Vierte Scene.

[20] Elvire. Jerta.


ELVIRE welche im Begriff war, mit Otto zu gehen, kommt in den Vorgrund zurück.

JERTA.

Du gehst nicht hinab zur Pforte?

ELVIRE.

Kann ich? – Oh, des Knaben Worte

Lahmen meiner Freude Flügel.

JERTA.

Arme Schwester! Ich verstehe:

Dieses Kind, voll Mild' und Huld,

Zeigt, ein immer klarer Spiegel,

Dir das Bildniß deiner Schuld.

ELVIRE sehr bewegt.

Peinlich ist mir seine Nähe,

Und doch kann ich ihn nicht missen.

Ich begehre, daß er gehe,

Und bedeck' ihn doch mit Küssen! –

Was ist kinderlose Ehe?[21]

Hugo liebt ihn väterlich,

Möchte gern im holden Knaben

Einen Sohn gewonnen haben;

Doch der Knabe liebt nur mich.

Der Natur geheime Triebe

Wenden ihn von fremder Liebe,

Und ein unsichtbares Band

Zieht ihn nach dem Vaterland.

Zwischen uns so steht er, wie

Eine Mauer zwischen Flammen;

Ueber Otto schlagen sie

Hochauflodernd, wild zusammen;


Tief seufzend.


Aber – Eine wird es nie.


Quelle:
Adolph Müllner: Dramatische Werke. Band 2, Braunschweig 1828, S. 20-22.
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