Dreizehnter Auftritt

[125] Zimmer des Magiers, düster und mit allerlei Talismanen geziert Magier und Speck.


SPECK. Es geschieht einem ja doch nichts, wenn man auf den Boden tritt?

MAGIER. Sein Sie unbesorgt, treten Sie frisch drauflos!

SPECK. Da riecht's nach Hexen, es ist mir so kurios.

MAGIER. Fassen Sie sich, Sie haben nichts zu befürchten!

SPECK. Wenn ich ihn anrühr, so spritzt gewiß 's Feuer heraus. – Ich bin nur vorausgeloffen, um Ihnen zu sagen, daß der bewußte Patient gleich hier sein wird.

MAGIER. Ich werde die mir zu Gebote stehenden Mittel versuchen; ich werde ihm einen magischen Schlaftrunk reichen, und er wird im Schlafe plaudern.[125]

SPECK. O jerum, da hätt ich in der Folg einmal auch eine Bitte; ich hab eine junge Frau, und die Nachbarinnen haben mir gesteckt, daß sie öfters Visiten von einem guten Freund in meiner Abwesenheit bekommt. Könnt ich meiner Frau nicht auch so einen Schlaftrunk beibringen?

MAGIER. Warum nicht? Wenn Sie aber unangenehme Entdeckungen machten, wie dann?

SPECK. Es kann nit schaden, wenn man seine Freunde bei Lebzeiten kennenlernt.

MAGIER. Wenn Sie wollen, so können wir uns gleich überzeugen, was in diesem Augenblick Ihre junge Frau macht.

SPECK. Wenn ich bitten dürfte, ich will gern erkenntlich sein.

MAGIER. Treten Sie hieher, in diesem Zauberspiegel wird Ihnen das Los Ihres Eh'stands offenbar. Man erblickt im Spiegel eine junge Frau, der ein moderner Stutzer zärtlich zusetzt.

SPECK. Das ist mein Weib, und das ist mein weitläufiger Vetter, von dem die Nachbarinnen mir den Steckbrief überliefert haben – wie er ihr schöntut, und sie, na, sie schlagt nit aus – sie ist gar nit cholerisch – jetzt setzen sie sich nieder, sie traktiert ihn mit spanische Wind, sie laßt sich die Hand küssen, o du zärtliche Mahm du, wart, du sollst mich kennenlernen. Er will auf den Spiegel los, die Erscheinung verschwindet.

MAGIER. Sie haben sich durch Ihren Ungestüm selbst um den längeren Anblick gebracht.

SPECK. So, es ist schon gut – also da heißt's wohl: »In der G'ham schleicht der Vetter zu der Mahm!« Der Hacken werden wir schon einen Stiel finden, nur Geduld – und wie sie sich verstellen kann, die Person, Kathi! Kathi! wenn ich dich da hätt, was tat i!

MAGIER. Fassen Sie sich, das ganze Verhältnis ist höchst unschuldig, bloße Artigkeit!

SPECK. Mit Artigkeit kommt man auch weit – ich weiß jetzt genug, sie soll mich kennenlernen, oh, ich bin ein guter Mensch, ich; aber es ist schon recht! Sagen Sie mir, teuerster Herr von Zauberer, wie stehen Ihnen alle die Sachen so zu Gebote?

MAGIER. Auf eine kindleichte Weise! Die Leichtgläubigkeit will betrogen sein, alle Geister des Betruges habe ich mir zur Sklaverei gebannt![126]

SPECK. Das muß ja ein ganzes Regiment von Geistern sein.

MAGIER. In diesem Kasten sind sie eingesperrt! Wenn wir noch Zeit haben, will ich sie die Musterung passieren lassen.

SPECK. Ich will mäusestill sein.

MAGIER beschwört die Geister unter folgendem Melodram, indem er den Kasten öffnet.


Melodram


Ihr Geister des Betrugs, hervor aus eurer Gruft,

Wenn euch ans Tageslicht der Herr und Meister ruft.

Sie alle, die vereint das Menschenvolk betrügen,

Erscheinen sollen sie, die Kinder schwarzer Lügen!


Unter der Erklärung des Magiers erscheint ein Geist nach dem anderen und nimmt seine Stellung, bis das Ganze ein Tableau bildet.


MAGIER. Der mit den zwei Gesichtern ist der Geist der Verstellung: Honig hat er auf den Lippen, doch Gift in der Brust – mit einem Gesichte weint er, während er mit dem anderen lacht, so täuscht er jeden, der ihm glaubt; er ist überall einheimisch, doch soll er in der uralten Vorzeit an einem Hofe geboren worden sein. – Dieser ist der Geist des groben Betruges, er schneidet Taschen aus, er verfälscht, was ihm unterkommt, und hat stets den Galgen im Auge. – Dieser Geist mit der schönen Außenseite ist der Geist der Verführung – weh dem Unbefangenen, der ihn küßt, er ist auf immer verloren! Dieses ist der Geist der Quacksalberei und der Ruhmredigkeit, er bietet Universalmittel an und erhebt seine finstere Kunst, die auf bloßem Betruge beruht; das ist der Geist der Schminke, der Runzeln verklebt und das Alter verjüngt! Er trägt falsche Waden, falsche Zähne und falsche Backen, auch falsche Taufscheine mit sich, bei alten Weibern ist er wohlgelitten. Jetzt ist das Tableau vollendet. Wem dieses Heer von Geistern zu Gebote steht, der kann leicht den Ruf eines Schwarzkünstlers erringen.

SPECK. Das sind Sachen!

MAGIER. Ich höre kommen, zurück in euern Aufenthalt, bis ich euch zu neuer Arbeit entbiete.


Die Geister in den Kasten zurück. – Man klopft.


Quelle:
Das Wiener Volkstheater in seinen schönsten Stücken. Leipzig 1960, S. 125-127.
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