Siebzehnte Scene.

[259] Die Vorigen. Yngurd durch den Haupteingang, welcher offen bleibt während dieser ganzen Scene. Der König ist blaß, feine Brustwunde ist mit einer Schärpe, die über die rechte Schulter und unter der linken Achsel weg geht, verbunden, er stützt sich auf Erichson und Marduff, welcher sein Schwert trägt. Nös, Biörneland und Ourdal folgen ihm zunächst. Nös trägt die Normännische Krone nachlässig wie einen Kranz, in der herabhängenden Hand. Jarl, Kurl und mehrere Normannen folgen den Reichsherren. Dänische Ritter treten aus der Gallerie rechts. Durch den offenen Haupteingang sieht man Trabanten und Volk. Yngurd wird bis in den Vorgrund vor Alf geführt, und stets von Marduff und Erichson gestützt.


YNGURD.

Alf, ich bin fertig mit dem Tagewerke;

Doch ist mir's nicht, als ging' ich, auszuruhn.

Mein Geist blickt auf, wie die Erwachten thun,[260]

Und meine Brust fühlt ungewohnte Stärke.

Das Leben, nicht der Tod, ist zu vergleichen

Des Schlummers Träumen, die dem Morgen weichen,

Dem ewigen – ich sehe seine Spur.

Was ich gewollt, war Ein Mal schlimmer nur,

Als was ich that, und – ich nicht that's; die Hölle,

Mißtrauend meiner besseren Natur,

Vollzog mein Denken mit des Blitzes Schnelle.

Ihr, edle Ritter – eure Treue wankte

Nicht früher, als das Herz des Herrn erkrankte

Am bösen Willen. – Fasset meine Hände!


Die Reichsherren werfen sich auf seine Hände, und küssen sie in Thränen.


OURDAL außer Fassung.

O, König! König!

ERICHSON mit gebrochnem Herzen.

Qual der Trennung, ende!

YNGURD nachdem er sich die Augen getrocknet, männlich fest zu Alf.

Gefallen ist Held Ottfrieds Stamm. Der Raub[261]

Soll sich nicht schmücken mit des Ruhmes Laub.

Nös züchtete der Königswürde Zeichen

Vor Egrösunds verräterischem Plan.


Er winkt Nös, welcher ihm die Krone giebt, sich dann abwendet, und in Thränen ausbricht. Yngurd tritt nah vor Alf.


Eu'r Ahnherr Urd war Herr von beiden Reichen.


Weich.


Alf! Nehmt euch meiner Normannskinder an!


Er kniet mit sichtbarer Schwäche huldigend vor dem Dänenkönig nieder, und reicht ihm die Krone.


Ihr König stirbt als euer Unterthan.

ALF hat die Krone genommen, wie man eine Last aus der Hand eines Schwachen nimmt und sagt nun im heftigsten Schmerz, von dem Knieenden abgewandt.

Oh! Yngurd! – – Mußt' ich kommen um zu sehen

Wie durch sich selbst muß Großes untergehen?


Yngurd sinkt während dieser Rede in die Arme Erichsons zurück, und stirbt. Es herrscht Stille.
[262]

BIÖRNELAND.

Er ist nicht mehr. Gelöst ist unser Eid.


Er winkt Nös und Ourdal, alle Drei lassen sich vor Alf auf ein Knie nieder, heben die rechte Hand empor, und Biörneland fährt fort.


Empfanget, Herr, den freien Schwur des Reiches.

ALF gen Himmel blickend.

Du dunkler Quell der Weltbegebenheit,

Du willst's. Wohlan denn!


Mit dem Ausdruck eines königlich-bescheidenen Sinnes.


Gleich beherrsche Gleiches,

Und Gutes steh' am Platz der Herrlichkeit

ALLE auf ein Wink von Biörneland.

Heil Alf! dem Herrn der Dänen und Normannen!

BRUNHILDE tritt rasch bis mitten auf die Bühne.

Still! – Braunhild spricht:

Es traut die Braut

Dem Ja noch nicht,

Wär's noch so laut.[263]

Die Winde spannen

Die Lungen aus,

Wie eine Maus

Fährt's Wort heraus,

Aus seinem Haus,

Und husch! ist's fort.

Halt Maus, halt Wort,

Läuft hier wie dort

Auf eins hinaus.

Die Braunhild lacht, und geht vergnügt von dannen.


Ab.


ALF trüb und ernst.

Habt Acht auf die wahnwitz'ge Königin,

Und – strafet Lügen ihrer Rede Sinn!

ALLGEMEINER RUF.

Heil Alf! dem Herrn der Dänen und Normannen!


Der Vorhang fällt.
[264]

Quelle:
Adolph Müllner: Dramatische Werke. Band 3, Braunschweig 1828, S. 259-265.
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