[16] Juno, Jupiter.
JUNO.
Da steht er!
Ihn äffend.
Der Talpatsch! Der Passauer Lümmel,
Das ist der Herr auf der Welt und im Himmel.
Kann man so ein dummes Gesicht noch wo sehn?
Ich zahlte gern's Entrée, und wollte drey Meilen weit gehn.
Nun alter Schippel, willst reden oder bist stumm?
Am besten ists, du schweigst; denn was du sagst, ist dumm.[16]
JUPITER.
Hör auf, ich bin der Gott der Götter!
Ich commandire das Jahr und mache das Donnerwetter.
JUNO.
Du? So mach eins, geh alter Dalk, laß's lieber rasten,
Die Donnerkeil und 's Colofonie hab ich im Kasten.
Du hast gar kein Votum mehr in der Assemblee,
Du figurirst nur noch als Jupiter vom Schnee.
Nich d' Goschen sollst auf thun, sollst kuschen vor mir,
Langst hätten s' dich anglehnt, wär ich nicht bey dir.
Ich muß für dich denken, sonst lassen s' dich sitzen
Und ziehn vor dir ab weder Hüte noch Mützen.
Drum darfst auch nichts thun, als nur das, was ich will
Papirt, sonst gibts Risse! Hör an, und sey still!
JUPITER für sich.
Die Schand! die hören zu drin im Kabinet,
Wär nur kein Zeug bey dem lieben tête à tête,
Ich muß mich dreyfach schämen; denn ich bin obendrein ein Gott,
Und habe doch so gut, wie d' Menschen meine Noth.
Ich schlüg ja gern drein, ich probirte gleich mein Glück!
Was nützt 's, einen jeden Schlag krieg ich zehnfach zurück.
JUNO Athem hohlend.
Ich hab ein Weib auf der Welt sterben lassen, daß du's weißt,
Es darf dich nicht kümmern, wer's ist, und wie s' heißt.
Sie hat mich so zu sagen scandalisirt.
JUPITER.
Was hat sie gethan?
JUNO.
Sie hat mit Andern scharmirt.
Und ihr Mann ist doch noch jung und ein rechter Bengel,[17]
JUPITER.
Und deswegen hast 's Weib sterben lassen, mein Engel?
Jetzt hör auf, das ist dein Ernst nicht, du thust spassen,
Sonst müßt ich heut zwey Drittel Weiber sterben lassen.
Das ist kleinstädtisch, und gar kein himmlischer bon ton,
Wenn's den Männern recht ist, so laß s' charmiren, und geh davon.
JUNO.
Du mußt freylich so reden, du grauer Bärenhäuter!
Du hast dich aufgeführt zum Erbaun, du alter Krippenreiter!
Die ganze Welt ist voll von sauberen Geschichten,
In Kupfer sticht man sie, beschreibt sie in Gedichten.
Damit nur jedermann, der Augen hat, und liest,
Gleich weiß, wer der größte Sündenbock ist.
Deine Amouren kennt jedes Kind, jedes Land –
Meine unglückliche Eh ist allen Zeiten bekannt,
Und wär ich keine Göttinn, sondern so eine von Fleisch und Bein,
Ich könnt mit meinem Kopfschmuck bey keinem Stadtthor hinein.
JUPITER.
Mach dir nichts draus, du wirst's ja so wissen
D'Stadtthör sind größten Theils niedergerissen –
Auch baut man in Häusern die Thüren hübsch hoch,
Sonst blieb mancher hängen, und riß sich ein Loch.
JUNO.
Nun höre mich weiter, und schweige, du Stock!
Der Mann von dem Weibe hat sich hinterm Rock
Der saubern Frau Venus, des Ziferls, verkrochen,
Die ist schon gewohnt, solche Speisen zu kochen.[18]
Die protegirt immer die Liederlichkeiten,
Und ist Patroninn von schundigen Leuten –
Die wird nun vermutlich, ich kenn schon die Wecken,
Sich hinter den Dalken vom Vater verstecken.
Ich sag dirs, du Grauschimmel, nimm dich in Acht,
Daß mir nicht das Weib auf die Welt wird gebracht.
Sonst kannst du gleich zusamm packen und gehn.
Die Leutverbandlerinn, die Venus, soll's sehn,
Daß ich die Frau bin, sie ist ein gemeins Weib,
Ein Bierhäuselmensch und du bist ein Kneipp
Duett.
JUNO.
Könnt ich in Ohnmacht doch fallen –
Wär ich ein sterbliches Weib –
Aber zum Unglück vor allen –
Bin ich die Frau von dem Kneip –
Und bin unsterblich – o wehe –
Bin unzertrennlich von ihm –
Kommt er mir nur in die Nähe;
Kenn ich mich nicht mehr vor Grimm!
JUPITER.
Weiberl – Schazerl – Engel –
JUNO.
Larvengesicht – roher Bengel –
JUPITER.
Schau, es wird dir wieder schaden,
JUNO.
Lägst du nur schon auf dem Laden –
JUPITER.
Aber die Nachbarn da unten –
JUNO.
Was scher ich mich nach den Hunden –[19]
JUPITER.
Da nutzt kein Bitten – kein Schmeicheln –
Jetzt wird's schon nimmermehr gut –
JUNO.
Schweige, du Tölpel, dein Heucheln
Bringt mich nur noch mehr in Wuth –
Mit Füßen möcht ich dich jetzt treten
Und tanzen dir auf deinem Leib –
JUPITER.
Ein wüthender Hund an den Ketten
Ist sanfter – als so ein – ein Weib –
Beyde zugleich.
JUPITER.
Jetzt heißt es kuschen und ducken
Rutscht ihr auch d' Götterhand aus –
Muß ichs geduldig verschlucken –
Sie ist halt d' Frau hier im Haus.
JUNO.
Kuschen sollst du – nicht mehr mucken –
Sonst rutscht mir d' Götterhand aus;
Alles mußt du nur verschlucken
Denn ich bin d' Frau hier im Haus.
Nach geendigtem Duett zwischen Juno und Jupiter stürzen Venus und Amor aus dem Kabinett.
VENUS.
Jetzt kann ichs nimmer aushalten – pfuy Teufel, Papa –
JUNO.
Hischhorngeist – Essig – die saubre Figur ist da –
Und noch obendrein versteckt im Kabinett –
AMOR.
Wär jetzt ein Hetzknecht da – der d'Hund loslassen thät –
JUPITER.
Fang einer nur mit Weibern an, der bleibt gwiß sitzen –[20]
Jetzt werden sie vereint ihre Gall an mir verspritzen –
Und ich bin doch unschuldig – das habens doch g'sehn –
JUNO.
Morgenvisiten bey Männern – ey, das ist recht schön –
Ist das eine Conduite für eine Göttinn aus der Oberwelt?
Ich bin halt unrecht hergekommen, gelt –
Ewig Schade, daß hier nicht die Bauart besteht – wie in mancher Stadt,
Wo jedes Quartier einen sechsfachen Ausgang hat –
Was hat sie hier wollen – ich will es wissen –
Oder ich werd türkisch drein schlagen müssen –
VENUS.
Na – so einer wird man auch noch Rechenschaft geben –
Seyns nicht so hoppedaschig – lassens uns leben!
AMOR.
Über so einen Weiberkampf – da geht nichts vor –
Mein Hauptplaisir sind d' Fratschlerinnen vorm Burgthor –
JUPITER.
Ich bin jetzt recht zwischen Ambos und Hammer –
Ich bin ein geplagter Gott – das ist ein Jammer –
JUNO zum Jupiter.
Bist du ein Mann –
VENUS.
Sind sie ein Vater –
JUNO.
Und du trittst nicht gleich zusammen die Natter –
VENUS.
So wenig nehmen sie sich ihrer Tochter an –
JUNO.
Wie er dasteht und zittert, der spottschlechte Mann –[21]
AMOR.
Husch husch – das muß die Mama nicht leiden –
JUPITER.
Jetzt krieg ich Schläg am End von allen beyden –
VENUS.
Wanns nicht gleich geht, so will ich zwicken und beissen –
JUNO.
Ich will dir deine gefärbten Locken ausreißen –
Sie packen sich.
Leutverbandlerinn –
VENUS.
Du boshaftes Trum –
JUPITER.
Kommts doch zu Hülf – sie bringen sich um.
Buchempfehlung
Kammerspiel in drei Akten. Der Student Arkenholz und der Greis Hummel nehmen an den Gespenstersoirees eines Oberst teil und werden Zeuge und Protagonist brisanter Enthüllungen. Strindberg setzt die verzerrten Traumdimensionen seiner Figuren in steten Konflikt mit szenisch realen Bildern. Fließende Übergänge vom alltäglich Trivialem in absurde Traumebenen entlarven Fiktionen des bürgerlich-aristokratischen Milieus.
40 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.
442 Seiten, 16.80 Euro