Siebenunddreißigstes Kapitel.

[286] Renzo hatte wirklich kaum die Schwelle des Lazarethes überschritten und den Weg zur Rechten eingeschlagen, um den kleinen Fußpfad wieder zu finden, auf dem er am Morgen an die Mauer gelangt war, als einzelne große Tropfen wie Hagel fielen, die, indem sie auf den weißen, ausgetrockneten Weg niederschlugen und wieder aufsprangen, einen leichten Staub aufhoben; sie fielen immer dichter, und ehe er noch den Fußpfad erreichte, goß es wie mit Eimern hernieder. Anstatt sich darüber zu beunruhigen, watete Renzo darunter fort, labte sich an dieser Erfrischung, an dem Rauschen, an dem Gewimmel der zitternden, tröpfelnden und in frischem Grün glänzenden Gräser und Blätter; er athmete tief auf, und in dieser Auflösung der Natur fühlte er, was sich in seinem Schicksal gelöst hatte, gleichsam freier und lebhafter.

Aber wie reiner und voller wäre diese Empfindung gewesen, wenn Renzo hätte ahnen können, was sich wenige Tage nachher zeigte; daß dieses Wasser das Contagium hinwegnahm, daß darauf das Lazareth, wenn es auch nicht alle Lebenden, die es enthielt, den Lebenden wiedergab, doch wenigstens keine andern mehr verschlang; daß man nach einer Woche schon Thüren und Läden wieder geöffnet sah und fast nur noch von der Absonderung sprach; daß von der Pest nur hier und da noch eine Spur übrig war, der Nachzug, den eine solche Plage für einige Zeit hinterläßt.

Unser Wanderer schritt also munter weiter, ohne zu wissen wo, wann, wie, ob er ein Obdach für die Nacht finden würde; es lag ihm nur daran, weiter zu kommen, schnell das Dorf zu erreichen, Jemand anzutreffen, mit dem er reden, dem er erzählen konnte, und vor allen sich schnell auf den Weg nach Pasturo zu machen, um Agnese aufzusuchen. Er schritt weiter; durch die Begebenheiten des Tages war in seiner Seele alles zu unterst zu oberst gekehrt; aber unter dem Elend, den Schrecken, den Gefahren, ermuthigte ihn immer wieder der Gedanke: ich habe sie gefunden, sie ist geheilt, sie ist mein! Und dann that er einen[286] Satz, daß er um sich her sprützte wie ein Pudel, der aus dem Wasser kommt; zuweilen begnügte er sich damit die Hände zu reiben, und dann ging's wieder vorwärts, eiliger als vorher. Indem er auf den Weg blickte, sammelte er so zu sagen die Gedanken wieder auf, die er am Morgen und am Tage vorher, als er kam, hier gelassen hatte; die größte Lust gewährten ihm gerade diejenigen, die er damals am meisten zu verbannen gesucht hatte, die Zweifel, die Schwierigkeiten sie zu finden, sie lebend zu finden, unter so vielen Todten und Sterbenden! – Und ich habe sie lebend gefunden! – schloß er. Er versetzte sich in Ge danken in die schrecklichsten Drangsale dieses Tages; er dachte sich mit jenem Klopfer in der Hand: wird sie da sein oder wird sie nicht da sein? und eine so wenig erfreuliche Antwort; und wie er nicht einmal Zeit gehabt sie zu überlegen, wie er gleich die Wuth des tollen Gesindels auf dem Halse hatte; und jenes Lazareth, jenes Meer! dort wollte ich sie finden! Und ich habe sie gefunden! Er rief sich den Augenblick zurück, da der Zug der Genesenen ganz an ihm vorübergezogen war; was für ein Augenblick! was für ein Herzeleid, sie nicht darunter zu finden! Jetzt kümmerte ihn nichts mehr. Und jenes Quartier der Frauen. Und hinter jener Hütte, als er es am wenigsten erwartete, jene Stimme, jene wirkliche Stimme! und sie zu sehen! sie auf den Füßen zu sehen! Aber was half es? der Knoten wegen des Gelübdes war noch da und fester zusammengezogen als jemals – auch dieser gelöst. Und jener rasende Zorn über Don Rodrigo, jener verwünschte Haß, der alles Leid noch verbitterte und allen Trost vergiftete, auch er verschwunden. Man würde sich keine größere Zufriedenheit haben denken können, wenn nicht die Ungewißheit über Agnese und die traurige Ahnung über Pater Cristoforo gewesen wäre, und daß sie sich noch mitten in der Pest befanden.

Er kam in Sesto an, als es dunkelte; es schien nicht, daß der Regen nachlassen wollte. Da er sich aber besser zu Fuß fühlte als je und an die Schwierigkeit dachte, die es für ihn haben würde, so durchnäßt, wie er war, irgend wo unterzukommen, so wollte er hier gar nicht übernachten. Das einzige Bedürfniß, das sich einstellte, war ein tüchtiger Hunger; denn eine Glückseligkeit[287] wie jene hätte ihn wohl noch weit mehr als das bischen Suppe des Kapuziners verdauen lassen. Er sah sich um, ob er nicht auch hier einen Bäckerladen fände; er sah einen, erhielt mit den Zangen und andern Umständlichkeiten zwei Brode, und das eine in der Tasche, das andere zwischen den Zähnen ging er vorwärts.

Als er durch Monza kam, war es völlig Nacht; demungeachtet gelang es ihm, das Thor zu finden, das auf den richtigen Weg führte.

Aber außer diesem, was, die Wahrheit zu sagen, ein großes Verdienst war, kann man sich vorstellen, wie dieser Weg beschaffen war und wie er von Minute zu Minute übler wurde. Eingesenkt zwischen zwei Ufern, fast wie ein Flußbett – wie die Wege alle waren und wie wir schon anderswo gesagt haben müssen – konnte man ihn zu dieser Stunde, wo nicht einen Fluß, so doch in Wahrheit einen Wassergang nennen, und bei jedem Schritte Löcher, so daß es etwas heißen wollte, die Füße wieder heraus zu ziehen, ohne die Schuhe stecken zu lassen. Aber Renzo half sich durch, so gut er konnte, ohne Ungeduld, ohne Schimpfworte, ohne Reue, indem er bedachte, daß jeder Schritt, so sauer er ihm auch wurde, ihn doch weiter führe, daß der Regen aufhören werde, sobald es Gott gefalle, daß doch auch der Tag anbrechen müsse und daß der Weg, den er inzwischen zurücklegte, alsdann zurückgelegt wäre.

Und ich muß sagen, daß er eigentlich nur daran dachte, weil er nichts Besseres thun konnte. Es waren dies Zerstreuungen; seine ganze Seele war damit beschäftigt, die Geschichte der vergangenen traurigen Jahre wieder durchzugehen; so viele Verwirrungen, so viele Widerwärtigkeiten, so viele Augenblicke, in denen er nahe daran gewesen war, auch die Hoffnung zu verlieren und alles aufzugeben; dagegen gehalten die Bilder einer so verschiedenen Zukunft: die Ankunft Lucia's, die Hochzeit, die Haushaltung, das Erzählen der vergangenen Erlebnisse und das ganze Leben.

Wie er es machte, wenn sich die Wege von einander schieden, ob es die geringe Kenntniß derselben zusammen mit dem schwachen Dämmerlichte war, was ihn immer den richtigen Weg finden ließ, oder ob er ihn immer nur aufs Gerathewohl errieth, wüßt' ich[288] nicht zu sagen; er selbst, der seine Geschichte sehr ausführlich, wenn nicht sogar langweilig zu erzählen pflegte – ich bin überzeugt, daß unser Anonymus sie mehr als einmal von ihm gehört hat – er selbst sagt an dieser Stelle, daß er sich dieser Nacht nicht anders erinnere, als ob er sie träumend im Bette zugebracht habe. Thatsache bleibt, daß er, als sie vorüber war, sich am Ufer der Adda befand.

Noch hatte es nicht aufgehört zu regnen; aber um eine gewisse Zeit war aus dem Wolkenbruche ein Regen und dann ein feiner, stiller, gleichmäßiger Sprühregen geworden; die hohen dünnen Wolken bildeten einen ununterbrochenen, aber leichten und durchsichtigen Schleier, und der Schimmer der Morgendämmerung ließ Renzo die Umgegend erblicken. Sein Dorf lag darin; was er bei diesem Anblick empfand, würde nicht auszudrücken sein. Ich weiß nichts Anderes zu sagen, als daß ihm jene Berge, jener nahe Resegone, das Gebiet von Lecco ganz wie sein Eigenthum geworden war. Er warf einen Blick auf sich selbst und kam sich doch ein wenig seltsam vor, und nach dem, was er die Wahrheit zu sagen an sich merkte, glaubte er auch so erscheinen zu müssen Alles, was er an seinem Leibe hatte, zerrissen und verdorben; von Kopf bis zu den Hüften alles eine Nässe, eine Traufe; von der Hüfte bis zu den Sohlen Schlamm und Lehm; die Stellen, wo keiner war, hätte man Sprützflecken nennen können. Und wenn er sich ganz und gar im Spiegel gesehen hätte, mit den schlaffen, herunterhängenden Hutkrempen, mit den über das Gesicht hängenden Haaren, so wäre er sich noch auffallender vorgekommen. Was die Müdigkeit betraf, so konnte sie wohl vorhanden sein, er wußte aber nichts davon, und die Frische des Morgens, die auf die Frische der Nacht und auf das kleine Bad folgte, beflügelte seinen Schritt nur noch mehr.

Er ist in Pescate, geht die letzte Strecke längs der Adda hin, indem er einen traurigen Blick auf Pescarenico wirft, geht über die Brücke, gelangt durch Wege und Felder bald zu dem Hause des wirthlichen Freundes. Dieser war soeben aufgestanden und sah auf der Schwelle seiner Thür nach dem Wetter; er richtete die Augen auf jene so durchnäßte, so beschmutzte, sagen wir so[289] schmierige Gestalt, die zugleich so munter und leicht daher kam; sein Lebtag hatte er keinen übler zugerichteten und vergnügteren Menschen gesehen.

»Oho!« sagte er, »schon hier? und bei diesem Wetter? Wie ist es gegangen?«

»Sie ist da«, sagte Renzo, »sie ist da, sie ist da.«

»Gesund?«

»Geheilt, was besser ist. Ich muß dafür dem Herrn und der Madonna danken, so lange ich lebe. Aber große Dinge, Wunderdinge; ich will dir nachher alles erzählen.«

»Aber wie bist du zugerichtet!«

»Ich sehe schön aus, he?«

»Die Wahrheit zu sagen, könntest du ebenso viel Zeit verwenden, um es herunterzukriegen, als du gebraucht hast, es darauf zu kriegen. Aber warte, warte; ich will dir ein gutes Feuer anmachen.«

»Ich habe nichts dagegen. Weißt du, wo es mich erwischt hat? gerade beim Thore des Lazareths. Aber thut nichts! das Wetter hat sein Geschäft und ich meins.«

Der Freund ging und kam mit zwei Armen voll Reisig zurück, legte einen davon an den Boden, den andern auf den Heerd, und mit einigen glühenden Kohlen, die vom vorhergehenden Abend noch übrig geblieben, fachte er schnell eine helle Flamme an. Renzo hatte unterdessen den Hut abgenommen und nachdem er ihn zwei- oder dreimal geschüttelt, auf die Erde geworfen und, nicht so leicht, sich auch die Jacke ausgezogen. Dann zog er aus der Hosentasche das Messer, mit ganz nasser Scheide, die wie eingeweicht zu sein schien, legte sie auf einen Tisch und sagte: »Auch die ist gehörig zugerichtet; aber es ist Wasser, es ist Wasser! dem Herrn sei gedankt .... ich bin auf ein Haar .....! ich will es dir hernach sagen.« Und er rieb sich die Hände. »Jetzt thu' mir einen Gefallen«, fügte er hinzu, »hole mir das Bündel, das ich hier in der Kammer gelassen habe, denn ehe die Sachen trocknen, die ich auf dem Leibe habe .....!«[290]

Mit dem Bündel zurückgekehrt, sagte der Freund: »ich denke, du wirst auch Hunger haben; zu trinken hat dir's wohl unterwegs nicht gemangelt, zu essen aber ....«

»Ich habe gestern Abend spät noch zwei Brode gekauft; es war aber kaum um einen hohlen Zahn zu füllen.«

»Laß gut sein«, sagte der Freund; goß Wasser in einen Kessel und hängte ihn an die Kette. »Ich gehe melken«, fügte er hinzu, »wenn ich mit der Milch wiederkomme, wird das Wasser kochen, und dann machen wir uns eine gute Polenta. Mache du dir's indessen bequem.«

Als Renzo allein war, zog er nicht ohne Anstrengung die übrigen Kleider aus, die ihm wie angeklebt auf dem Leibe waren; er trocknete sich ab und kleidete sich von Kopf bis zu Fuß neu an. Der Freund kehrte zurück und ging an seinen Kessel. Renzo setzte sich indessen nieder und wartete.

»Jetzt fühle ich, daß ich müde bin«, sagte er, »es war aber auch ein schöner Marsch! das thut aber nichts. Ich habe dir für den ganzen Tag zu erzählen. Wie ist das Mailand zugerichtet! Was man da Alles sehen muß! was man Alles anfassen muß! Dinge, daß man sich hernach vor sich selber ekelt. Ich muß sagen, ohne das Regenbad, das mich ausgewaschen hat, ließ sich's gar nicht thun. Und was die Herrschaften da unten mir Alles anhaben wollten. Du sollst es hören. Aber wenn du das Lazareth sähest! Man muß zu Grunde gehen in dem Jammer. Genug, ich werde dir alles erzählen .... Und sie ist da, sie wird herkommen und wird meine Frau und du sollst Zeuge sein, und Pest oder nicht Pest, ein Paar Stunden wenigstens wollen wir zusammen lustig sein.«

Uebrigens hielt er das, was er dem Freunde gesagt, ihm den ganzen Tag über erzählen zu wollen; um so mehr, da es immer fortfuhr fein zu regnen, dieser daher den Tag zu Hause zubrachte, theils dem Freunde zur Seite sitzend, theils mit einer seiner kleinen Tonnen, mit einem Fäßchen und andern Arbeiten zur Vorbereitung der Weinleise beschäftigt, bei denen Renzo nicht unterließ ihm an die Hand zu gehen, denn er war einer von denen, wie er zu sagen pflegte, die vom Nichtsthun müder werden, als vom[291] Arbeiten. Er konnte jedoch nicht unterlassen, einen Sprung nach Agnesens Haus zu thun, um ein gewisses Fenster wiederzusehen und sich auch dort einmal die Hände zu reiben. Ohne von Jemand gesehen zu sein, kehrte er zurück und ging gleich zu Bett. Er erhob sich, ehe der Tag anbrach, und da er sah, daß es aufgehört hatte zu regnen, obschon der Himmel noch nicht wieder klar war, so machte er sich schnell auf den Weg nach Pasturo.

Es war noch früh, als er dort ankam, denn er hatte nicht weniger Eile und Verlangen zu Ende zu kommen, als der Leser haben kann. Er fragte nach Agnesen, hörte, daß sie wohlauf sei, und man bezeichnete ihm ein einsam stehendes Häuschen, wo sie wohnte. Er ging hin, rief sie von der Straße aus; auf einen solchen Ruf stürzte sie ans Fenster und während sie mit offenem Munde dastand, um wer weiß welches Wort oder welchen Laut von sich zu geben, kam Renzo ihr zuvor und sagte: »Lucia ist geheilt, ich habe sie vorgestern gesehen, sie grüßt Euch, sie wird bald kommen. Und dann habe ich Euch noch viele schöne Dinge zu sagen.«

Vor Erstaunen über die Erscheinung und vor Freude über die Nachricht und vor Verlangen mehr zu erfahren, begann Agnese bald einen Ausruf, bald eine Frage, ohne damit zu Ende zu kommen. Dann vergaß sie alle Vorsicht, die sie seit langer Zeit gewohnt war zu beobachten, und sagte: »Ich komme und mache Euch auf.«

»Wartet, und die Pest?« sagte Renzo, »Ihr habt sie nicht gehabt, glaube ich.«

»Ich nein und Ihr?«

»Ich, ja; aber Ihr solltet Vernunft haben. Ich komme aus Mailand und Ihr werdet hören, ich habe bis über die Ohren in der Pest gesteckt. Ich habe mich freilich von Kopf bis zu Fuß umgezogen, aber es ist eine Sauerei, die sich einem zuweilen wie ein Zauber anhängt. Und da der Herr Euch bis jetzt behütet hat, so müßt Ihr Euch in Acht nehmen, bis die Seuche vorüber ist, denn Ihr seid unser Mütterchen und ich will, daß wir noch eine Weile recht lustig zusammen leben, um uns für die vielen Leiden zu entschädigen, die wir ausgestanden, ich wenigstens.«[292]

»Aber ....« fing Agnese an.

»Eh!« fiel Renzo ein, »es hält kein Aber mehr Stich. Ich weiß, weiß, was Ihr sagen wollt; aber Ihr sollt schon hören, sollt schon hören, daß von keinem Aber mehr die Rede ist. Laßt uns nach irgend einem Orte ins Freie gehen, wo man gemächlich zusammen reden kann, ohne Gefahr, und Ihr sollt hören.«

Agnese wies ihn nach einem Küchengarten, der hinter dem Hause war, und fügte hinzu: »Tretet dort ein und setzt Euch auf eine von den beiden Bänken, die einander gegenüber stehen. Ich komme gleich.«

Renzo ging und setzte sich auf eine der Bänke; einen Moment später fand sich Agnese auf der andern ein; und ich bin sicher, wenn der Leser, wiewohl er von allen vorhergegangenen Ereignissen unterrichtet ist, als ein dritter hätte zugegen sein können, um mit eigenen Augen diese lebhafte Unterhaltung zu beobachten, mit eigenen Ohren diese Erzählungen zu hören, diese Fragen, diese Erklärungen, diese Ausrufungen, diese Beileidsbezeigungen, diese Glückwünsche, und von Don Rodrigo, von Pater Cristoforo und alles Uebrige, und diese Schilderungen der Zukunft, so klar und bestimmt wie die der Vergangenheit, – ich bin sicher, sage ich, der Leser hätte Antheil daran genommen und wäre beim Weggehen vielleicht der Letzte gewesen. Die ganze Unterhaltung aber, mit stummen Worten, schwarz auf weiß vor sich zu haben und ohne eine einzige Neuigkeit darin zu finden, daran wird ihm nichts liegen, meine ich, und es wird ihm lieber sein, sie ihn selbst errathen zu lassen. Der Beschluß war, daß man sich zusammen nach dem Bergamaskischen übersiedeln wollte, in das Dorf, wo Renzo schon so gut alles in Gang gebracht hatte; was die Zeit betraf, konnte man nicht bestimmen, weil sie von der Pest und andern Umständen abhing; sobald die Gefahr vorüber, sollte Agnese nach Hause zurückkehren, um Lucia zu erwarten, oder Lucia, um sie dort zu erwarten; Renzo sollte indessen noch öfters nach Pasturo herüberkommen, sein Mütterchen zu sehen und ihr von allem, was vorfallen könnte, Nachricht zu bringen.

Ehe er wieder aufbrach, bot er ihr auch Geld an, indem er sagte: »Ich habe sie Alle hier, seht Ihr, die Gewissen; ich hatte auch[293] ein Gelübde gethan, sie nicht eher anzurühren, bis die Geschichte ins Reine gekommen. Jetzt, wenn Ihr sie braucht, holt ein Näpfchen mit Wasser und Essig her, und ich werfe Euch die fünfzig schönen blanken Scudi hinein.«

»Nein, nein«, sagte Agnese, »für mich habe ich mehr, als ich brauche; verwahrt Ihr die Euren nur, sie werden uns zu statten kommen, um uns einzurichten.«

Um den Trost reicher, eine so liebe Person gesund und munter angetroffen zu haben, kehrte Renzo nach dem Dorfe zurück. Er brachte den übrigen Tag und die Nacht im Hause des Freundes zu; am folgenden Tage machte er sich wieder auf den Weg, aber nach einer andern Seite hin, nämlich nach der neuerwählten Heimat.

Er fand auch Bartolo in guter Gesundheit und in geringerer Furcht sie zu verlieren; denn in den wenigen Tagen hatten die Dinge auch dort schnell eine gute Wendung genommen. Die Erkrankungsfälle waren selten geworden; die Krankheit war nicht mehr dieselbe; nicht mehr jene tödtlichen schwarzblauen Flecken, jene Heftigkeit der Symptome, sondern nur leichte Fieber, höchstens hie und da eine kleine, farblose Pestbeule, die sich wie ein gewöhnliches Blutgeschwür heilen ließ. Schon das Aussehen des Dorfes schien verwandelt; die Hinterbliebenen fingen an, hervorzukommen, sich unter einander zu zählen, sich gegenseitig Beileid zu bezeigen und Glück zu wünschen. Man sprach schon davon, die Arbeiten wieder zu beginnen; die Brodherren dachten schon daran, Arbeiter zu suchen und anzuwerben, vorzüglich in den Gewerben, worin deren Anzahl auch vor dem Contagium gering gewesen war, wie in der Seidenspinnerei. Renzo, der sich nicht lange zierte, versprach dem Vetter – jedoch mit Vorbehalt der nöthigen Bestätigung – wieder in Arbeit zu treten, sobald er mit den Seinigen angekommen, um sich in dem Dorfe anzusiedeln. Indessen beschäftigte er sich mit den nothwendigsten Vorbereitungen. Er fand eine größere Wohnung, was jetzt allzu leicht und nicht kostspielig war, und versah sie mit Möbeln und Hausgeräthschaften, indem er diesmal seinen Schatz angriff, ohne jedoch[294] ein großes Loch hinein zu machen, denn alles war wohlfeil, da viel mehr Sachen als Käufer waren.

Nach ich weiß nicht wie viel Tagen kehrte er in das heimatliche Dorf zurück, das er noch beträchtlicher zu seinem Vortheil verändert fand. Er trabte sogleich nach Pasturo, fand Agnese ganz guten Muthes und bereit, wann es wäre, nach Hause zurückzukehren, so daß er sie selbst hinführte; wir sagen nichts von ihren Empfindungen, ihren Worten, als sie zusammen jene Orte wiedersahen.

Agnese fand alles, wie sie es verlassen hatte. Sie mußte daher sagen, daß dieses Mal, da es sich um eine arme Wittwe und um ein armes Mädchen gehandelt, die Engel Wache gehalten hatten. »Und das vorige Mal«, fügte sie hinzu, »wo man hätte glauben sollen, der Herr wache anderswo und denke nicht an uns, weil er uns unsere arme Habe fortschleppen ließ, da hat er uns gerade das Gegentheil gezeigt, denn er hat mir von einer andern Seite ein hübsches Sümmchen geschickt, womit ich alles wieder ersetzen konnte. Ich sage alles und sage nicht genug, denn Lucia's schöne und neue Ausstattung, die jene mit allem Uebrigen fortgeschleppt hatten, die fehlte noch, und siehe! da kommt sie uns jetzt von einer andern Seite. Wer mir das gesagt hätte, als ich mich so abquälte, jene andere herzurichten; du glaubst für Lucia zu arbeiten, ei arme Frau! Du arbeitest für einen, den du nicht kennst; weiß der Himmel! was für Geschöpfe diese Wäsche, diese Kleider auf den Leib kriegen, die Lucia's; die Ausstattung, die sie wirklich benutzen soll, für die wird eine gute Seele sorgen, die du nicht kennst und nicht einmal weißt, daß sie auf der Welt ist.«

Agnesens erste Sorge war, in ihrem armen Häuschen eine möglichst anständige Wohnstube für diese gute Seele einzurichten; dann holte sie sich Seide zum Haspeln und vertrieb sich die Zeit mit Arbeiten.

Renzo seinerseits verbrachte diese schon an sich so langen Tage nicht müßig; er verstand sich zum Glück auf zwei Geschäfte; er legte sich auf das des Landmanns. Theils half er seinem Wirth, für den es ein großes Glück war, in einer solchen Zeit einen Arbeiter und einen so tüchtigen Arbeiter bei der Hand zu haben;[295] theils bebaute er Agnesens Küchengärtchen, das in ihrer Abwesenheit gänzlich vernachlässigt war. Um sein eigenes Gütchen bekümmerte er sich gar nicht; es sei eine zu zerzauste Perrücke, sagte er, und es gehörten mehr als zwei Arme dazu, um sie wieder in Ordnung zu bringen. Er setzte keinen Fuß hinein, so wenig wie in sein Haus, denn es würde ihm weh gethan haben, die Verwüstung zu sehen, und er hatte schon den Entschluß gefaßt, sich alles vom Halse zu schaffen, für welchen Preis es auch sei, und das, was er daraus lösen könnte, in dem neuen Vaterlande anzuwenden.

Wenn die am Leben Gebliebenen, einer für den andern, wie vom Tode wieder auferstanden waren, so war Renzo es für die Leute seines Dorfes, so zu sagen zweimal; jeder bewillkommte und beglückwünschte ihn; jeder wollte seine Geschichte von ihm hören. Man wird vielleicht sagen, wie war es denn mit dem Verhaftsbefehl abgelaufen? Ganz erwünscht; er dachte fast nicht mehr daran, indem er voraussetzte, daß diejenigen, die ihn hätten vollziehen können, auch nicht mehr daran dächten; und er täuschte sich nicht darin. Dieses geschah nicht blos wegen der Pest, die so vielen Dingen abgeholfen hatte; es war, wie man auch an verschiedenen Stellen dieser Geschichte hat sehen können, zu jener Zeit etwas Gewöhnliches, daß allgemeine wie besondere, gegen Personen gerichtete Befehle, wenn nicht eine mächtige Privatleidenschaft sie aufrecht hielt und geltend machte, oft ohne Erfolg blieben, sobald sie ihn nicht im ersten Augenblick gehabt hatten; wie Flintenkugeln, die, wenn sie nicht treffen, auf der Erde liegen bleiben, wo sie Niemand Schaden thun. Eine nothwendige Folge der großen Leichtigkeit, mit der man jene Befehle ertheilte. Die Thätigkeit des Menschen ist begrenzt, und was im Befehlen zu viel geschah, mußte in der Ausführung um so viel weniger geschehen.

Wer wissen möchte, wie Renzo in jener Zeit der Erwartung mit Don Abbondio stand, dem sage ich, daß einer dem andern nicht zu nahe kam. Don Abbondio aus Furcht, irgend einen Ton von der Trauung anschlagen zu hören, denn schon bei dem bloßen Gedanken daran stand ihm auf der einen Seite Don Rodrigo mit seinen Bravi vor Augen, auf der andern der Kardinal mit[296] seinen Beweisführungen; Renzo, weil er sich vorgenommen hatte, nicht eher mit ihm davon zu sprechen, bis es zum Abschluß käme, indem er nicht wagen wollte, ihn vor der Zeit aufrührisch zu machen, mit wer weiß was für Schwierigkeiten zu kommen und die Sache durch unnütze Schwätzereien zu verwirren. Seine eigenen Schwätzereien machte er mit Agnese ab. »Glaubt Ihr wohl, daß sie bald kommen wird?« fragte der Eine. »Ich hoffe, ja«, antwortete die Andere, und oft that Derjenige, der die Antwort gegeben hatte, gleich darauf die nämliche Frage. Mit diesen und ähnlichen Redensarten suchten sie sich die Zeit zu vertreiben, die ihnen desto länger schien, je mehr sie vorübergegangen war.

An unserm Leser wollen wir diese ganze Zeit in einem Augenblick vorübergehen lassen, indem wir mit kurzen Worten sagen, daß einige Tage nach dem Besuche Renzo's in dem Lazareth Lucia mit der guten Wittwe hinausging, daß beide die allgemeine Absonderung, welche befohlen war, in dem Hause der Letztern abgesperrt, überstanden; daß ein Theil der Zeit mit der Anfertigung von Lucia's Ausstattung zugebracht wurde, an der diese, nachdem sie einige Umstände gemacht hatte, mitarbeiten mußte; ferner daß die Wittwe, als die Zeit der Absonderung abgelaufen war, Gewölbe und Haus ihrem Bruder, dem Kommissär, in Obhut gab, und daß man die Vorbereitungen für die Reise machte. Wir könnten auch gleich hinzufügen, daß sie abreisten, ankamen und was weiter folgt; aber bei allem guten Willen, der Eile des Lesers entgegenzukommen, können wir doch drei Dinge nicht mit Stillschweigen übergehen, welche dieser Zwischenzeit angehören; für zwei wenigstens glauben wir, würde der Leser selbst sagen, wir hätten Unrecht daran gethan sie zu übergehen.

Das erste besteht darin: als Lucia dazu kam, mit der Wittwe von ihren Abenteuern umständlicher und geordneter zu sprechen, als sie dies in der Aufregung des ersten Vertrauens gekonnt hatte, that sie ausdrücklicher der Signora Erwähnung, bei der sie in dem Kloster zu Monza eine Zuflucht gefunden hatte, und erfuhr über diese Dinge, die ihr den Schlüssel zu vielen Geheimnissen gaben und ihr die Seele mit einer schmerzlichen und ängstlichen Verwunderung erfüllten. Sie erfuhr von der Wittwe, daß die[297] Unglückselige, abscheulicher Unthaten verdächtig, auf Befehl des Kardinals in ein Kloster von Mailand gebracht worden war, daß sie hier nach langem Wüthen und Widerstand in sich gegangen und sich angeklagt hatte, und daß ihr gegenwärtiges Leben eine freiwillige Strafe war, der Art, daß Niemand eine härtere hätte ersinnen können. Wer diese traurige Geschichte ein wenig genauer kennen möchte, der findet sie in dem Buche und an der Stelle, die wir anderswo bei Gelegenheit der nämlichen Person angeführt haben.

Das andere ist, daß Lucia, indem sie bei allen Kapuzinern, die sie in dem Lazareth zu sehen bekam, nach dem Pater Cristoforo fragte, mit mehr Schmerz als Verwunderung hörte, daß er an der Pest gestorben sei.

Endlich hätte sie vor ihrer Abreise auch gewünscht, etwas von ihren früheren Gönnern zu erfahren, um ihnen ihre Ehrerbietung zu bezeigen, wie sie sagte, wenn Jemand von ihnen noch lebte. Die Wittwe begleitete sie nach dem Hause, wo sie hörten, daß der eine und die andere den Weg der Meisten gegangen waren. Wenn man von Donna Prassede sagt, sie war todt, so ist alles gesagt; aber in Ansehung, daß Don Ferrante ein Gelehrter gewesen war, hat der Anonymus geglaubt sich ein wenig mehr über ihn verbreiten zu können, und wir werden, auf unsere Gefahr, ungefähr hier nachschreiben, was er schriftlich über ihn hinterlassen hat.

Er sagt also, daß Don Ferrante bei dem ersten Gerede von der Pest einer der Entschlossensten war, sie zu leugnen, und bis zuletzt in dieser Meinung beharrte; nicht sowohl mit Geschrei, wie das Volk, sondern mit Vernunftschlüssen, denen Niemand wenigstens den Zusammenhang absprechen konnte.

»In rerum natura«, sagte er, »giebt es nur zwei Arten von Dingen: substanzielle und accidentielle; wenn ich nun beweise, daß das Contagium weder das eine noch das andere sein kann, so habe ich bewiesen, daß es nicht existirt, daß es eine Täuschung ist. Die Substanzen sind entweder geistige oder materielle. Daß das Contagium eine geistige Substanz sei, ist eine Ungereimtheit, die Niemand würde behaupten wollen; somit ist es unnütz darüber zu sprechen. Die materiellen Substanzen sind entweder einfache[298] oder zusammengesetzte. Nun, eine einfache Substanz ist das Contagium nicht. Das läßt sich mit zwei Worten beweisen: Es ist keine luftige Substanz, denn wäre es eine solche, so würde es anstatt von einem Körper in den andern überzugehen, sogleich in seine Sphäre emporsteigen. Es ist keine wässerige, denn es würde naß sein und von den Winden ausgetrocknet werden. Es ist keine feurige, denn es würde brennen. Es ist keine erdige, denn es würde sichtbar sein. Eine zusammengesetzte Substanz ist das Contagium ebenso wenig, denn es müßte auf alle Weise dem Auge oder dem Tastsinn wahrnehmbar sein; dieses Contagium aber, wer hat es gesehen, wer hat es berührt? Es bleibt also zu untersuchen, ob es etwas Accidentielles sein kann. Das eine noch schlimmer als das andere. Die Herren Aerzte sagen uns, daß es sich von einem Körper auf den andern übertrage, und das ist ihre Achillesferse, der Vorwand, so viele sinnlose Vorschriften zu machen. Nehmen wir nun an, es sei etwas Accidentielles, so müßte es etwas übertragbar Accidentielles sein, zwei Worte, die sich einander widersprechen; in der ganzen Philosophie ist nichts so klar und ausgemacht wie dies, daß etwas Accidentielles nicht von einem Gegenstand übertragen werden kann. Wenn sie diese Scylla zu vermeiden sich darauf zurückbeziehen, es sei ein erzeugtes Accidentielles, so gerathen sie in die Charybdis, denn wenn es ein Erzeugtes wäre, so theilt es sich nicht mit, pflanzt sich nicht fort, wie sie alle plappern. Sind diese Grundsätze festgestellt, was nützen die vielen Reden von Flecken, Blattern, Karbunkeln ....?«

»Alles Possen«, entfuhr es einmal einem Gewissen.

»Nein, nein«, nahm Don Ferrante wieder das Wort: »Das sage ich nicht; die Wissenschaft ist Wissen schaft; man muß sie nur richtig anzuwenden wissen. Flecken, Blattern, Karbunkeln, Speicheldrüsenentzündungen, schwarzblaue Pestbeulen, schwärzliche Geschwüre, das sind lauter beachtenswerthe Worte, die ihre schöne und gute Bedeutung haben; aber ich sage, sie haben nichts mit dem streitigen Punkt zu schaffen. Wer leugnet, daß es dergleichen Dinge geben kann, daß es sogar deren giebt? Es kommt nur darauf an zu untersuchen, woher sie entstehen.«

Hier begann das Leiden auch für Don Ferrante. So lange[299] er nur gegen die Meinung von dem Contagium sprach, fand er überall aufmerksame und sehr geneigte Ohren, denn es ist nicht auszusprechen, wie groß der Einfluß eines Gelehrten von Fach ist, sobald er den Andern Dinge beweisen will, von denen sie schon überzeugt sind. Aber als er dazu kam zu untersuchen und beweisen zu wollen, daß der Irrthum der Aerzte nicht in der Bestätigung bestände, daß es ein schreckliches und allgemeines Uebel sei, sondern in der Bezeichnung der Ursache; dann – ich spreche von den ersten Zeiten, in denen man von der Pest nicht reden hören wollte – dann fand er anstatt der Ohren empörte Zungen, dann war es mit der langen Predigt zu Ende, und seine Gelehrsamkeit konnte er nicht anders leuchten lassen, als stück- und bissenweise.

»Die wahre Ursache ist nur zu sehr vorhanden«, sagte er, »und auch diejenigen sind gezwungen sie zu erkennen, die es mit der andern gleich in der Luft liegenden halten .... Sie sollen sie einmal leugnen, wenn sie können, die verhängnißvolle Conjunction des Saturnus mit dem Jupiter. Und wann hat man wohl jemals sagen gehört, daß Influenzen sich fortpflanzen ....? Und wollen mir die Herren vielleicht die Influenzen ableugnen? Können sie mir ableugnen, daß es Sterne giebt? Oder können sie mir sagen, daß sie für nichts da oben stehen, wie so viele Stecknadelknöpfe in einem Nähkissen stecken? .... Aber was ich nicht begreifen kann, das sind die Herren Aerzte; einzugestehen, daß wir uns unter einer so schädlichen Conjunction befinden und dann uns mit dreister Stirn zu sagen: rühre das nicht an, rühre jenes nicht an, und du bist sicher! Als ob man, wenn man die materielle Berührung irdischer Körper vermiede, die kräftige Wirkung himmlischer Körper verhindern könnte! Und was für eine Angst, um Lumpen zu verbrennen! Armes Volk! Werdet ihr den Jupiter auch verbrennen, werdet ihr den Saturn verbrennen?«

His fretus, das heißt: auf diese schönen Grundlagen gebrauchte er keine Vorsicht gegen die Pest; er wurde davon ergriffen, ging zu Bett, um zu sterben wie ein Held Metastasio's, mit den Sternen Streit anfangend.

Und seine famose Bibliothek? Sie ist vielleicht noch an den alten Wänden aufgestellt.[300]

Quelle:
Manzoni, [Alessandro]: Die Verlobten. 2 Bände, Leipzig, Wien [o. J.], Band 2, S. 286-301.
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