Zwölfter Auftritt

[142] Fritz und Lottchen


FRITZ. Das ist eine kecke Person, die Frau von Satire, sie hat leicht einladen für mein Geld, ein großes Fest für so viele Personen! Heutzutag, wo eine ordentliche Hausmannskost schon einer Familie weh tut.

LOTTCHEN. Sei froh, gemeiner Alltagsmensch, daß du solche vornehme Gäste bewirten kannst!

FRITZ. Froh auch noch, wenn die Schmarotzer sich's Maul g'wischt haben, so gehen s' fort und richten den Bestgeber brav aus, das hab ich so viel und so oft erlebt, daß gerade die, die ein Haus jahrelang abg'fressen haben, bei einer ausgebrochenen Krida die ärgste Goschen über d' Verschwendung g'habt haben. – Und überhaupt weiß ich gar nit, wie du mir vorkommst, du bleibst ja in einer solchen Entfernung von mir, als wenn ich's gelbe Fieber hätte? Bewegt sich denn in deiner Brust gar kein Gefühl mehr für mich?

LOTTCHEN. O ja, das Gefühl des Mitleids mit deiner Schwachköpfigkeit.

FRITZ. Sultanin, ich sag dir's, sei nit maliziös! Wenn ich als ein Bube mit drei Jahren nit in ersten Stock hinaufgefallen wär, so wär mein Kopf nit so schwach geworden, und Mitleid, was Mitleid? Liebe soll ein Weib für ihren Mann haben.

LOTTCHEN. In unserm jetzigen Stand und nach einer zehnjährigen Ehe will der Mann noch von Liebe reden!

FRITZ. Die Sultanin hat recht, wenn die modernen Eh'leut schon acht Tage nach der Hochzeit sich oft nur noch beim Mittagessen und beim Souper sehen – so schickt sich für uns nach zehn Jahren die Zärtlichkeit auch nimmermehr;[142] aber wenn wir allein sind, so könnt'st du doch dergleichen tun, als wenn wir noch Mann und Frau wären! Du bist in diesem Anzuge recht hübsch, ich muß dich in meine Arme schließen.

LOTTCHEN. Zerdruck mir das Kleid nit!

FRITZ. Ma chère épouse – donnez-moi un baiser – que vous êtes jolie! –

LOTTCHEN gähnt. Wie fad einem das vorkommt, wenn einem so etwas ein Eh'mann sagt!

FRITZ. Attrappée, du falsche Schlange! Wenn dir halt der Herr von Luxus das gesagt hätt, so wär's dir angenehmer gewesen als eine Variation von der Catalani, o wenn man mir mit der Schreibtruhe über d' Nasen fahrt, so weiß ich stante pede, woran ich bin; aber kraft meiner ehemännlichen Autorität untersag ich dir jede weitere Bekanntschaft mit dem Herrn von Luxus, er ist ohnehin ein Mensch, von dem man nit viel Gutes redet, seit er sogar unter die Dienstboten gekommen ist –

LOTTCHEN. Schad, daß du dich gar nit in der großen Welt umgesehen hast.

FRITZ. Umg'schaut hab ich mich wohl, aber nicht viel Gutes hab ich gesehn.

LOTTCHEN. Wer wird denn eifersüchtig sein? Überhaupt sollst du mich Sie nennen und nie dorthin gehen, wo ich bin, und wenn wir ja zufällig zusammenkommen, so solltest du dich nach meinem Befinden erkundigen, als wenn wir weltfremd wären. Oh, ich kenn dein gutes Herz, du wirst dich g'wiß noch drein schicken, daß ich keine Schande mit dir aufhebe, nit wahr, Mannerl, du siehst's ein?

FRITZ. Wann's schmeichelt, so hab ich den Pagat ultimo verloren. Gib'n Fried, wenn's sein muß, so will ich mich schon drein schicken.

LOTTCHEN. Und gelt, du schaffst mir noch alles, was mir fehlt – einen Schal, schöne Federn, einen Florentinerhut und eine Lorgnette?

FRITZ. Hör auf mit deinem Schmeicheln, ich schaff halt, solang's geht, wegen meiner, das ist der größte Beweis von Schwachheit, daß ich keinem schmeichelnden Frauenzimmer was abschlagen kann.


Quelle:
Das Wiener Volkstheater in seinen schönsten Stücken. Leipzig 1960, S. 142-143.
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