaub bringet alszo bald mit sich die liebe, frid, freud unnd hoffnung. Dann wer got trawet, dem [Rand: Gal. 3, 2.] gibet er szo bald seinen heiligen geist, wie sanct Paul zu den Galatern saget ›Jr habet den geist empfangen nit ausz ewern guten werckenn, sundern da ihr dem wort gottis glaubet habt.‹

Czum funfften, In dieszem glauben werden alle werck gleich, und ist einsz wie das ander, fellet ab aller unterscheidt der werck, sie sein grosz, klein, kurtz, lang, viel odder wenig. Dan nit die werck von yrer wegen, sundern vonn des glauben wegen angenehm seind, welcher einig und on unterscheid in allen und iglichen wercken ist, wirckt und lebet, wievil und unterschidlich sie[206] ymmer sein, gleich wie alle glidmasz von dem heubt leben, wircken und den namen haben, und on das heubt kein glidmasz leben, wircken odder namen haben mag. Darausz dann weiter folget, das einn Christen mensch, in diessem glauben lebend, nit darff eines lerers guter werck, sondern was ym furkumpt, das thut er, und ist alles wolgethan, wie S. Samuel sprach zu Saul ›du [Rand: 1. Sam. 10, /6 ff.] wirst ein ander mensch werden, wen der geist in dich kumpt, dan szo thu was dir vorkumpt, got ist bey dir‹. Alszo lesen wir auch von sanct Annen, Samuels [Rand: 1. Sam. 1, / 17 ff.] mutther, da sie dem priester Heli gleubt, der yhr gottis gnaden zusaget, ist sie frolich und fridlich heim gangen, und hat sich hinfurt nit mehr hyr und dar gekeret, das ist, es ist alles ein ding unnd alles gleich wordenn, was yhr furkummen ist. Auch sanct Paul saget ›wo der geist Christi ist, da [Rand: Röm. 8, 2.] ist es alles frey‹, Dan der glaub lesset sich an kein werck binden, szo lesset ehr yhm auch keinsz nit nehmen, sundern, wie der erst psalm saget, Er gibt [Rand: Ps. 1, 3.] sein frucht wensz zeit ist, das ist wie es kumpt und ghet.

Czum sechsten, Das mugen wir bey einem groben fleischlichenn exempel sehen. Wen ein man odder weib sich zum andern vorsicht lieb und wolgefallens, und das selb fest glewbt, wer lernet den selben, wie er sich stellen sol, was er thun, lassen, sagen, schweigen, gedencken sol? die eynige zuvorsicht leret yhn das alles und mehr dan not ist. Da ist yhm kein unterscheidt in wercken. Thut das grosz, lang, vile szo gerne, als das klein, kurtz, wenige, und widerumb, dartzu, mit frolichem, fridlichem, sicherem hertzen, und ist gantz ein frey geselle. Wo aber ein tzweifel da ist, da sucht sichs, welchs am bestenn sey, da hebet sich unterscheidt der werck ausztzumalen, wamit er mug huld erwerben, und gaht dennoch zu mit schwerem hertzen und grosem unlust, unnd ist gleich gefangen, mehr dan halb vortzweiffelt, und wirt offt zum narren drob. Alszo einn Christen mensch, der in diser zuvorsicht gegen got lebt, weisz alle ding, vormag alle dingk, vormisset sich aller ding, was zu thun ist, und thuts alles frolich und frey, nit umb vil guter vordinst unnd werck zusamlen, szondern das yhm eine lust ist got alszo wolgefallen, und leuterlich umb sunst got dienet, daran benuget, das es got gesellet. Widderumb der mit got nit einsz ist odder tzweyffelt dran, der hebt an, sucht und sorget, wie er doch wolle gnugthun und mit vil wercken got bewegen. Er leufft zu sanct Jacob, Rom, Hierusalem, hier und dar, bettet sanct Brigitten gebet, ditz und das, fastet den und dissen tag, beicht hie, beicht da, fragt dissen und jhenen, und findet doch nit ruge, und thut das alles mit grosser beschwerung, vortzweyfflung unnd unlust seines hertzen, das auch die schrifft solch gute werck nennet auff hebreisch Aden amal, auff deutsch ›muhe und erbeit‹, Dartzu seinsz nit gute [Rand: Ps. 90, 10.][207] werck und alle vorloren. Er sein vil drober doll worden und vor angst [Rand: Weish. 5, 6 f.] in alle jamer kummen. Von den steht Sap. v. ›wir sein muyd worden in dem unrechten wege und habenn schwere sawer wege gewandelt, aber gottis weg haben wir nit erkennet, und die son der gerechtickeit ist unsz nit auffgangen.‹

Czum Siebenden, In den wercken ist der glaub noch gering unnd schwach, lasz uns weitter fragenn, wan es yhn ubel gaht an leyp, gut, ehr, freund odder was sie habenn, ob sie dan auch glaubenn, das sie got noch wolgefallen und ehr yhr leiden und widderwertickeit, sie sein klein odder grosz, gnediglich uber sie ordene. Hie ist kunst, zu got, der sich tzornig stellet noch allen unsern syn und vorstandt, gut zuvorsicht haben und bessers sich bey ym vorsehn, dan sichs empfindet. Hie ist er vorborgen, gleich wie die braut sagt [Rand: Hohel. 2, 9.] in Canticis ›Sich, er steht hinder der wandt und sicht durch die fenster‹, das ist szo vil, unter dem leidenn, die uns gleich von ym scheyden wollen wie eine wand, ja eine maurenn, steht er vorborgen unnd sicht doch auff mich und lesset mich nit. Dan er steht und ist bereit, zuhelffen in gnaden, unnd durch [Rand: Klagel. 3, 31 ff.] die fenster des tunckeln glaubens lesset er sich sehen. Unnd Hiere. in Tren. ›Er vorwirffet die menschen, aber er thuts nit ausz hertzlicher meynung‹ Dissen glauben kennen sie gar nichts, und geben sich uber, dencken, got hab sie vorlassen und sey yhn feind. Ja, sie geben solchs ubel den menschen und teuffel, und ist da lauter kein zuvorsicht zu got. Darumb ist yhr leiden auch yhn altzeit ergerlich und schedlich, und gahn doch hyn und thun etlich gutte werck, als sie meynenn, gar nichts solchs yrhs unglaubens warnehmend. Aber welche got in solchem leiden trawenn unnd eine feste, gut zuvorsicht gegen yhm behalten, das er uber sie ein wolgefallenn habe, den selbenn feind die leiden unnd widerwertickeit eyttel kostlich vordinst und die edlisten gutter, die niemant schetzen mag, dan der glaub unnd die zuvorsicht machensz alles kostlich fur got, das den andern auffs allerschedlichst ist, das auch vom todt geschrieben [Rand: Ps. 116, 15.] stet am cxv. psalm ›Der tod der heiligen ist kostlich geacht fur gottis augen‹. Und szovil die zuvorsicht und glaub in dissem grab besser, hoher und stercker ist gegen dem ersten grad, szo vil ubertreffenn die leyden in dem selben glauben alle werck yhm glauben, unnd ist alszo tzwischen solchenn wercken unnd leyden unmeszliche unterscheidt der besserung.

Czum achten, Uber das alles ist des glaubens der hochste grad, wan got nit mit tzeitlichem leiden, sondern mit dem todt, hell und sund das gewissenn strafft unnd gleich gnad unnd barmhertzickeit absaget, als wolt er ewiglich vordamnen unnd tzurnenn, wilchs wenig menschen erfarenn, wie [Rand: Ps. 6, 1.] David am vi. psalm klaget ›Her, straff mich nit in deinem grym.‹ Hie[208] zuglaubenn, das got gnedigen wolgefallen ubir unsz habe, ist das hochste werck, das geschehn mag von und in der Creatur, davon die wirckheiligenn und guttheter gar nichts wissen, dan wie wolten sie hie sich guttis und gnaden zu got vorsehen, dieweil sie in yhren wercken nit gewisz sein und am geringstenn grad des glaubens tzweiffellenn?

Sich, alszo hab ich gesaget, den glauben altzeit gepreyset und alle werck, die on solchen glauben geschen, vorworffen, da durch die menschen von den falschen, gleissenden, phariseischen, unglaubigen guten wercken, der itzet alle Closter, kirchen, heufzer, nyder und hoher stend vol, vol sein, zu den rechten, worhafftigen, grundguten, gleubigen wercken zufuren, darin mir niemant widderstrebt, dan die unreynen thirer, der fusz nit sein gespalten (wie [Rand: 3. Mos. 11, 4.] ym gesetz Mosi angetzeigt), gar keinen unterscheidt leiden wollen der gutten werck, szondern einhin plumpen: wen es nur gebett, gefastet, gestifftet, gebeicht, gnugthan ist, sol es alles gut seinn, ob sie schon kein glauben dryn gehabt gotlicher gnaden und wolgefallens, Ja dan am meisten sie gut achten, wen sie yhr nur viel, grosz, lange gethan haben, on alle solche zuvorsicht, und hernach aller erst sich guttis vorsehen wollen, wen die werck gethan sein, unnd alszo nit auff gotlichen wolgefallen, sondern auff yhre gethane werck yrhe zuvorsicht, das ist auff den sandt unnd wasser, bawenn, davon sie [Rand: Matth. 7, 26 f.] zuletzt einenn grausammen fal thun mussen, wie Christus Math. vij. sagt. Diessen guten willen und wolgefallen, darauff unszer zuvorsicht steht, habenn die engel vom hymel vorkundet, da sie sungen in der Christnacht ›Gloria in excelsis [Rand: Luc. 2, 14.] deo, Er sey got ym hochsten, frid der erden, gnediges wolgefallen den menschen‹.

Czum neunden, Sich, das ist das werck des ersten gebots, da geboten ist ›Du solt nit andere gotter haben‹, das ist szo vil gesagt ›dieweil ich allein got bin, soltu zu mir allein dein gantze zuvorsicht, traw unnd glauben setzen, und auff niemandt anders‹. Dan das heisset nit einen got habenn, szo du euszerlich mit dem mund got nennest odder mit den knyen und geberden anbettest, szondern szo du hertzlich yhm trawist und dich alles guttis, gnadenn unnd wolgefallhens tzu yhm vorsichst, es sey in werckenn odder leidenn, in lebenn odder sterbenn, in lieb odder leydt, als der her Christus Johan. iiij. [Rand: Joh. 4, 24.] tzu dem heydnischen weiblin ›Ich sag dir, wer got wil anbetten, der musz yhn im geist unnd der warheit anbetenn.‹ Unnd dieszer glaub, trew, zuvorsicht des hertzen grundlich ist warhafftige erfullunge dieses ersten gebottis, on welchen szonst kein werck ist, das diessem gebot muge gnugthun. Und wie disz gebot das aller erst, hochst, best ist, ausz welchem die andern alle fliessen, in yhm gan und nach yhm gericht und gemessigt werden, alszo ist auch sein werck (das ist der glaub odder zuvorsicht zu gottis hulden zu aller zeit) das aller[209] erst, hochst, beste, ausz welchem alle andere flissen, ghan, bleyben, gericht unnd gemessiget werden mussenn, unnd andere werck kegen diessem sein eben, als ob die andern gebot weren on das erste und kein got were. Derhalben spricht wol sanct Augustin, das des erstenn gebottis werck sein glauben, hoffen und lieben. Nu ist droben gesagt, das solch zuvorsicht und glaub bringt mit sich lieb und hoffnung. Ja wan wirs recht ansehn, szo ist die lieb das erst odder yhe zu gleich mit dem glauben. Dan ich mocht gotte nit trawen, wen ich nit gedecht, er wolle mir gunstig und holt sein, dadurch ich yhm widder holt und bewegt werd, ym hertzlich zutrawen und alles guttis zu ym vorsehen.

Czum tzehenden, Nu sihestu selbs, das alle die, szo yn got nit vortrawenn altzeit, unnd nit sich seiner gunst, huld und wolgefallens vorsehen in allen yhren wercken odder leyden, leben odder sterben, szondern bey andern dingen odder bey yhn selbst solchs suchen, disz gebot nit halten und warhafftig abgotterey treiben, ob sie gleich auch aller anderer gebot werck theten, dartzu aller heiligen gebet, fasten, gehorsam, gedult, keuscheit, unschult auff einem hauffen hettenn. Dann das heubtwerck ist nit da, on wilchs die andern alle nichts sein, dan ein lauter gleissen, scheinen, ferben und nichts dahinden, vor [Rand: Matth. 7, 15.] wilchem uns Christus warnet Matth. vij. ›Huttet euch vor den falschen propheten, die zu euch kommen in schaffs kleidern‹. Das sein alle, die durch vil guter werck (als sie sagenn) got sich wolgefellig machen wollen unnd gotte sein huld gleich abkeuffen, als wer er ein trewdler odder tagloner, der sein gnad und hult nit umbsonst geben wolt, das sein die vorkeretisten menschenn auff erdenn, die schwerlich odder nymmehr mehr bekeret werdenn auff den rechten weg, desselben gleichen alle, die in widderwertickeit hir und dar lauffen und allenthalben rad, hulff und trost suchen on allein bey got, da es yhn auffs [Rand: Jes. 9, 13.] hochst geboten ist zusuchenn, welch der Prophet Isaias ix. strafft alszo ›Das unsinnig volck bekeret sich nit zu dem, der es schlegt‹, das ist ›got schlug sie, und schafft yhn leiden und allerley widerwertickeit tzu, das sie zu yhm solten lauffen und yhm vortrawen, szo lauffen sie von yhm zu den menschen, itzt in Egipten, itzt in Assyrien, etwan auch tzum teuffel‹, von wilcher abtgotterey vil in dem selben propheten und libris regum geschrieben ist. Alszo thun auch noch alle heilige gleissener, wan sie etwas anstosset, das sie nit zu gote lauffen, sondern von und fur yhm flihen, nur gedenckenn, wie sie durch sich selb odder menschlich hulff yhres anligens ledig werdenn, unnd sich doch from leut achten und achten lassen.[210]

Czum Eylfften, das ist die meinung sanct Pauels an vilen orten, da er dem glauben so vil gibt, das er saget ›Justus ex fide sua vidit, der gerecht [Rand: Röm. 1, 17. / 3, 28] mensch hott sein leben ausz seinem glauben, und der glaub ist das, darumb er gerecht fur got geacht wirt.‹ Steht dan die gerechtickeit im glauben, szo ists klar, das er allein alle gebot erfullet und alle yhre werck rechtfertig macht, seint dem mal niemant rechtfertig ist, er thu dan alle gottis gebot, widderumb mugenn die werck niemant rechtfertigen fur got on den glauben. Und so gar mit offen vollen mund der heilig Apostel die werck vorwirfft und den glauben [Rand: Röm. 3, 28. / 8. 31. 6, 15.] preysset, das etlich sich ausz seinen wortenn geergert, fprochenn ›Eh, szo wollenn wir kein gut werck mehr thun‹, die ehr doch vordampt als die yrrigen und unvorstendigenn.

Alszo geschichts noch. Wann wir vorwerffen die grossenn, scheinend werck zu unsern tzeitten, on allen glawben gethan, das sie sagen, sie sollen nur glauben und nichts guttis thun. Als nemlich, die werck des ersten gebottis heysset man zu diszer zeit singen, leszen, orgeln, meszhalten, metten, vesper und ander getzeiten beten, kirchen, altar, Closter stifften und schmucken, glocken, kleinod, kleid, geschmeid, auch schetz samlen, zu Rom, tzu den heiligen lauffen. Darnach, wen wir, bekleidet, uns bucken, knypogen, roszenkrentz und psalter betten, und das alles nit fur einem abtgot, szondernn fur dem heiligenn creutz gottis odder seiner heiligen bild thun, das heyssen wir got ehren, anbetten und lauts des ersten gebottis kein andere gotter haben, welchs doch auch wucherer, eebrecher und allerley szunder thun mugen und teglich thun. Nu wolan, geschehn disze ding mit solchem glaubenn, das wirs dafur halten, es gefalle got alles wol, szo sein sie loblich, nit yrher tugent, sundern desselben glaubens halben, dem alle werck gleich gelten, wie gesagt ist. Zweisffeln wir aber dran odder haltens nit dafur, das got unsz holt sey, in uns gefallen hab, odder vormessen uns allererst durch unnd nach den wercken ym gefallen, szo ists lauter triegerey, auszwendig got geehret, ynwendig sich selb fur einen abgot gesetzt. Das ist die ursach, warumb ich so offt widder solcher werck pompen, pracht, menige geredt und sie furworffen habe, das am hellen tag ist, wie sie nit allein in tzweyffel odder on solchen glauben geschehn, szondern unter tausent nit einer ist, der nit sein trawen drein setzt, vormeynt dadurch gottis huld zuerlangen und seiner gnad furtzukommen, einen Jarmarckt dorausz zumachen, welchs got nit leiden kan, der sein huld umbsunst vorsprochen, wil, das man an der selben anheb durch eine zuvorsicht und in der selben alle werck volnbringe, wie sie genent sein.[211]

Czum tzwelfftenn, Darausz merck selber, wie weit von einander sein das erst gebot nur mit eusserlichen wercken und mit ynnerlichem vortrawen erfullenn. Dan dis macht recht, lebendige gottis kinder, jhenes macht nur erger abgotterey und die schedlichsten gleissener, die auff erden seinn, die untzehlich vil leutt mit yrem grossem schein furen in yrhe weysze, und lassen sie doch on glauben bleiben, unnd alszo jemerlich vorfuret stecken in dem eusszerlichen [Rand: Matth. 24, 23.] geplerre und gespenste. Von denen sagt Christus Math, xxiiij. Huttet euch, [Rand: Joh. 4, 21. 23.] wen sie euch werden sagen ›sich, hie odder da ist Christus‹. Item Johan. iiij. Ich sag dir, das die zeit wirt kummen, das yhr wider auff diszem berge noch zu Hierusalem werdet got anbetten, dann geistlich anbetter sucht der vatter.

Disze und der gleichen spruch haben mich, und sollen iderman bewegen, zuvorwerffenn das grosz geprenge mit bullen, sigel, phanen, ablas, damit das arme volck gefuret wirt zu kirchen bawen, gebenn, stifften, beten, unnd doch der glaube gantz geschwigen, ja gar nider gedruckt wirt. Dann die weil er unter den werckenn nit unterscheit hat, szo mag nit neben yhm besteen einerley wercks fur dem andern szo grosz auffblaszen unnd treibenn: dan er wil allein gottis dinst sein, und den namen und ehre keinem andern werck lassen, on szo vil er ym mitteylet, wilchs er thut, szo das werck yn und ausz yhm geschicht. Diszer unfug ist im alten testament bedeutet, da die Juden den tempel liessen unnd opffereten an andern ortern, in den grunen luftgarten und auff den bergen. Alszo thun disse auch, alle werck sein sie emsig zuthun, aber dis heubtwerck des glaubens achtenn sie nymmer.

Czum dreytzehenden, Wo sein nu die, die do fragen, wilche werck gut sein, was sie thun sollen, wie sie frum sein sollenn? Ja wo sein auch die, szo do sagenn, wann wir von dem glauben predigenn, das wir keine werck leren odder thun sollen? Gibt nit dis erste einige gebot mehr zuschaffen, dann jemandt thun mag? Wan ein mensch tausent odder alle menschen odder alle creature were, szo were ym dennocht hie gnug auffgeleget, und mehr dan gnug, szo ym gebotten ist, ehr solle altzeit in glauben und zuvorsicht zu got leben und wandeln, yhe auff keinen andern solchen glauben stellenn, und alszo nur einen, den rechten, kein andern got haben.

Dieweil dan menschlich wesen unnd natur kein augenblick mag sein on thun odder lassen, leiden odder flihen (dan das leben ruget nymmer, wie wir sehen), Wolan, szo heb an, wer do wil frum sein und vol gutter werck werden, und ube sich selb in allem leben unnd wercken zu allen tzeiten an diszem glaubenn, lerne stetiglich alles thun unnd lassen in solcher zuvorsicht, szo wirt er finden, wievil er zuschaffen hat, und wie gar alle ding im glauben ligenn, unnd nymmer mussig mag werden, dieweil der mussig gang auch musz in des[212] glaubens ubung und werck geschehen, und kurtzumb, nichts in und an uns sein odder zufallen mag, szo wir gleubenn, es gefal alles got (wie wir sollenn), es musz gut sein und vordinstlich. Also sagt sanct Paulus: Liben bruder, [Rand: 1. Cor. 10, 31.] alles was yhr thut, yr esset odder trincket, thuts alles in dem namen Jesu Christi unsers herren. Nu mag es in dem selben namen nit geschehn, es gescheh dan in solchem glauben. Item Roma. viij. Wir wissen, das alle ding [Rand: Röm. 8, 28.] mit wircken tzum besten den heiligen gottis.

Darumb ist die rede, szo etlich sagenn, es sehen gute werck vorboten, wan wir den glauben allein predigen, gleich der rede, als wan ich sprech tzu einem krancken ›hettestu die gesuntheit, szo hettestu die werck der glidmasz alle, on welche aller glidmasz wirckenn nichts ist‹, und er wolte drausz nemen, ich het der glidmas werck vorboten, so ich doch gemeint, die gesuntheit zuvor musz sein und wircken alle werck aller glidmaszen: alszo auch der glaub musz werckmeister und heubtman sein in allen wercken odder sein gar nichts.

Czum viertzehenden, Szo mochstu sprechenn ›Warumb hot man dan szo vil geistlicher unnd weltlicher gesetz, und vil Cerimonien der kirchen, Closter, stette, die menschen da durch tzun guten wercken tzw dringen und zureitzen, so der glaub durch das erste gebot alle ding thut?‹ Antwort: Eben darumb, das wir den glauben nit allesampt haben odder achtenn: wo den yderman hette, durfften wir keins gesetz ymmer mehr, sondern thet ein iglicher von yhm selbs gute werck zu allertzeit, wie yhn die selb zuvorsicht wol leret.

Nu aber seind vierley menschen. Die ersten, itzt gesagt, die keins gesetz dorffen, davon Paulus i. Thi. i. sagt ›Dem gerechten (das ist dem gleubigen) [Rand: 1. Tim. 1, 9.] ist kein gesetz gelegt‹, szondern solche thunn freywillig, was sie wissen und mugen, allein angesehen in fester zuvorsicht, das gottis gefallen und huld uber sie schwebt in allen dingen. Die andern wollen solcher freiheit miszbrauchen, sich falschlich drauff vorlassen unnd faul werden, von denen sagt sanct Petrus i. Pet. ij. ›Jr solt leben als die frey sein, und doch nit die selben freyheit [Rand: 1. Petr. 2, 16.] machen tzw einem deckel der fund‹, als sprech er ›die freiheit des glaubens gibt nit urlaub zu sunden, wirt sie auch nit decken, sondern gibt urlaub allerley werck zuthun unnd alles zuleiden, wie sie fur die hand kommen, das nit an ein odder etlich werck allein yemandt gebunden sey.‹ Also auch sanct Paul Gal. v. ›Seht zu, das yr disze freyheit nit lasset sein ein ursach zu fleischlichem [Rand: Gal. 5, 13.] leben.‹ Dise musz man treiben mit gesetz und bewaren mit leren und vormanung. Die dritten sein bosze menschen, zu sundenn altzeit erwegen, die musz man mit gesetzen geistlich und weltlich tzwingen, wie die wilden pferd und hund, und wo das nit helffenn wil, sie vom lebenn thun durchs weltlich schwert. Wie sanct Paulus Roma. xiij. sagt: Die weltlich gewalt tregt das [Rand: Röm. 13, 3 f.][213] schwert und dienet got daryn, nit tzur forcht den frummen, sundern den bosen. Die vierden, die noch mutig und kindisch sein ym vorstand solchs glaubens und geistlichs lebens, die musz man wie die jungen kinder locken und reitzen mit den eusserlichen, bestimpten unnd vorbundenn geschmuck, leszen, beten, fasten, singen, kirchenn, tzierden, orgelen und was des in Clostern und kirchen gesetzt odder gehaltenn wirt, szo lange bisz sie auch denn glauben leren erkennen. Wiewol hie grosz ferlickeit ist, wo die regenten, wie es itz leider gaht, mit den selben Cerimonien und sinlichen wercken sich treiben unnd blewen, als weren das die rechtenn werck, mit nachlassen des glaubens, den sie ymmer neben bey lerenn solten, gleich wie ein muter dem kind neben der milch auch ander speisz gibt, so lang das kindt selb essen mag die starck speisz.

Czum funfftzehenden, Dieweil dann wir nit alle gleich sein, mussen wir die selben menschen dulden, und mit yhn halten und tragen, was sie halten und tragen, und sie nit vorachten, sondern underweyszen den rechten weg des [Rand: Röm 14, 1.] glaubens. Also leret sanct Pauel Ro. xiiij. Den schwachen im glauben nempt [Rand: 1. Cor. 9, 20 f.] an, yhn zuunterweisen. Alszo thet er auch selb i. Corin. ix. Ich hab mich gehalten mit denen, die unter dem gesetz waren, als were ich auch drunder, [Rand: Matth. 17, / 25 ff.] szo ich doch nith drunder was. Und Christus Math. xvij. da er den tzinsz pfennig solt geben, des er doch nit pflichtig war, disputiret er mit sanct Peter, ob die kinder der konig tzinsz musten geben odder allein ander leut, Antwort sanct Peter ›Allein ander leut‹. Sprach Christus ›szo sein der konige kindt frey: doch das wir sie nit ergern, szo ganng hin ansz mere, und wirff ein den angel, der erste fisch der do kumpt den nym, und in seinem mundt wirstu einen pfennig finden, den gib fur mich und dich.‹

Hie sehenn wir, das alle werck unnd ding frey sein einem Christen durch seinen glauben, unnd er doch, weil die andern noch nit gleuben, mit yhn tregt und helt, des er nit schuldig ist. Und das thut er aber ausz freyheit, dan er gewisz ist, es gefalle got also wol, unnd thut es gerne, nympts an wie ein ander frey werck, das im on sein erwelen auff die handt stosset, dieweil er begeret und sucht nit mehr, dan wie er nur wirck got zugefallen m in seinem glauben.

Dieweil aber wir in dissem sermon furgenommen zuleren, wilch rechtschaffen gute werck sein, unnd itzt von dem hochsten werck redenn, ists offenbar, das wir nit vonn den andern, drittenn odder vierden menschen reden, szondern von den ersten, denen die andern alle sollen gleich werden, und sie von den ersten szo lange geduldet und underweisset werden. Darumb sol man die selbigen schwachgleubigen, die gerne wolten wol thun und bessers leren, und[214] doch nit begreiffen mugen, in yrhen Cerimonien nit vorachten, szo sie dran klebenn, als sey es mit yhnen gar vorloren, sondern yhren ungelerten blinden meistern die schult gebenn, die sie den glaubenn nie geleret, szo tieff in die werck gefuret haben, und sol sie senfftiglich unnd mit seuberlicher musz widder erausz in den glauben furen, wie man mit einem krancken umbgaht, unnd zulassen, das sie etlichen werckenn ein weil lang umb yres gewissens willen noch anhangen unnd treiben als die nottigen tzur selickeit, szo lang sie den glaubenn recht fassen, auff das nit, szo wir sie szo schwind erausz reissen wollenn, yhr schwach gewissen gantz tzurschellet und voryrret werde, und widder glauben noch werck behalten. Aber die hartkopffigen, die, in wercken vorstockt, nit achten was man vom glaubenn sagt, auch dawidder fechten, sol man faren lassen, das ein blind den andern fure, wie Christus thet und leret. [Rand: Matth. 15, 14.]

Czum sechtzehenden, Sprichstu aber ›wie mag ich mich gewisz vorsehen, das alle mein werck got gesellig sein, szo ich doch zuweilen fall, tzu vil rede, esse, trinck, schlaff, odder yhe sunst uber die schnur farhe, das mir nit muglich ist zumeyden‹, Antwort: diesze frag tzeigt an, das du noch den glaubenn achtest wie ein ander werck und nit uber alle werck setzist. Dann eben darumb ist er das hochst werck, das er auch bleibet und tilget die selben teglichen funden, damit das er nit tzweiffelt, got sey dir szo gunstig, das er solchem teglichenn fal unnd der gebrechlickeit durch die finger ficht, ja ab auch schonn ein todlich fall geschehe (das doch denen, szo im glauben und gottis trawen leben, nimmer odder selten widderferet), stet doch der glaub widder auff, und tzweiffelt nit, sein sund sey schon dohin. Wie i. Johan. ij. steht: Das schreib ich euch, lieben [Rand: 1. Joh. 2, 1 f.] kinder, auff das yhr nit sundiget, szo aber jemand yhe fellet, szo haben wir einen vorsprechen fur got, Jesum Christum, der do ist ein vorgebung fur alle unser sund. Und Sap. xv. Und ob wir schone sundigeten, so sein wir doch [Rand: Weish. 15, 2.] die deinen, und erkennen, das du grosz bist. Und Prover. xxiiij. Sibenn mal [Rand: Spr. 24, 16.] mag fallenn ein gerechter mensch, stet aber sovil mal wider auff. Ja disse zuvorsicht und glauben musz also hoch und starck sein, das der mensch wisse, das alle sein leben und wircken eitel vordamplich sund sein fur gottis gericht, wie geschrieben stet psal. cxlij. ›Es wirt fur dir kein lebendig mensch rechtfertig [Rand: Ps. 143, 2.] erfunden‹, und musz an seinen wercken szo vortzweiffelen, das sie nit gut sein mugenn, dan durch diszen glauben, der sich keinisz gerichts, sondern lauterer gnad, gunst, huld und barmhertzickeit vorsicht, wie David psal. xxv. ›Deine [Rand: Ps. 26, 3.] barmhertzickeit ist mir stettis fur meinen augen, und bin guts muts gewesen an deiner warheit‹, und psal. iiij. ›die erleuchtung deins angesichts schwebt [Rand: Ps. 4, 7 f.][215] ubir uns (das ist deiner gnad erkantnis durch den glauben) und damit hastu frolich gemacht mein hertz‹: dan wie er sich vorsicht, szo yhm geschicht.

Sich, alszo ausz barmhertzickeit unnd gnaden gottis, nit ausz yrher natur sein die werck on schuld, vorgeben und gut umb des glaubens willen, der sich auff die selbenn barmhertzickeit vorlessit. Alszo mussenn wir der werck halben uns furchtenn, aber der gnaden gottis halben trosten, wie geschrieben stet [Rand: Ps. 147, 11.] psal. cxlvi. Got hat einen gnedigen wolgefallen uber die, szo sich fur yhm furchten, und doch trawen auff seine barmhertzickeit. Alszo betten wir mit gantzer zuvorsicht ›Vater unser‹, und bitten doch ›vorgib uns unser schuld‹, sein kinder, und doch szunder, sein angenem, und thun doch nit genug: das macht alles in der glaube, in gottis hulde befestiget.

Czum sibentzehenden, Fragistu aber, wo der glaub und zuvorsicht muge funden werden odder herkummen, das ist freylich das notigist zuwissen. Zum ersten, an zweifel kompt er nit ausz deinen wercken noch vordinst, sondern allein ausz Jesu Christo, umbsunst vorsprochen und geben. Wie sanct Pauel [Rand: Röm. 5, 8.] Ro. v. ›Got macht uns seine lieb fast susz und freuntlich, in dem, das Christus fur uns gestorben ist, da wir noch sunder warenn‹, als solt ehr sagen ›solt uns das nit eine starck, unuberwindlich zuvorsicht machen, das, ehr wir drum gebeten odder gesorget haben, ja noch in sunden fur und fur wandelten, [Rand: Röm. 5, 9 f.] Christus fur unser sund stirbt?‹ Und folget ›szo dan Christus ein tzeitlang gestorbenn ist fur unsz, do wir noch sunder waren, wievil mehr, szo wir nu durch sein blut gerechtfertiget sein, werden wir selig werden durch yhn, und szo wir got vorsunet sein durch seinsz suns todt, do wir noch sein feindt waren, vil mehr, szo wir nu vorsunet sein, werdenn wir behalten werdenn durch sein leben.‹

Sich, alszo mustu Christum in dich bilden und sehen, wie in ym got seine barmhertzickeit dir furhelt und anbeuttet an alle deine vorkummende vordinst, unnd ausz solchem bild seiner gnadenn schepffen den glauben unnd zuvorsicht der vorgebung aller deiner sund. Darumb hebt der glaub nit an den wercken an, sie machen yhn auch nit, sondern er musz ausz dem blut, wunden unnd sterben Christi quellen und fliessen, In wilchem szo du sichst, das dir got szo hold ist, das er auch seinen sun fur dich gibt, musz dein hertz susz und got widderumb hold werden, und also die zuvorsicht ausz lauter gunst und lieb herwachszen, gottis gegen dir und deiner gegen got. Alszo leszen wir noch nie, das yemand der heilig geist gebenn sey, wan er gewirckt hat, aber altzeit, wan sie habenn das Evangelium von Christo unnd die barmhertzickeit gottis gehoret. Ausz dem selben wort musz auch noch heut und altzeit der glaub und sonst nindert herkommen. Dan Christus ist der fels, [Rand: 5. Mos. 32, 13.] da man butter unnd honig ausz seugt, wie Moses sagt Deutro. xxxij.

Quelle:
Martin Luther: Werke. 120 Bände, Band 6, Weimar 1888 ff., S. 202-216.
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