Neunzehntes Kapitel.

[323] Wenn Einer auf einem schlecht bestellten Acker irgend ein Kraut, zum Beispiel einen schönen Sauerampfer, sähe und genau wissen wollte, ob er aus einem auf diesem Acker gesäeten Körnchen hervorgegangen, oder aus einem Körnchen, welches der Wind dorthin getragen, oder ein Vogel hat fallen lassen, der könnte darüber nachdenken, so viel er wollte, er würde es nimmermehr herausbringen. So würden auch wir nicht zu sagen wissen, ob der Entschluß des Grafen Oheim, sich des Pater Provinzial zu bedienen, um jenen verwickelten Knoten auf die beste Art zu durchschneiden, aus seinem eigenen Hirne entsprungen, oder ob er durch die einschmeichelnden Reden des Neffen Attilio erweckt worden. So viel ist gewiß, daß Attilio dieses Wort vom Pater Provinzial nicht zufällig hingeworfen hatte; obgleich er sich wohl hätte denken können, daß bei einem so unverhüllt ausgesprochenen Rathe der argwöhnische Hochmuth des Grafen Oheim hinten und vorn ausschlagen würde, so hatte er doch um jeden Preis den Gedanken an dieses Hülfsmittel vor ihm aufblitzen lassen wollen, um ihm[323] den Weg anzudeuten, den er nach seinem Wunsche einschlagen sollte. Auf der andern Seite war dieses Hülfsmittel der Sinnesart des Grafen Oheim so angepaßt, die Umstände deuteten so auffallend darauf hin, daß man darauf wetten konnte, er wäre auch ohne irgend welche Einflüsterung darauf gefallen. Es kam darauf an, in einer bereits nur zu offenen Fehde einen Mann, der seinen Namen trug, und noch dazu sein Neffe war, nicht unterliegen zu lassen; ein höchst bedeutsamer Punkt für den Ruf seiner Macht, der ihm sehr am Herzen lag. Die Genugthuung, die der Neffe selbst nehmen konnte, hätte das Uebel nur noch verschlimmert und Ungemach über Ungemach hervorgebracht; man mußte ihn also so schnell als möglich daran zu verhindern suchen. Hätte er ihm befohlen, in diesem Augenblicke seinen Landsitz zu verlassen, so würde er es wahrscheinlich nicht gethan haben, und gehorchte er diesem Befehl, so hieß es das Feld räumen und sah wie eine Niederlage aus, welche die Familie vom Kloster erfahren. Verordnungen, gesetzliche Gewalt und dergleichen Schreckschüsse vermochten nichts gegen einen Widersacher dieses Standes; die weltliche und die Ordensgeistlichkeit war von aller Gerichtsbarkeit des Laienstandes völlig frei; nicht nur die Personen, auch die Orte, die sie bewohnten, was Jeder schon wissen muß, wenn er auch keine andere Geschichte, als die gegenwärtige gelesen hätte; was freilich auch nicht viel sagen will. Alles, was sich gegen einen solchen Gegner thun ließ, war, seine Entfernung nachzusuchen, und hierzu brauchte man den Pater Provinzial, von dessen Willen es abhing, ob der Mönch gehen oder bleiben sollte.

Nun bestand zwischen dem Pater Provinzial und dem Grafen Oheim eine alte Bekanntschaft; sie sahen sich selten, aber jedesmal unter großen Freundschaftsbezeigungen und hochtrabenden Versicherungen der Dienstfertigkeit.

Nachdem Alles wohl überlegt worden war, lud der Graf Oheim eines Tages den Pater Provinzial zu Mittag ein und ließ ihn mit gutem Vorbedacht einen Kreis von auserlesenen Tischgenossen finden.

Bei Tische brachte der gräfliche Hausherr das Gespräch rasch auf das Thema von Madrid. Rom lag ihm zu fern, aber in[324] Madrid wußte er Bescheid. Er sprach vom Hofe, vom Grafen Herzog, von den Ministern, von der Familie des Statthalters, von den Stiergefechten, die er vortrefflich zu beschreiben wußte, weil er sie von einem ausgezeichneten Platze aus gesehen hatte. Einige Zeit über hörte ihm die Gesellschaft wie ein Auditorium zu und war ganz Ohr, dann aber theilte sie sich in verschiedene Gruppen; er aber fuhr fort andere schöne Geschichten, wie im Vertrauen, dem Pater Provinzial zu erzählen, der neben ihm saß und ihn nach Herzenslust schwätzen ließ. Plötzlich jedoch gab er dem Gespräche eine andere Wendung, brach von Madrid ab, lenkte es von Hof zu Hof, von Würde zu Würde und blieb endlich bei dem Cardinal Barberini stehen, einem Kapuziner und Bruder des damaligen Papstes Urbano VIII. Der Graf Oheim mußte dann auch den Pater Provinzial ein wenig zu Worte kommen lassen und den Zuhörer abgeben und sich erinnern, daß nicht alle Leute nur für ihn da wären.

Bald darauf erhob man sich von Tische und der Graf Oheim bat den Pater Provinzial, ihm in ein anderes Zimmer zu folgen.

Zwei einflußreiche, in Erfahrungen ergraute Männer standen einander gegenüber. Der vornehme Herr bat den Pater unterthänigst, Platz zu nehmen, setzte sich ebenfalls und begann: »Bei der Freundschaft, die zwischen uns besteht, habe ich geglaubt, über eine Angelegenheit, die uns beide gleich sehr angeht und die unter uns abgemacht sein will, mit Euer Ehrwürden ein Wort sprechen zu müssen. Ich werde Ihnen also ohne Umschweife frei heraussagen, um was es sich handelt; ich bin sicher, daß wir nach zwei Worten mit einander einverstanden sind. Nun sagen Sie mir, ist nicht in Ihrem Kloster zu Pescarenico ein gewisser Pater Cristoforo aus ***?«

Der Provinzial nickte bejahend.

»Sagen mir Euer Ehrwürden doch einmal ganz aufrichtig, als wahrer Freund .... dieser Mensch .... dieser Pater .... persönlich kenne ich ihn nicht, obwohl ich verschiedene Väter Kapuziner kenne, gediegene Männer voll Eifer und Demuth; ich bin daher von Kindesbeinen an ein Freund des Ordens gewesen .... In jeder zahlreichen Familie jedoch .... ist irgend ein Individuum[325] .... ein Starrkopf .... Und dieser Pater Cristoforo .... ich weiß es aus verschiedenen Verhältnissen .... ist ein Mann .... der ein wenig streitsüchtig ist .... ohne Lebensklugheit .... der nicht alle die Rücksichten .... Ich möchte wetten, daß er Euer Ehrwürden auch schon mehr als einmal Kopfbrechen gemacht hat.«

– Ich verstehe; eine Ehrensache – dachte inzwischen der Provinzial. – Meine Schuld; ich hätte es wissen müssen, daß dieser verwünschte Cristoforo ein Mensch ist, den man von Kanzel zu Kanzel schicken muß, den man nicht sechs Monate lang an dem nämlichen Orte lassen kann, am wenigsten in einem Kloster auf dem Lande. –

»Oh!« sagte er darauf laut, »es thut mir wahrhaftig leid, daß Eure Herrlichkeit eine solche Meinung vom Pater Cristoforo haben; so viel ich weiß, ist er ein Mönch .... der sowohl im Kloster, wie außerhalb in hoher Achtung steht.«

»Ich begreife sehr gut; Euer Ehrwürden wollen .... Jedoch als aufrichtiger Freund muß ich Ihnen eine Sache mittheilen, die Sie erfahren müssen; und sollten Sie auch schon davon unterrichtet sein, so kann ich Sie doch, ohne meine Ehrerbietung gegen Sie zu verletzen, auf gewisse Folgen aufmerksam machen, die .... ich sage weiter nichts. Dieser Pater Cristoforo beschützt, wie wir wissen, einen Menschen in dortiger Gegend, einen Menschen .... Euer Ehrwürden werden von ihm sprechen gehört haben; es ist derselbe, der unter so großem Lärm den Händen der Gerechtigkeit entlaufen ist, nachdem er an dem schrecklichen Sanct Martinstage Dinge verübt hat .... Dinge .... Lorenzo Tramaglino!«

O weh! – dachte der Provinzial und er sagte: »Dieser Umstand ist mir völlig neu; Eure Herrlichkeit wissen sehr wohl, daß unser Beruf zum Theil darin besteht, Verirrte aufzusuchen, um sie zu bessern ....«

»Sehr schön; aber der Verkehr mit einer gewissen Gattung von Verirrten ....! ist doch eine gefährliche Sache .... ich hielt es für rathsam, Ihnen einen Wink über diesen Umstand zu geben, denn wenn Se. Excellenz jemals .... Es könnte leicht ein[326] Bericht nach Rom gemacht werden .... ich weiß noch nichts .... von Rom aus würde man Ihnen ....«

»Ich bin Eurer Herrlichkeit sehr verbunden für diese Anzeige; indessen glaube ich fest, daß, wenn man Erkundigungen über diese Angelegenheit einzöge, es sich herausstellen würde, daß Pater Cristoforo mit dem Menschen, von welchem Sie sprechen, nur Umgang gehabt hat, um ihn zurecht zu weisen. Ich kenne den Pater Cristoforo.«

»Sie wissen bereits besser als ich, was für ein Mensch er im weltlichen Leben gewesen, was er für tolle Streiche in seiner Jugend gemacht hat.«

»Das eben ist der Ruhm des Klostergewandes, Herr Graf! daß ein Mensch, welcher in der Welt Veranlassung zu übler Nachrede gegeben, ein Anderer wird, sowie er es anlegt. Und seitdem Pater Cristoforo dieses Gewand trägt ....«

»Ich möchte es gern glauben, ich spreche aufrichtig, ich möchte es gern glauben; zuweilen aber, sagt das Sprüchwort .... macht die Kutte nicht den Mönch.«

Das Sprüchwort paßte bei dieser Gelegenheit nicht; der Graf aber hatte es eigentlich statt eines andern angeführt, das ihm auf der Zunge schwebte: der Wolf läßt Haar, aber nicht Art.

»Ich habe Nachrichten«, fuhr er fort, »Beweise ....«

»Wenn Sie es für ganz gewiß wissen«, sagte der Provinzial, »daß dieser Mönch sich vergangen hat – wir können Alle fehlen – so werden Sie mir eine große Gefälligkeit erzeigen, mich davon zu unterrichten. Ich bin Vorgesetzter; vielleicht unwürdigerweise. Aber ich bin es nur gerade, um zu bessern, um zu vermitteln.«

»Hören Sie. Zu dem mißlichen Umstande, daß der Pater den Ihnen genannten Menschen ganz offen unter seinen Schutz nimmt, kommt noch eine andere höchst ärgerliche Sache, die sehr leicht .... Unter uns jedoch läßt sich alles mit einem Male ausgleichen. Ich muß Ihnen also sagen, daß eben dieser Pater Cristoforo auch mit meinem Neffen Don Rodrigo hart zusammengestoßen ist.«[327]

»O, das thut mir leid, thut mir wahrhaftig sehr leid.«

»Mein Neffe ist jung, hitzig, hält auf seinen Stand und ist nicht gewohnt, sich reizen zu lassen ....«

»Ich werde es mir zur Pflicht machen, über einen solchen Fall genaue Erkundigungen einzuziehen. Wie ich Eurer Herrlichkeit schon gesagt habe, und Sie als ein Mann, der ebenso gerecht als weltklug ist, wissen das ebenso gut als ich, wir sind Alle von Fleisch und Blut .... wir können Alle irren .... auf die eine oder die andere Weise .... und wenn Pater Cristoforo gefehlt hat ....«

»Sehen Euer Ehrwürden, dies sind Dinge, wie ich Ihnen sagte, die unter uns geschlichtet, auch hier begraben werden müssen; es sind Dinge, die man nur schlimmer macht, wenn man sie aufrührt. Sie wissen, wie es damit geht; solche Zwistigkeiten haben öfters ihren Grund in Kleinigkeiten und können so weit gehen .... zum Glück ist noch nichts verloren, die Sache hat noch keinen Lärm gemacht, sie ist noch mit einem principiis obsta abzuthun, wenn man das Stroh vor dem Feuer in Sicherheit bringt. Euer Ehrwürden werden gewiß irgend ein passendes Plätzchen für diesen Mönch ausfindig machen können. Sobald man ihn an einen andern entfernteren Ort sendet, macht sich alles von selbst wieder gut, oder besser gesagt, die ganze Sache ist begraben.«

Auf diesen Schluß war der Provinzial von Anfang des Gespräches an gefaßt gewesen. – Schon gut, dachte er, ich merke, worauf du es bei mir abgesehen hast; die alte Geschichte: wenn ein armer Mönch euch im Wege steht, so soll ihn der Vorgesetzte, ohne zu untersuchen, ob dieser Recht oder Unrecht hat, sogleich hinweg räumen.

»Ich begreife sehr wohl«, sagte er laut, »was der Herr Graf meinen; ehe man aber einen Schritt thut ....«

»Es ist ein Schritt und ist auch wieder kein Schritt, mein sehr ehrwürdiger Pater; es ist eine ganz natürliche, ganz gewöhnliche Sache, und wenn man zu diesem einzigen Auswege nicht so schnell als möglich schreitet, so sehe ich Verwirrung über Verwirrung, eine Ilias von Unheil voraus. Ein unbesonnener Streich ... ich will nicht glauben, daß mein Neffe ... ich stehe für ihn ein[328] .... da die Sache aber einmal so weit gediehen ist, so wird sie hierbei nicht stehen bleiben, wenn wir sie nicht mit einem Schlage todt machen .... sie wird der Welt nicht verborgen bleiben .... und dann ist es nicht allein mein Neffe .... wir würden ein Wespennest aufstören, mein ehrwürdiger Pater. Sie müssen bedenken .... wir sind eine Familie, unsere ganze Verwandtschaft ....«

»Das leuchtet ein.«

»Sie verstehen mich; lauter hitzige Leute, die Haare auf den Zähnen haben .... die in dieser Welt etwas vorstellen. Die Ehre kommt dazu, es wird eine gemeinsame Angelegenheit und dann .... selbst wenn man auch der friedlichste Mensch ist .... es würde mir das Herz brechen, müßte ich .... wäre ich gezwungen .... ich, der ich immer so viel auf die Väter Kapuziner hielt ....! Um Gutes zu thun zum Heile der Welt müssen die Väter den Frieden zu erhalten suchen, müssen in Eintracht leben, mit denen .... Und dann haben sie auch in der Welt Verwandte .... und wenn diese abscheulichen Ehrengeschichten erst einmal angefangen haben, dann nehmen sie kein Ende und ziehen die halbe Welt mit hinein .... Ich befinde mich nun gerade in einem Amte, das es mir zur Pflicht macht, die Würde und ein gewisses Ansehn aufrecht zu erhalten .... Se. Excellenz .... meine Herren Amtsgenossen .... es wird gleich eine Angelegenheit der ganzen Körperschaft .... schon wegen des andern Umstandes ... Sie wissen, wie es mit solchen Dingen geht.«

»Gewiß, gewiß«, sagte der Pater Provinzial, »Pater Cristoforo ist Prediger, und ich habe schon daran gedacht .... man hat sich soeben an mich gewandt .... Aber in diesem Augenblick, unter solchen Umständen, könnte es leicht wie eine Strafe aussehen, und eine Strafe, ehe man die Sache gehörig untersucht hat ....«

»Nur nicht als Strafe; eine kluge Vorsichtsmaßregel, ein gemeinsames Uebereinkommen, um weiteren Verdrießlichkeiten aus dem Wege zu gehen, die .... ich habe mich bereits darüber erklärt.«[329]

»Zwischen dem Herrn Grafen und mir steht die Sache freilich so, das sehe ich ein. Aber wenn sie sich so verhält, wie sie Euer Herrlichkeit berichtet worden ist, so scheint es mir unmöglich, daß man in dortiger Gegend nichts davon erfahren haben sollte. Jeder muß sein Ansehen zu erhalten suchen; auch ich, als ein unwürdiger Vorgesetzter .... bin ausdrücklich verpflichtet .... die Ehre des Gewandes .... Ihr Herr Neffe, da er so aufgebracht ist, wie Euer Herrlichkeit sagen, könnte die Sache für eine ihm gegebene Genugthuung nehmen, und .... ich will nicht sagen, damit prahlen oder darüber frohlocken, sondern ....«

»Belieben Euer Ehrwürden mit mir zu scherzen? Mein Neffe ist ein Edelmann, der in der Welt geachtet wird .... wie es sein Stand erheischt; doch mir gegenüber ist er nur ein Knabe, der nicht mehr und nicht weniger thun wird, als was ich ihm vorschreibe. Noch mehr, mein Neffe soll gar nichts davon erfahren. Wem hätten wir Rechenschaft zu geben? Wir machen die Sache unter uns als gute Freunde ab, und Niemand erfährt etwas davon. Machen Sie sich darüber keine Sorgen. Ich habe wohl schweigen gelernt.« Hierbei keuchte er wieder. »Und was die Schwätzer betrifft«, fing er wieder an, »was könnten die sagen? Ein Mönch, der an einen andern Ort geschickt wird, um zu predigen, ist eine ganz alltägliche Sache. Wir aber, die wir alles voraussehen ... wir, die wir darin verwickelt sind, wir brauchen uns um das Geschwätz nicht zu kümmern.«

»Um jedoch dem Geschwätz zuvorzukommen, würde es gut sein, wenn Ihr Herr Neffe mir vor den Augen der Welt irgend einen Beweis von Freundschaft, ein Zeichen seiner Ehrerbietung gäbe .... nicht um uns, sondern des heiligen Gewandes wegen ....«

»Gewiß, gewiß; das ist nicht mehr wie billig .... wiewohl es gerade nicht nothwendig ist, denn ich weiß, daß die Kapuziner jederzeit von meinem Neffen mit großer Auszeichnung behandelt sind. Er thut dies aus Neigung, es ist ein Familienzug, und dann weiß er auch, daß er sich bei mir dadurch beliebt macht. Hier übrigens .... in diesem Falle .... ist etwas Außergewöhnliches ... eine nur zu gerechte Forderung. Lassen Sie mich nur sorgen,[330] hochehrwürdiger Pater; ich werde meinem Neffen befehlen .... das heißt, man wird es ihm auf eine geschickte Weise beibringen müssen, damit er nicht merkt, was zwischen uns vorgefallen ist. Denn ich lege nicht gern ein Pflaster auf, wo keine Wunde ist. Und was unsere Verabredung betrifft, je schneller, je besser. Und wenn sich ein möglichst entfernter Ort finden ließe .... um jede Gelegenheit abzuschneiden ....«

»Man verlangt gerade einen Prediger in Rimini; und vielleicht hätte ich auch ohne diese Veranlassung mein Augenmerk auf ....«

»Das kommt uns ja wie gerufen. Und wann ....?«

»Da die Sache Eile hat, so soll es schnell abgemacht werden.«

»So schnell als möglich, hochehrwürdiger Pater; lieber heute als morgen. Und«, fuhr er fort, indem er sich erhob, »wenn ich irgend etwas, ich sowohl wie meine Verwandten, für die guten Väter Kapuziner thun kann ....«

»Wir kennen die gütigen Gesinnungen des Hauses gegen uns aus Erfahrung«, sagte der Pater Provinzial, erhob sich ebenfalls und folgte dem Sieger, der auf die Thür zuschritt.

»Wir haben einen Funken ausgelöscht«, sagte der Graf langsam voranschreitend, »einen Funken, hochehrwürdiger Pater, aus dem eine große Feuersbrunst hätte entstehen können. Unter guten Freunden lassen sich wichtige Dinge mit ein Paar Worten abmachen.«

Bei der Thüre angelangt, machte er sie weit auf und wollte durchaus, daß der Pater Provinzial voranginge; sie traten in das andere Zimmer und mischten sich unter die übrige Gesellschaft.

Um diese Angelegenheit durchzuführen, hatte der Herr Graf alle Schlauheit und Ueberredung aufbieten müssen; aber die Anstrengung wurde auch durch den Erfolg belohnt. Er hatte es wirklich durch das Gespräch, welches wir mitgetheilt, dahin gebracht, daß Bruder Cristoforo zu Fuß von Pescarenico nach Rimini wandern mußte, was kein kleiner Spaziergang ist.

Eines Abends kam in Pescarenico ein Kapuziner aus Mailand an und brachte einen Brief für den Pater Guardian. Er enthielt den schriftlichen Befehl, daß Bruder Cristoforo sich nach[331] Rimini begeben sollte, um dort die Fasten über zu predigen. Der Brief an den Guardian enthielt die Weisung, dem besagten Mönche einzuschärfen, er solle alle Beziehungen, die er vielleicht in der Gegend um Pescarenico herum geknüpft haben könnte, aufgeben und durchaus keine Verbindungen weiter mit denselben unterhalten; der Bruder, welcher den Befehl überbracht hatte, sollte sein Reisegefährte sein. Der Guardian sagte am Abend noch nichts; am andern Morgen läßt er Bruder Cristoforo rufen und zeigt ihm den Befehl, heißt ihm Korb, Pilgerstab, Schweißtuch und Gürtel holen und befiehlt ihm, mit dem Pater, den er ihm als seinen Reisebegleiter vorstellt, sich sofort auf den Weg zu machen.

Man kann sich denken, daß diese Nachricht unsern Mönch wie ein Donnerschlag traf. Er dachte sogleich an Renzo, Lucia und Agnese. – O Gott! dachte er, was werden die Aermsten anfangen, wenn ich nicht mehr hier bin! – Zum Zeichen des Gehorsams kreuzte er die Arme über der Brust, und verneigte sich vor dem Pater Guardian; dieser zog ihn bei Seite und theilte ihm unter dem Scheine eines guten Rathes, der eigentlich ein Befehl war, jene andere Weisung mit. Bruder Cristoforo ging in seine Zelle, nahm den Korb, legte das Brevier, seine Fastenpredigten und das Brod der Vergebung hinein, schnallte sich seinen ledernen Gürtel um, nahm Abschied von seinen Mitbrüdern im Kloster, ließ sich zuletzt noch von dem Guardian segnen und trat dann mit seinem Begleiter den ihm vorgeschriebenen Weg an.

Wir haben schon gesagt, daß Don Rodrigo, hartnäckiger als je, darauf bestand, mit seinem Unternehmen zu Ende zu kommen und daß er entschlossen war, die Hülfe jenes furchtbaren Menschen nachzusuchen. Von diesem können wir weder den Vor- noch Zunamen, noch einen Titel angeben; wir haben nicht einmal eine Vermuthung darüber, was um so seltsamer lautet, da wir diese Persönlichkeit in mehr als einem Buche aus jener Zeit (ich spreche von gedruckten Büchern) erwähnt finden. Daß diese Persönlichkeit in all diesen Büchern ein und dieselbe ist, dar über läßt die Identität der Thatsachen keinen Zweifel zu; überall aber wird mit großer Vorsicht der Name vermieden, fast als ob die Feder in der[332] Hand des Schreibers zu Feuer geworden wäre. Francesco Rivola, der in dem Leben des Cardinals Federigo Borromeo von diesem Manne zu sprechen hat, nennt ihn »einen durch Reichthum ebenso mächtigen, als durch Geburt edlen Herrn« und schließt damit. Giuseppe Ripamonti, der im fünften Buche der fünften Decade seiner vaterländischen Geschichte ausführlichere Erwähnung von ihm macht, nennt ihn »Einer, Der, Jener, dieser Mann, diese Persönlichkeit. Ich werde«, sagt er in seinem schönen Latein, aus dem wir übersetzen, so gut es uns gelingt, »über das Schicksal eines Mannes berichten, der einer der Vornehmsten der Stadt war und seinen Wohnsitz auf dem Lande aufgeschlagen hatte; wo er, durch verbrecherische Mittel sich sicherstellend, die Rechtssprüche, die Richter, jede Obrigkeit und Gewalt für nichts erachtete; er führte ein unabhängiges Leben, nahm Vertriebene bei sich auf, einst selbst vertrieben, dann zurückgekehrt, als ob nichts geschehen wäre ....« Diesem Schriftsteller werden wir noch einige andere Stellen entnehmen, die uns gerade passen, um die Erzählung unseres Anonymus im weiteren Verlauf zu bestätigen oder zu erhellen.

Dasjenige zu thun, was die Gesetze verboten, oder irgend eine Gewalt verhinderte, aus Herrschsucht sich zum Schiedsrichter und Beschützer der Angelegenheiten eines Andern aufzuwerfen; von Allen gefürchtet zu werden und denen überlegen zu sein, die gewohnt waren, Anderen zu gebieten; das waren zu jeder Zeit die Hauptleidenschaften dieses Menschen gewesen. Von seinen jungen Jahren an empfand er bei dem Anblick und dem Lärm so vieler Gewaltthätigkeiten, so vieler Streitigkeiten und Bedrückungen ein Gefühl, das aus Neid und Verachtung gemischt war. Als Jüngling ließ er in der Stadt, in der er lebte, keine Gelegenheit vorübergehen, er suchte sie vielmehr auf, um mit den Berüchtigtsten dieses Gelichters anzubinden, ihnen in den Weg zu laufen, sich mit ihnen zu messen, oder sie zu zwingen, sich um seine Freundschaft zu bewerben. Den Meisten an Reichthum und Anhängern, an Kühnheit und Verwegenheit vielleicht Allen überlegen, zwang er viele, von jeder Nebenbuhlerschaft mit ihm abzustehen, wodurch er sich viele Feinde machte, aber auch ebenso viele Freunde, freilich[333] keine ebenbürtigen Freunde; da sie aber seinem Hochmuth schmeichelten und sich vor ihm erniedrigten, so sagten sie ihm am meisten zu. Endlich aber kam es so weit, daß er der Sklave, das Werkzeug aller dieser Gesellen wurde; sie ermangelten nicht, die Hülfe eines solchen Bundesgenossen für ihre Händel in Anspruch zu nehmen; und er seinerseits konnte sich ihnen nicht entziehen, ohne seinen Ruf und sein Ansehn zu vernichten. Auf diese Weise trieb er es sowohl für sich als für Andere so arg, daß weder Name noch Verwandtschaft, weder die Freunde noch seine Verwegenheit ihn vor der öffentlichen Landesverweisung schützen konnten; er mußte endlich dem Haß seiner mächtigen Gegner weichen und den Staat verlassen. Ich glaube, daß auf dies Ereigniß ein merkwürdiger Zug hindeutet, den Ripamonti erzählt. »Ein Mal, als dieser Mann landesflüchtig werden mußte, waren die Heimlichkeit, die Rücksicht und Schüchternheit, womit er dabei verfuhr, der Art, daß er zu Pferde, mit einem Gefolge von Hunden, unter Trompetenschall durch die Stadt zog; vor dem Schlosse vorbeikommend, hinterließ er der Wache eine Botschaft von Schmähungen an den Statthalter.«

In seiner Abwesenheit gab er weder seine Händel auf, noch brach er die Beziehungen zu seinen gleichgesinnten Freunden ab; diese blieben vielmehr, um Ripamonti wörtlich zu übersetzen, »in heimlichem Bunde zu verwegenen Anschlägen und gräßlichen Unternehmungen« mit ihm. Es scheint auch, daß er darauf mit hochgestellten Personen gewisse neue furchtbare Unterhandlungen anknüpfte, von denen der schon erwähnte Geschichtschreiber mit geheimnißvoller Kürze spricht. »Auch einige auswärtige Fürsten«, sagt er, »bedienten sich wiederholt seiner Hülfe zu irgend einem gräßlichen Verbrechen und mußten ihm oftmals von ferne her Hülfstruppen senden, die unter seinen Befehlen dienten.«

Endlich – man weiß nicht nach wie langer Zeit – ward entweder durch irgend eine mächtige Vermittelung die Landesverweisung dieses Menschen aufgehoben, oder seine eigene Verwegenheit verschaffte ihm die Freiheit. Er beschloß, in die Heimat zurückzukehren und führte es wirklich aus; doch begab er sich nicht nach[334] Mailand, sondern auf ein festes Schloß, an der Grenze des bergamaskischen Gebietes, das damals, wie Jedermann weiß, unter venetianischer Herrschaft stand. »Dieses Haus«, ich führe abermals Ripamonti an, »war gleichsam eine Werkstatt blutiger Befehle; Verbrecher und Mörder waren seine Diener; der Koch wie der Küchenjunge mußten sich zu Mordthaten verstehen; sogar an den Händen der Kinder klebte Blut.« Außer diesem herrlichen Hausgesinde hatte er, wie der nämliche Geschichtschreiber behauptet, noch eine andere Dienerschaft, welche aus ähnlichen Subjecten bestand, die in verschiedenen Ortschaften der beiden Staaten, an deren Grenze er lebte, gleichsam als Wache einquartirt waren, die nur seines Winkes harrten.

Sämmtliche Tyrannen weit umher hatten, der Eine bei dieser, der Andere bei jener Gelegenheit, zwischen der Freundschaft oder der Feindschaft dieses ungewöhnlichen Tyrannen wählen müssen. Die Ersten, welche den Versuch gemacht hatten, ihm Widerstand zu leisten, waren so schlecht dabei weggekommen, daß keiner einen solchen Versuch mehr wagte. Jedoch wenn einer auch ruhig seines Weges gehen wollte, ohne sich um ihn zu kümmern, so vermochte er sich doch nicht unabhängig von ihm zu erhalten. Es traf einer seiner Boten bei ihm ein und kündigte ihm an, er solle auf diese oder jene Unternehmung verzichten, er solle aufhören, den und jenen Schuldner zu plagen, oder ähnliche Dinge; er mußte Ja oder Nein antworten. Hatte ein Theil mit unterthänigster Ergebenheit irgend eine Angelegenheit seinem Urtheilsspruche unterworfen, so befand sich der andere in der schlimmen Lage, sich entweder seinem Ausspruche zu fügen, oder sich als seinen Feind zu erklären; was, wie man damals zu sagen pflegte, ebenso gut war, als die Schwindsucht im dritten Stadium. Wer Unrecht hatte, nahm zu ihm seine Zuflucht, um Recht zu erhalten; viele, die das Recht auf ihrer Seite hatten, suchten doch diesen mächtigen Beschützer zu gewinnen, um ihrem Feinde den Zugang zu verschließen; diese wie jene wurden ganz von ihm abhängig. Es kam auch öfters vor, daß ein schwacher Unterdrücker, von einem Mächtigen gequält, sich an ihn wandte; dann nahm er Partei für den Unterdrückten und zwang den Gewaltthätigen, von den[335] Kränkungen abzustehen, das Un recht wieder gut zu machen und um Verzeihung zu bitten; wenn dieser sich widerspenstig zeigte, züchtigte er ihn, zwang ihn, die Orte, wo er seine Gewaltthätigkeiten ausgeübt hatte, zu verlassen, oder er ließ ihn auch durch eine schnellere, schrecklichere Strafe dafür büßen. In solchen Fällen wurde der so gefürchtete und verabscheute Name einen Augenblick gesegnet; denn in jenen Zeiten hätte man diese Hülfe, ich sage nicht diese Gerechtigkeit, diese Vergeltung, wie sie auch war, weder von der öffentlichen noch von irgend einer andern Gewalt erwarten können. Oefter aber und gewöhnlich war die seinige die Dienerin ruchloser Begierden, grausamer Eigenmächtigkeiten und übermüthiger Launen. Doch die verschiedene Anwendung dieser Gewalt brachte immer dieselbe Wirkung hervor; sie erfüllte die Gemüther mit einer hohen Vorstellung, was er Alles der Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit zum Trotz durchzusetzen vermochte, diese zwei Dinge, die dem Willen des Menschen so viele Hindernisse in den Weg legen und ihn so oft zur Umkehr zwingen. Der Ruf der gewöhnlichen Tyrannen blieb meistens auf den kleinen Landstrich beschränkt, wo sich die Reichsten und die Mächtigsten aufhielten; jeder Distrikt hatte die seinigen; sie glichen einander so, daß das Volk keine Ursache hatte, sich um diejenigen zu kümmern, die es nicht gerade auf dem Halse hatte. Der Ruf unseres Tyrannen aber war seit langer Zeit schon in jeden Winkel des Mailändischen gedrungen; überall war seine Lebensgeschichte im Munde des Volks; mit seinem Namen war die Vorstellung von einer unwiderstehlichen, fabelhaften Gewalt verbunden. Der Argwohn, daß er überall seine Verbündete und seine Meuchelmörder halte, trug dazu bei, die Erinnerung an ihn immer frisch zu erhalten. Es blieb jedoch immer nur bei dem Argwohn; denn wer würde seine Abhängigkeit von ihm offen eingestanden haben? Aber jeder Tyrann konnte sein Bundesgenosse, jeder Straßenräuber sein Helfershelfer sein; durch die Ungewißheit wurde die Vorstellung von der Sache nur größer und der Schrecken noch vermehrt. So oft sich irgendwo unbekannte Gestalten, die ein ungewöhnliches Ansehn hatten, blicken ließen, so oft man bei einem Verbrechen den Urheber nicht sogleich anzugeben oder zu errathen[336] wußte, flüsterte man sich den Namen desjenigen zu, welchen wir, Dank der gesegneten, um nicht etwas Anderes zu sagen, Vorsicht unserer Schriftsteller, gezwungen sind, den Ungenannten zu nennen.

Von der Burg dieses Menschen bis zu dem Schlosse Don Rodrigo's waren nicht mehr als sieben Miglien, und dieser Letztere war kaum Gebieter und ein Tyrann geworden, als er auch einsehen mußte, daß bei der geringen Entfernung von einer so mächtigen Persönlichkeit es unmöglich sei, ein solches Leben zu führen, ohne mit ihm handgemein zu werden, oder mit ihm gemeinsame Sache zu machen. Er hatte sich daher ihm genähert und war sein Freund geworden, natürlich auf dieselbe Weise wie alle Andern; er hatte ihm mehr als einen Dienst geleistet (das Manuscript sagt weiter nichts darüber), und dadurch jedesmal das Versprechen der Gegengefälligkeit und Hülfe, für alle vorkommenden Fälle, erhalten. Don Rodrigo trug jedoch große Sorgfalt, um eine solche Freundschaft zu verbergen; wenigstens sollte Niemand merken, wie eng und welcher Natur sie wäre. Er wollte wohl auch den Tyrannen, aber doch nicht den wilden Tyrannen spielen; dieser Beruf war für ihn nur ein Mittel nicht der Zweck; er wollte frei in der Stadt verweilen, die Annehmlichkeiten, die Vergnügungen und Ehrenbezeugungen eines gesitteten Lebens genießen; und darum mußte er gewisse Rücksichten nehmen, die Verwandten bedenken, die Freundschaft mit hochgestellten Personen zu erhalten suchen, eine Hand immer an der Waage der Gerechtigkeit haben, um sie im Nothfalle auf seine Seite zu neigen, sie ganz herunter zu drücken oder bei Gelegenheit demjenigen eins zu versetzen, der auf diese Weise leichter als durch eigene Gewalt zu bezwingen wäre. Nun würde ihm aber die vertraute Freundschaft, oder sagen wir lieber, die Verbindung mit einem so berüchtigten Menschen, mit einem unverhohlenen Feinde der öffentlichen Gewalt sicherlich keine guten Dienste geleistet haben, vorzüglich nicht bei dem Grafen Oheim. Indessen alles was sich von dieser Freundschaft nicht verheimlichen ließ, konnte für eine unerläßliche Beziehung mit einem Menschen angesehen werden, dessen Feindschaft allzu gefährlich war, und so mit der Nothwendigkeit entschuldigt werden.[337]

Eines Morgens ritt Don Rodrigo aus, mit einem Jagdgefolge und einer kleinen Schaar von Bravi zu Fuß; der Graue dicht neben ihm, vier Andere hinterdrein; er nahm seinen Weg nach dem Schlosse des Ungenannten.

Quelle:
Manzoni, [Alessandro]: Die Verlobten. 2 Bände, Leipzig, Wien [o. J.], Band 1, S. 323-338.
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