Fünfter Auftritt.

[45] Harlekin. Scapin und Peter.


HARLEKIN vor sich. O weh! der erste Versuch ist nicht zum Besten abgelaufen. Itzt mögt' ich wohl, nun will sie nicht.

SCAPIN. Wird denn heute nicht gespielt? Herr Barthold hat mich herbestellt, um den Freyer mit vorzustellen. Ich sehe aber keine Anstalten.

PETER. Ich sollte auch einen vorstellen – – –

HARLEKIN. Ha, mein guter Peter, magst Du es denn gern thun?

PETER. O ja. Ich muß sonst immer nur die Lichter putzen; wenn aber der Freyer gespielet wird, so – – so küsse ich, wollt' ich sagen, Cathrinchen.

HARLEKIN. Und Du, Scapin?

SCAPIN. Meine Rolle in diesem Stück ist immer nur ein Puckel voll Schläge, und ich könnte eben nicht sagen, daß ich solche jetzt nöthig hätte.

HARLEKIN. Hör' einmal, mein lieber Scapin! Ich weiß, Du bist schlauer als mancher Dieb, der gehangen wird; ich muß Dir eins im Vertrauen sagen.

PETER. Ich hoffe doch nichts von Cathrinchen?

HARLEKIN. Ich wäre wohl gesonnen, des Herrn Bartholds' jüngste Tochter Kolombinchen in allen Ehren zu heirathen – –

PETER. Giebt es denn auch Heirathen in Unehren?[45]

HARLEKIN. Allein, ich besorge, sie mögte schon – –

PETER. Was mögte sie schon?

SCAPIN. Schweig, Peter, ich verstehe schon was Harlekin meynt. Er besorgt, sie mögte schon einmal in Unehren geheirathet haben.

PETER. Nun verstehe ich es auch – – –

HARLEKIN. Was meynst Du nun? Wie fange ich es an, um hinter die Wahrheit zu kommen?

SCAPIN. Du mußt sie vorher probiren.

PETER. Bey meiner Treu, das ist vernünftig.

HARLEKIN. Allein, wie mache ich das?

PETER. O, das will ich wohl thun, wenn Sie es nicht verstehen.

SCAPIN. Ich weiß was zu thun ist. Wolltest Du wohl, Harlekin, ihr zu gefallen, eine Tracht Schläge vorlieb nehmen?

HARLEKIN. Die Schläge wohl; aber den Schimpf nicht.

SCAPIN. Nun da ist Rath zu. Höre, ich will Dir das Kleid meines Herrn verschaffen. Du weißt, er ist Hauptmann, und eine Uniform hat heut zu Tage viele Freyheiten; damit sollst Du diesen Abend zu ihr gehen. Läßt sie Dich nun zum Hause hinaus prügeln, so kannst Du glauben, daß sie die Krone von allen ehrlichen Mädchen ist. Nimmt sie Dich aber an, küßt und umarmt Dich, so nimmst Du das auf dem Marsche vorlieb, und weißt wie viel die Glocke geschlagen.

HARLEKIN. O mein lieber Scapin, das ist unvergleichlich. Ich danke Dir tausendmal für Deinen guten Rath. Mache mich nur geschwind zum Hauptmann. Ich brenne vor Verlangen, jene glückliche Tracht Schläge zu empfangen.

PETER. Ich wahrhaftig nicht. In meiner Heimat probirt man die Mädchen ganz anders.

SCAPIN. In meiner auch. Aber man bekommt zuweilen etwas, was einem noch weit unangenehmer ist, als eine Tracht Schläge. Nicht wahr, Harlekin?

HARLEKIN. O Scapin, Du bist der klügste Schelm, den ich in meinem Leben gekannt habe. Mache nur geschwind, daß ich das Kleid von Deinem Herrn bekomme. Ich hoffe doch nicht, daß er es übel nehmen wird, wenn der Schimpf hiernächst darauf sitzen bleibt?

SCAPIN. O im geringsten nicht. Eben das Kleid, was ich Dir verschaffen will, hat schon mehrmal herhalten müssen. Ich will hingehen um es Dir zu bringen. Du mußt mir aber auch einmal wieder zu gefallen seyn, wenn Du nun ein Ehemann seyn wirst.


Scapin geht ab.


Quelle:
Justus Möser: Harlekin. Berlin und Zürich 1968, S. 45-46.
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