Siebentes Kapitel

[73] Wie Lazaro bei einem Kapellan in Dienste ging und was ihm bei demselben begegnete.


Nachher nahm ich Dienste bei einem Maler, der Handtrommeln malte, um ihm die Farben zu reiben, bei welchem ich aber tausend Unannehmlichkeiten erlitt. Ich war damals ein hübscher Bursche, und als ich einmal in die Domkirche ging, bemerkte mich ein Kapellan derselben und nahm mich in seine Dienste. Er übergab mir einen guten Esel, vier große Krüge und eine Peitsche, und damit fing ich an, Wasser durch die Stadt zu führen.

Dies war die erste Stufe, die ich erstieg, um zu einem guten Leben zu gelangen, denn meinem Munde fehlte es an nichts. Ich gab meinem Herrn täglich dreißig Maravedis von dem Gewinne, und was ich an den Sonnabenden einnahm, gehörte mir, so wie auch das, was ich die Woche hindurch über dreißig Maravedis gewann. Ich stand mich bei diesem Geschäfte so gut, daß ich nach Verlauf von vier Jahren, während denen ich es betrieb, indem ich den Gewinn gewissenhaft sammelte, so viel erspart hatte, daß ich mich auf dem Trödel sehr anständig kleiden konnte. Ich kaufte mir eine alte Barchentweste, einen abgeschabten Rock mit besetzten Ärmeln und Taschen, einen aufgekratzten Mantel und einen Degen, eine von den besten alten Klingen von Cuellar.

Da ich mich in so anständigen Kleidern sah, sagte ich zu meinem Herrn, er möchte seinen Esel nun wieder zurücknehmen, ich hätte keine Lust mehr, dieses Geschäft fortzusetzen.

Quelle:
Mendoza, D. Diego Hurtado de: Leben des Lazarillo von Tormes. Berlin 1923, S. 73-74.
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