Vierzehnter Auftritt.

[53] Harlekin. Kolombine.


HARLEKIN. Assah! Miß Pudding, wie stehts? Ist die Leber noch frisch, und seyd Ihr diesen Winter gut bequartirt?

KOLOMBINE. Darf ich fragen: was zu des Herrn Hauptmanns Befehl sey?

HARLEKIN. Zu meinem Befehl? Drey Küsse auf eine Stelle, mein Schatz, drey Küsse – – –

KOLOMBINE. Ich weiß nicht, ob ich es recht verstanden habe, der Herr Hauptmann von Astaroth sind bey mir gemeldet worden.[53]

HARLEKIN. Das bin ich im Original, mein kleines Zuckermündchen. Darf ich aber auch wohl fragen, ob Sie nicht die Mademoiselle Kolombine Bartholdinn sind?

KOLOMBINE. Ihnen aufzuwarten, Herr Hauptmann.

HARLEKIN. Nun, so sind wir ja bekannte Leute und Nachbars Kinder. Komm dann, mein Schatz, und küsse mich.

KOLOMBINE. Ich glaube immer noch, ich irre mich. Man hat mir gesagt, daß Sie einige Bestellungen von einer sehr guten Freundinn, die ich auf dem Lande habe, an mich hätten.

HARLEKIN. Ja, recht, mein liebes Sauernüßchen. Hier habe ich ein Paar orientalische, peruvianische Ohrringe, und dort einen Beutel mit eintausend gerändelten Species-Dukaten. Was dünkt Dir dabey, mein Rosenknöspchen?

KOLOMBINE. Ich begreife noch eigentlich nicht, wozu das alles?

HARLEKIN. Wozu, Mädchen? Primo sollst Du mich dafür neun und neunzig Mal küsen.

KOLUMBINE. Ach, wer weiß bey welchem Mädchen Sie diese Ohrringe wohl erbeutet haben, und ob Sie ihr nicht gar dabei die Ohren ausgerissen!

HARLEKIN. Ich eroberte sie in dem Laufgraben vor Schweidnitz, und diese tausend Dukaten habe ich einem französischen Marschalle en rase campagne abgenommen.

KOLOMBINE. Ich sehe wohl, Herr Haauptmann, Sie haben an mich nichts zu bestellen, und ich will mich Ihnen nur gehormsamst wieder empfehlen.

HARLEKIN. O Prinzessin! so wird es nicht gehn. Flugs hierher!


Er nimmt sie bey der Hand, und stellet sie so daß sie ihm nicht entgehen kann.


und diese Ohrringe, diese Dukaten, diese Küsse angenommen.


Er will sie küssen, und sie wehret sich.


KOLOMBINE. Ich bitte Sie recht sehr, Herr Hauptmann, mäßigen Sie Sich.

HARLEKIN. Was mäßigen? Drey Jahre belagere ich eure verdammte Schaubühne, als wenn ich eine Festung belagere: und beständig habe ich meine Kanonen auf Dich gerichtet. Daß ich endlich einmal Sturm laufe, mußt Du mir nicht verdenken. Sogleich diese Ohrringe eingesteckt!


Er dringt ihr solche auf, sie fallen aber auf die Erde.


und hier diese tausend Dukaten, oder


Wie vorher.


und nun gehts auf die Bresche los.


Er umarmt sie auf seine Art.


KOLOMBINE. Ach mein Gott! Gewalt, Gewalt, Gewalt!


Quelle:
Justus Möser: Harlekin. Berlin und Zürich 1968, S. 53-54.
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Die Tugend auf der Schaubühne; oder: Harlekin's Heirath
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