Zehnter Auftritt.

[26] Weigenand. Lieschen.


WEIGENAND. Ach!

LIESCHEN seufzt ebenfalls.

WEIGENAND. Gar keine Hoffnung soll ich mir machen, sagte er!

LIESCHEN. A loß! des Hoffe kann er uns net verwehre, ich bleiwe der trei, un wann's noch e Johr dauert. Ich kenne mein Vatter, er is net eso bees, als wie er duht; am End krie mer uns doch noch enanner. Ich hab noch kän Comedi gesehn, un noch kän Buch gelese wo's net aach so komme wehr.

WEIGENAND. Liebes Lieschen, du hast Recht – Geduld, Liebe und Treue müssen jetzt unsere Losungsworte sein.

LIESCHEN. Ach am End segt er doch Ja, wann er nor emohl sieht, daß – – –

WEIGENAND. Daß ich Etwas bin. – Höre Lieschen mit dem Doctorwerden wird's nun auch bald vor sich gehn. Das Geld dazu habe ich beisammen – und dies ist die Hauptsache. Und hier Auf den Kopf deutend. ist in fünf Jahren auch manches zusammen gescharrt worden.[26]

LIESCHEN. Ja Doctor, des is awer nix bei der Stadt!

WEIGENAND. Freilich nicht, aber es ist das Mittel vorwärts zu kommen. Und wenn ich den Versicherungen meiner Gönner Glauben beimessen darf, so ist nach erlangter Doctorwürde mir eine Anstellung gewiß.

LIESCHEN. Ach! des is ja herrlich – Awwer heer, um ähns muß ich dich doch noch bitte. –

WEIGENAND. Nun?

LIESCHEN. Du mußt net mehr so oft in's Haus komme, des meegt den Vatter noch volligster bees mache.

WEIGENAND. Ich dich nicht mehr sehen! – Nein, nimmermehr!

LIESCHEN. Des kann ja doch geschehe. – Du wäßt, ich bin beinah alle Awend bei meiner Fra Geetche, do kannst de mich jo immer hähm fihrn. Wart nor so gegen Acht am Eck von der Hasegaß.

WEIGENAND. Ei! ei! so fromm und doch so listig – Es bleibt dabei, morgen Abend halb Acht gehe ich auf meinen Posten. Leb' wohl! Ab.


Quelle:
Carl Malß: Volkstheater in Frankfurter Mundart. Frankfurt a.M. 31884, S. 26-27.
Lizenz:
Kategorien: