Zweiundzwanzigster Auftritt

[156] Ein prächtiger Garten. – Die Statue der Satire im Hintergrunde. Die respektable Versammlung des ersten Aktes ist gegenwärtig. – Fritz schläft auf einer Rasenbank, Marie, Malchen, Lottchen, Vorige.


ALLE. St, er schläft!

MAGIER. Erwache und erkenne!

FRITZ erwacht und springt auf. Apage, Satanas! Ich will nicht mehr träumen, ich leg mich in meinem Leben in kein Bett mehr. –

FRAU STEIGERL. Fritzl, Fritzl – kennst du denn deine zärtliche Mama nicht mehr?

FRITZ. Richtig – ich wache – der verdammte Traum ist fort – das ist die Mama – dort schießt der Papa seine grimmigen Blicke auf mich los – das ist der magere Herr Speck – das sind die wenig sprechenden Godeln und Mahmen – und da – da ist die Lottel – Lotti, uns ist's gegangen!

LOTTCHEN. Was? – Im bin bis jetzt gar nicht aus meinem Zimmer gekommen!

FRITZ. Sei es, wie es wolle – ich will ans Karessieren gar nicht mehr denken, bis im mir so ein Kreuz, wie ein Weib ist, verdient habe. – Arbeiten will ich – Papa – geben Sie mir eine Arbeit – wann's sonst nix ist, so lassen Sie mich Holz hacken, damit der Geist eine Beschäftigung hat. –

STEIGERL. Du bist also jetzt brav?

FRITZ. Wie im jetzt brav bin, das ist ein Spektakel! – Arbeiten will ich und dann noch einmal so lustig sein und singen:


Lied mit Chor, dessen Refrain die alten Paare mit einem charakteristischen Tanze begleiten.


FRITZ.

Uns ist's alles eins, ob wir Geld haben oder keins. –

CHOR.

Uns ist's alles eins usw.

FRITZ.

Wer ein Geld hat, kann ins Theater gehn. –

Und wer keins hat – bleibt beim Tor drauß' stehn. –

CHOR.

Uns ist's alles eins usw.

FRITZ.

Wer ein Geld hat, kann auf der Börse stehn –

Und wer keins hat – muß ins Versatzamt gehn. –

CHOR.

Uns ist's alles eins usw.

FRITZ.

Wer ein Geld hat, fährt auf die Jagd hinaus –

Und wer keins hat – fangt sich Fliegen zu Haus.[157]

CHOR.

Uns ist's alles eins usw.

FRITZ.

Wer ein Geld hat, kann die Catalani hören –

Und wer keins hat – muß sich selbst was plärr'n.

CHOR.

Uns ist's alles eins usw.

FRITZ.

Wer ein Geld hat, kann in d' Redout leicht gehn –

Und wer keins hat, denkt sich – 's ist ja so nit schön.

CHOR.

Uns ist's alles eins usw.

FRITZ.

Wer ein Geld hat, läßt sich mit Gas beleuchten –

Und wer keins hat – läßt den Mond sich leuchten.

CHOR.

Uns ist's alles eins usw.

FRITZ.

Wer ein Geld hat, kann in die Oper fahren,

Und wer keins hat – macht sich selbst einen Narren. –

CHOR.

Uns ist's alles eins usw.

FRITZ.

Wer ein Geld hat, der führt sein Weib aus,

Und hat er keins, so führt's ein anderer aus. –

CHOR.

Uns ist's alles eins usw.

FRITZ.

Wer ein Geld hat, darf schon dumm sein –

Und wer keins hat, der soll's nit sein.

CHOR.

Uns ist's alles eins usw.

FRITZ.

Wer ein Geld hat, darf kein Hut rucken –

Und wer keins hat, muß sich tiefer bucken.

CHOR.

Uns ist's alles eins usw.

FRITZ.

Wer ein Geld hat, muß auch sterben,

Und wer keins hat, muß ja so verderben.

CHOR.

Uns ist's alles eins usw.

FRITZ.

Wer ein Geld hat, kann sich Kleider kaufen,

Und wer keins hat, kann in Schlafrock laufen.

CHOR.

Uns ist's alles eins usw.

FRITZ.

Wer ein Geld hat, der lebt ohne Sorgen,

Und wer keins hat, der muß allweil borgen.

CHOR.

Uns ist's alles eins usw.

FRITZ.

Wer ein Geld hat, kann im Wirtshaus sitzen –

Und wer keins hat, laßt 'n Brunnen schwitzen.

CHOR.

Uns ist's alles eins usw.

FRITZ.

Wer ein Geld hat, dem wünsch ich wohl zu leben –

Und wer keins hat, dem kann ich auch keins geben. –

CHOR.

Uns ist's alles eins usw.

FRITZ.

Wer ein Geld hat, darf in jedes Haus –

Und wer keins hat, den werfen s' bald hinaus.

CHOR.

Uns ist's alles eins usw.[158]

FRITZ.

Wenn Sie uns nur Beifall zollen,

Kann der Teufel 's Geld auch holen!

CHOR.

Uns ist's alles eins, ob wir ein Geld haben oder keins.


Unter diesem Chore tanzen die alten Paare – am Schlusse formieren sie ein Tableau.

Der Vorhang fällt schnell.
[159]

Quelle:
Das Wiener Volkstheater in seinen schönsten Stücken. Leipzig 1960, S. 156-160.
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