|
[180] Der Engel schwieg, in Adams Ohre klang
Die Stimme so bezaubernd, daß er selbst
Sie lang nachher noch zu vernehmen meinte,
Und starren Blickes lauschte; dann jedoch[180]
Gleichsam erwachend, sprach er dankesvoll:
»Welch angemess'nen Dank und welchen Lohn
Vermag ich Dir zu geben, göttlicher
Verkünder, der Du meinen Durst nach Wissen
So reichlich stilltest, und mich würdigtest
Mir zu erzählen, was sonst unerforschlich,
Und was ich nur mit Staunen jetzt vernahm,
Jedoch entzückt; wofür ich nach Gebühr
Dem großen Schöpfer Preis und Ehre zolle.
Ein Zweifel nur verblieb noch meiner Brust,
Den Du allein zu lösen mir vermagst.
Erblick' ich dieser Welten Götterbau,
Die Erde sammt dem Himmel und erwäge
Die Größe Beider, so erscheint die Erde
Ein Sandkorn mir, ein Stäubchen, ein Atom,
Verglichen mit dem Himmel voll Gestirne,
Die zahlreich unbegreiflich weite Räume
Durchrollen müssen (denn dies zeigt ihr Schwinden
Und ihre schnelle Wiederkehr), um Licht
Der dunkeln Erdenkugel darzureichen,
Die nur ein Punkt ist, während Tag und Nacht
Sonst völlig nutzlos in dem ganzen Umlauf:
Oft staun' ich dann, warum die sorgsam weise
Natur ein solches Mißverhältniß litt,
Mit überflüss'ger Hand so viele Körper
Zu schaffen, die doch edler sind und größer,
Zu diesem einen Zweck, daß sie den Sphären
Tagtäglich wiederholten Kreislauf heißt,
Indeß die Erde ruhig weilt, die doch
Auf kürzern Bahnen sich bewegen könnte,
Bedient von edlern Sternen, als sie selbst;
Und ohne Regung doch ihr Ziel erreicht,
Und als Tribut, der ihr aus weiter Ferne
Unzähliger Tagereisen voller Hast
Gebracht wird, Wärme so wie Licht erhält.«
So redet' Adam, und sein Antlitz zeigte,
Daß Dunkles, Tiefes er erforschen wollte.
Als Eva dies gewahrte, stand sie auf[181]
Von ihrem Sitz mit Huld und edler Demuth;
Daß wer sie sah gern ihr Verweilen wünschte,
Und schritt zu ihren Blumen, um zu sehn,
Ob Blüten so wie Knospen gut gediehn.
Sie öffneten bei ihrem Nahn den Kelch,
Und sproßten unter ihrer süßen Pflege
Viel freud'ger auf; jedoch sie ging nicht fort,
Weil das Gespräch ihr unerquicklich schien,
Noch weil ihr Ohr den Sinn nicht fassen konnte;
Nein! den Genuß nur wollte sie sich sparen,
Bis Adam ihr allein erzählen würde.
Den Gatten zog sie selbst dem Engel vor,
Und wollte lieber ihn darum befragen,
Sie wußte, daß er das Erzählen schmückte
Mit süßen Worten, jeder Einwendung
Ehliche Liebkosung entgegenbrachte,
Denn ihr gefielen Worte nicht allein
Von seinen Lippen. – Giebt es wol noch jetzt
Solch Pärchen, welches Lieb' und Achtung eint? –
Sie wandelt fort mit göttergleichem Gang,
Und in Begleitung, denn als Königin
Bediente stets sie ein Gefolg von Grazien,
Und sandt' um sie in aller Augen Pfeile
Der Sehnsucht, immerfort sie anzuschaun.
Wohlwollend und mit Freundlichkeit entgegnet
Nun Raphael auf Adams Zweifelfragen:
»Dein Forschen oder Fragen tadl' ich nicht;
Der Himmel liegt Dir aufgeschlagen vor
Als Gottes Buch, darinnen seine Wunder
Zu lesen und die Jahreszeiten, Tage
Und Monden so wie Jahre zu erkennen.
Wenn Du dies wohl erforscht, so ist Dir's gleich
Ob Himmel oder Erde sich bewege.
Das Uebrige den Engeln und den Menschen
Zu bergen, war ganz weislich von dem Herrn;
Er offenbarte das Geheimniß nicht,
Weil jene zum Bewundern, nicht zum Kritteln
Geschaffen sind. Wenn sie Vermuthung wagen,[182]
So läßt er ihrem Streite seine Werke,
Um ihre winzige Meinung zu belächeln;
Wenn sie entwerfen einen Himmelsriß,
Der Sterne Lauf berechnen, und Systeme
Erfinden, um sie wieder einzureißen,
Auf neue denken, um den Schein zu retten;
Den Himmelsplan mit Linien rings umgürten,
Die in das Centrum gehn und daraus weichen,
Mit Zirkeln und mit Kreisen in den Kreisen.
Dies sah ich schon aus Deiner Rede Schluß,
Der Du Dein ganz Geschlecht regieren wirst,
Und glaubst, die größern Körper dort voll Licht
Sie sollten nicht den kleinen dunklern dienen,
Noch auch am Himmel solche Bahnen gehn,
Indeß die Erde stehend Heil empfängt.
Bedenke nur, daß Glanz und Größe nicht
Den Ausschlag giebt; die Erde, wenn auch klein
Und glanzlos im Vergleich mit andern Körpern,
Mag mehr des Guten hegen, als die Sonne,
Die öde leuchtet, und auf sich nicht wirkt,
Und nur die Erde schön und fruchtbar macht.
Denn ihre Strahlen, die nur müßig sonst,
Erhalten erst vom Erdenball die Kraft.
Doch nicht der Erde dienet jene Leuchte,
Nur Dir, dem Erdbewohner. Und des Himmels
Erhabne Größe künde Dir des hohen
Weltschöpfers Macht, der so geräumig baute,
Und seine Grenze setzte, daß der Mensch
Erkennt, er wohne nicht im Eigenthum.
Für ihn ist das Gebäude viel zu groß,
Für ihn, der ja so kleinen Theil bewohnt,
Das Uebrige bestimmte Gott für Zwecke,
Die er am besten kennt. Die Schnelligkeit
Der Himmelskugeln, wenn auch unermeßlich,
Schreib seiner Allmacht zu, die Körpern selbst
Fast geistige Hast verlieh; Du hältst mich nicht
Für langsam, der ich mit der Frühe heut
Vom Himmel, wo Gott thronet, niederstieg
Und noch vor Mittag schon in Eden war;[183]
Die Ferne können Zahlen nicht berechnen.
Dies künd' ich Dir, und nehme die Bewegung
Der Himmel an, um Dir nur zu beweisen,
Wie schwach die Gründe Deiner Zweifel sind,
Obwol ich nicht behaupte, daß es wirklich
So ist, wie Dir es hier auf Erden scheint.
Gott schuf, um seine Werke Menschensinn
Weit zu entrücken, ferne von der Erde
Den Himmel, daß der irdische Blick sich täuscht
Und aus dem Forschen keinen Nutzen zieht.
Vielleicht ist selbst der Welten Mittelpunkt
Die Sonne, deren Kraft die andern Sterne
Anzieht, die wiederum gereizt durch eigne
In mannichfachen Kreisen sie umwandeln.
Den irren Lauf, bald hoch bald niedrig gehend,
Bald vor- bald rückwärts und bald stille stehend,
Siehst Du an Sechsen schon; wie wenn vielleicht
Der siebente Planet die Erde wär',
So fest sie auch erscheint, und doch unmerklich
In dreifach wechselnder Bewegung rollte?
Dienstbare Kugeln müßtest Du sonst denken,
Die sich in schiefen Richtungen durchkreuzen,
Der Sonne Müh'n ersparen, und den schnellen
Tag- so wie Nachtrhombus annehmen, der
Unsichtbar über allen Sternen liegt,
Das Rad, das Tag und Nacht zu drehn vermag.
Du brauchst indessen dieses nicht zu glauben,
Da doch die Erd' im Osten sucht den Tag,
Mit dem vom Sonnenlicht gewandten Theil
Der Nacht begegnet, während von den Strahlen
Ihr andrer Theil erhellt wird. Wie wenn gar
Das Licht, was sie durch weite Luft entsendet,
Dem Mond als Stern erschiene, der bei Tag
Ihn so erhellte, wie er Nachts die Erde?
Dort giebt's vielleicht Bewohner auch und Land!
Du siehst wie Wolken seine Flecken ja,
Aus Wolken regnet es, und Regen schafft
Im weichen Boden Früchte, die als Nahrung
Bewohnern dienen. Auch noch andre Sonnen,[184]
Von Monden stets begleitet, wirst du sehn,
Die männlich Licht und weibliches entströmen,
Denn dieses Zwiegeschlecht belebt die Welt,
Da jeder Raum lebend'ge Wesen faßt;
Denn daß ein solcher unermeßner Raum
Ganz unbewohnt, verlassen sei und öde,
Zum Leuchten nur bestimmt, und daß die Sterne
Nur da sind, um von ferne dieser Erde
Den Glanz zu spenden, der das Licht ja selbst
Zurückwirft, ist doch wahrlich zu bezweifeln.
Doch wie dies immer sei, mag nun die Sonne
Im Himmel herrschend, ob der Erde gehn,
Mag ob der Sonne nun die Erde wandeln,
Mag sie in Osten ihre Bahn beginnen,
Und sie aus Westen in dem stillen Lauf
Mit sanftem Schritt, der in der friedlich sich
Umdrehenden Achse schlummert, vorwärts gehn
Und in der weichen Luft Dich weiter tragen:
Das forsche nicht, laß tiefgeheime Dinge
Dem Gott da droben, den Du fürchten sollst.
Laß über andre Wesen ihn verfügen,
Wohin er sie nach seinem Willen schuf.
Genieße, was er Dir und Deinem Weib
Verliehn, dies Paradies; der Himmel ist
Für Dich zu hoch, um Alles zu erfahren,
Was dort geschieht; sei klug nur auf der Erde,
Denk daran, was Dein Leben hier betrifft,
Von andern Welten träume nicht, von Wesen,
Die sie bewohnen, noch in welcher Art
Und Gattung dort sie leben. Sei zufrieden
Mit Dem, was Dir nicht von der Erde nur,
Nein auch vom Himmel offenbaret ward.«
Adam entgegnet, frei von Zweifeln, ihm:
»Wie hast Du mich befriedigt, Geist des Himmels
Glanzvoller Engel! Hast mich von Gefahren
Befreit, ein ruhig Leben mich gelehrt,
Dem nicht ein wirres Forschen alle Süße
Des Daseins raubt, von welchem Gott so fern[185]
Die Sorgen scheuchte, wenn wir selbst sie nicht
Mit eitlen Sinnen und Gedanken suchen.
Zwar neigt die Phantasie sich gern dazu,
Endlos und schrankenlos umherzuschweifen,
Bis sie durch Warnung und Erfahrung lernt,
Daß nicht das Wissen der uns fernen, dunklen
Geheimen Dinge frommt, daß aber Kenntniß
Der Dinge, die das Leben täglich beut,
Die wahre Weisheit ist; was drüber liegt,
Ist Dunst und leeres ungereimtes Trachten,
Das uns für nöthige Dinge thöricht macht,
Das ungeübt wir nur zu Grüblern werden.
Drum laß von diesem hohen Gipfel uns
Herniedersteigen und von nützlichen
Uns nähern Dingen reden, wo sich Manches
Darbieten wird, um schicklich Dich zu fragen,
Wie's Deine Huld und Güte mir gewährt.
Ich hörte Dich erzählen, was geschah,
Bevor ich war; vernimm jetzt den Bericht
Und meiner eigenen Geschichte Gang,
Die Du vielleicht noch nicht gehört. Der Tag
Ging noch nicht unter, und Du siehst wie sein
Und schlau ich Dich so lange halten möchte,
Indem ich Dich mich anzuhören bitte,
Doch in der Hoffnung, daß Du mir erwiderst.
Im Himmel dünk' an Deiner Seit' ich mich,
Und süßer ist dem Ohre Dein Gespräch,
Als wie der Palme Frucht dem Durst und Hunger
Zugleich ist, nach des Tages Müh' genossen;
Sie sättigt bald, wenn noch so lieblich auch,
Jedoch Dein Wort, voll Götterhuld und Gnade,
Fügt nimmer Sättigung zur Süßigkeit.«
Mit Himmelsmilde sprach dann Raphael:
»Adam, nicht Anmuth mangelt Deiner Lippe,
Und Deiner Zunge nicht Beredsamkeit;
Denn Gott ertheilte Deinem Innern auch
Wie Deinem Aeußern reichlich seine Gaben,
Sein Ebenbild; ob redend oder stumm[186]
Umschweben Liebreiz Dich und Zierlichkeit,
Bei jedem Wort und jeglicher Bewegung.
Auch halten wir im Himmelsraume Dich
Als Mitgenossen und erforschen gern
Die Wege Gottes mit dem Menschenstamm:
Denn wir erkennen, Gott hat Dich geehrt
Und gleiche Liebe Dir ertheilt; drum rede!
Denn fern war ich an jenem großen Tag,
Auf mühevoller finstrer Wanderung,
Auf einem weiten Zug zur Höllenpforte;
In Schaaren wachten wir, (so war's Befehl)
Daß Keiner draus als Späher oder Feind
Entkäme, während Gott im Schaffen war,
Damit er nicht ob solcher Frechheit zürnend
Zerstörung mit der Schöpfung mischen müsse.
Zwar dürften ohne seinen Willen Jene
Dies nimmer wagen, doch er sendet uns
Als unumschränkter Herrscher mit Befehlen
Bei wicht'gen Dingen, unsern Dienst zu proben.
Die Schreckensthore waren fest geschlossen,
Und dicht verriegelt; aber lange noch,
Bevor wir nahten, hörten innen wir
Ein Tosen, anders als der Klang von Sang
Und Tanz, nur Jammerlaut und Pein und Rasen.
Froh kehrten wir empor zu Lichtgefilden
Noch vor dem Sabbathabend, wie's befohlen.
Doch nun erzähle, denn nicht minder laben
Mich Deine Worte, wie die meinigen Dich.«
Also der Engel, worauf Adam sprach:
»Dem Menschen ist es schwierig, seines Lebens
Anfang zu künden. Wer kennt sein Beginnen?
Der Wunsch nur, länger noch mit Dir zu sprechen,
Verlockte mich dazu. Wie neu erwacht
Aus tiefstem Schlaf, auf Blumenrasen liegend,
So fand ich in balsamischem Schweiße mich,
Den bald die Sonnenwärme trocknete,
Und aus dem feuchten Dampfe Nahrung sog.
Erstaunt wandt' ich mein Auge schnell zum Himmel,[187]
Und blickt' ein Weilchen in die weite Luft;
Bis ich, von innrer Regung rasch gehoben,
Aufsprang und aufrecht auf den Füßen stand.
Rund um mich her sah Thäler ich und Berge,
Und Schattenwälder, sonnige Flur und Flüsse,
Geschöpfe rings, die sich lebendig regten,
Und gingen oder flogen; Vögel sangen
Im Laube, lachend kam mir Alles vor,
So daß mein Herz von Freuden überfloß.
Dann untersucht' ich meinen eignen Leib,
Bestaunte jedes Glied und schritt einher,
Dann lief ich mit behendem Fuß, wie mich
Lebend'ge Kräfte spornten; aber wer,
Warum und wo ich war, das wußt' ich nicht.
Zu sprechen auch versucht' ich – und ich sprach,
Die Zunge nannte mir gehorsam Alles,
Was ich erblickte. Schönes Licht, o Sonne!
So sprach ich, und Du Erde, frisch und schmuck,
Von ihr erhellt! Ihr Berge, Thäler, Flüsse,
Ihr Wälder, Auen und ihr Prachtgeschöpfe,
Die ihr euch regt und lebt, verkündet mir,
Wenn ihr es saht, wie ich geschaffen ward,
Wie ich hierher kam? Doch nicht durch mich selbst!
Durch einen großen Schöpfer sicherlich,
Deß Macht und Güte grenzenlos und herrlich;
O sagt mir, wie ich jemals ihn verehren
Und kennen kann, ihn, der mir Leben gab,
Mich regen läßt, und mich glücksel'ger fühlen,
Als wie ich weiß! Indem ich also rief,
Und hier und dahin irrend von dem Ort,
Wo ich die erste Luft, das erste Licht
Geathmet und erblickt, da setzt' ich mich,
Als mir nicht Antwort wurde, sinnend nieder
Auf eine blumenreiche Rasenbank.
Dort faßte mich zuerst der süße Schlaf
Und wand mit sanftem Druck sich um die Sinne,
Doch nicht beängstigend, ich meinte nur,
Ich kehrte, des Gefühls beraubt, zum frühern
Zustand zurück, um so mich aufzulösen,[188]
Als plötzlich meinem Haupt ein Traum sich nahte,
Deß innres Bild die Phantasie erregte,
Mich glauben ließ, daß ich noch wirklich lebe.
Ein Wesen kam von göttlicher Gestalt
Und sprach zu mir: Adam, erhebe Dich,
Ein Raum harrt Deiner, stehe darum auf,
Du erster Mensch, der Du bestimmt zum Vater
Zahlloser Menschen bist gerufen; jetzt
Komm ich als Führer Dir in Deinen Wohnort,
Im schönen Garten höchster Seligkeit.«
So sprechend hob es an der Hand mich auf
Und führte leicht mich über Land und Wasser,
Als glitt ich ohne Tritte durch die Luft,
Bis ich zuletzt auf wald'gem Berge stand,
Deß hoher Gipfel flach und weit sich dehnte,
Umzäunt mit Bäumen, und bepflanzt mit Lauben.
Was ich zuvor auf Erden sah, erschien
Mir kaum mehr lieblich. Jeder Baum, mit Früchten
Der schönsten Art beladen, reizte mir
Den Sinn und plötzliches Gelüst, zu kosten, –
Da wacht' ich auf, und fand als Wirklichkeit,
Was mir der Traum so lebhaft vorgespielt,
Mein Wandern wäre nun auf's Neu begonnen,
Wenn nicht mein Führer unter Bäumen mir
Erschienen wär'. Anbetend sank ich nieder
Zu seinen Füßen, demuthsvoll entzückt,
Er aber hob mich auf und sagte mild:
Ich bin es, den Du suchst, der Schöpfer Dessen,
Was droben, drunten, um Dich her Du siehst.
Ich gebe Dir dies Paradies, betracht' es
Als Eigenthum, bebau' und unterhalt' es
Und speise von den Früchten jedes Baumes,
Der in dem Garten wächst, mit frohem Herzen,
Zu keiner Zeit befürchte Noth und Mangel;
Doch von dem Baume, welcher Dir Erkenntniß
Des Guten wie des Bösen schafft, den ich
Als des Gehorsams Unterpfand gepflanzt
Im Garten nahe bei dem Baum des Lebens,[189]
Gedenke meiner Warnung, hüte Dich
Zu kosten, scheue jene bittern Folgen;
Vernimm: des Tages, da Du davon issest,
Und mein Gebot nicht achtest, mußt Du sterben,
Von Stund' an wirst Du diesen hohen Stand
Der Seligkeit verlieren und von hier
In eine Welt der Qual und Pein verstoßen.
Mit Ernst und Strenge sprach er das Verbot,
Das furchtbar noch in meinem Ohre tönt,
Obwol es nie von mir mißachtet wird.
Dann nahm er wieder milde Mienen an,
Und kündete voll Gnade seinen Zweck:
Nicht nur dies Eden, nein der ganzen Erde
Gebiet verleih' ich Dir und Deinem Stamm.
Als Herrn besitzet sie und alle Dinge,
Die drauf sich regen, wie in Luft und Meer,
Die Thiere, Vögel, Fische. Sieh darum
All' diese Wesen von verschiedner Art,
Ich bring' sie Dir, damit Du ihnen Namen
Ertheilst und sie in Unterwürfigkeit
Dir huldigen. Dies gilt den Fischen auch
In ihren Wassern, die ich nicht berief,
Weil sie ihr Element nicht ändern können,
Und dünnere Luft zu athmen nicht vermögen.
Indem er also sprach, da nahten sich
Die Thier' und Vögel alle Paar an Paar.
Die ersten beugten schmeichelnd sich vor mir,
Die Vögel ließen sich auf Flügeln nieder.
Wie sie vorüberzogen nannt ich sie
Nach ihrem Wesen, denn der Einsicht Kraft
Verlieh mir Gott; doch fand ich unter diesen
Noch nicht, was jetzo mir zu fehlen schien,
Drum wandt' ich mich zur himmlischen Erscheinung.
Wie soll ich nennen Dich, der Du erhaben
So über mich wie über Alles bist,
Was höher noch als diese Menschheit, der
Du jegliche Benennung überragst![190]
Wie soll ich Dich verehren, großer Schöpfer
Der Welt und all' des Guten für den Menschen,
Für dessen Wohl so reichlich alle Dinge
Mit so freigebigen Händen Du geordnet! –
Nur seh' ich Niemand, der es mit mir theilt.
Was für ein Glück liegt in der Einsamkeit?
Wer kann allein genießen und darin
Zufriedenheit und Seligkeit empfinden?
So sprach ich kühn, worauf die Glanzerscheinung,
Noch glänzender im Lächeln, also sprach:
Was nennst Du Einsamkeit? Ist nicht die Erde
So wie die Luft mit mannichfachen Arten
Lebendiger Wesen angefüllt, die Alle gern
Auf Deinen Wink sich nahn und vor Dir spielen?
Kennst Du ihr Treiben nicht und ihre Sprache?
Auch sie verstehn, verachte nicht ihr Denken,
Mit ihnen suche Deinen Zeitvertreib;
Beherrsche sie, Dein Reich ist groß und mächtig.
So sprach der Herr des Weltenalls befehlend,
So schien es mir; ich bat ihn um Erlaubniß
Und sagte dann demüthig flehend so:
Laß nicht durch meine Worte Dich verletzen,
Du Himmelskraft und Schöpfer, höre gnädig
Jetzt meine Rede. Hast Du mich nicht selbst
Zu Deinem Stellvertreter hier gemacht,
Und die Geringern unter mich gesetzt?
Was für Gemeinschaft, welche Lust und Wonne
Bestände zwischen so Ungleichen je?
Nur wechselseitig zeigt sich dies Gefühl,
In ziemendem Verhältniß dargereicht
Und dann zurück empfangen; doch wo nur
Ungleichheit herrscht, das Starke bei dem Schlaffen,
Kann Harmonie dies beides nicht verbinden,
Und Widerwille tritt bald lästig ein.
Ich rede von Genossenschaft, geneigt
Vernünftiges Vergnügen stets zu theilen.[191]
Doch paßt das Thier nicht als Genoß des Menschen,
Es freut sich auch nur unter seines Gleichen,
Der Löwe paart sich mit der Löwin dort.
Denn weise hast Du paarweis sie gesellt,
Der Fisch wird nicht mit Vögeln sich vermischen,
Mit Affen nicht der Stier; am wenigsten
Der Mensch jedoch mit irgend einem Thier.
Hierauf erwidert Gott nicht ungehalten:
Ein feines Glück erkürest Adam Du
In der Genossin Wahl, Du willst die Lust,
Selbst mitten in der Lust, nicht einsam kosten.
Was denkst Du denn von mir und meinem Loos?
Erscheint Dir meine Seligkeit genügend,
Der ich doch einsam bin von Ewigkeit?
Denn Niemand kenn' ich, der mir ähnlich wär',
Viel minder gleich. Wen hab' ich zum Verkehr,
Als solche Wesen nur, die ich erschuf,
Die viele Grade tiefer unter mir,
Als unter Dir die übrigen Geschöpfe.
Er schwieg, demüthig sprach ich dann zu ihm:
Die Höh' und Tiefe Deiner ew'gen Wege
Zu fassen, höchstes Wesen, dazu reicht
Kein menschlicher Verstand, Du bist ja schon
Vollkommen in dir selbst und ohne Mangel;
Nicht so der Mensch, an dem die Kraft beschränkt,
Der nach Verkehr mit seines Gleichen strebt
Um seinen Fehl und Mangel zu ergänzen.
Du fühlst nicht den Bedarf Dich fortzupflanzen,
Da du bereits unendlich, und als Zahl,
Obwol der Eine nur, unzählig bist;
Jedoch der Mensch muß durch die Zahl ersetzen
Die Unvollkommenheit in seinem Wesen,
Und seines Gleichen zeugen, um sein Bild
Zu mehren, da die Einheit mangelhaft,
Und darum strebt er nach der Gegenliebe
Und nach der Freundschaft zärtlichem Vertrau'n.
Du findest in der Einsamkeit in Dir[192]
Gesellschaft, ohne Mittheilung zu suchen,
Und kannst auch Dein Geschöpf zu jeder Höh'
Des Umgangs heben und vergöttern selbst;
Doch ich vermag gebeugte Thiere nicht
Empor zu richten, noch mich dran zu laben.
So sprach ich muthig, und benutzte wagend
Die mir gewährte Freiheit, und erhielt
Erwidrung von der göttlich gnäd'gen Stimme:
Soweit hab' ich, o Adam, Dich geprüft,
Und finde, daß Du nicht die Thiere nur,
Die Du benanntest, nein dich selber auch
Ganz recht erkanntest; jener freie Geist,
Das Bild von mir, nicht mitgetheilt dem Thier,
Das als Genosse drum für Dich nicht paßt,
Zeigt herrlich sich in Dir. Mit gutem Grund
Verwarfest Du freimüthig jene Thiere;
Bewahre diesen Sinn. Bevor Du sprachst,
Erkannt' ich es als gut, daß nicht allein
Der Mensch verweile, denn der Thiere Schaar,
Die hier Du sahst, war nicht für Dich bestimmt.
Zur Prüfung bracht' ich sie, um zu erkennen,
Ob Du das Sittlich-Schickliche vermißt.
Was jetzt ich bringe, das gefällt Dir sicher;
Ist ganz Dein Abbild, das Dir Hülfe bietet,
Dein andres Selbst; es wird den Wunsch genau,
Ganz nach Verlangen Deines Herzens stillen.
Er schwieg, vielleicht hört' ich das Andre nicht.
Hinfällig ward mein irdisch schwaches Wesen
Vom Himmlischen bewältigt, welches mich
Durch sein erhabnes Reden angestrengt,
Gleichsam von einem Gegenstand geblendet,
Der für den Sinn zu hoch, so sank es nieder
Und suchte durch den Schlummer sich zu stärken,
Der plötzlich mich befiel, wie von Natur
Berufen, und mein müdes Auge schloß.
Mein Auge schloß er, aber offen blieb
Der Sitz der Phantasie, mein innrer Blick,
Durch den ich, dünkt mich, in Verzückung sah[193]
Obwol im Schlafe, wo ich lag, und herrlich
Die Gottgestalt, vor der ich wachend stand.
Sie öffnete die linke Seite mir,
Nahm eine Ribbe draus, die lebenswarm
Vom Herzensäther noch und frischem Blut;
Weit war die Wunde, doch sie füllte schnell
Mit Fleisch sich aus und war darauf geheilt.
Die Ribbe formt er mit der eignen Hand,
Und unter seinen Schöpferhänden wuchs
Bald ein Geschöpf, das zwar dem Menschen gleich,
Doch im Geschlecht verschieden war, so lieblich,
So schön, daß Alles, was bisher als schön
Der Welt gegolten, jetzt gemein erschien,
Ja oder wie in Einem Bild vereint,
In ihr und ihren Blicken nur enthalten,
Die mir in's Herz noch nie vorher gefühlte
Anmuth und Süße flößten; jedem Ding
Ertheilten ihre Mienen Liebeswonnen.
Doch sie entschwand und ließ im Dunkel mich;
Und ich erwachte, sie mir aufzufinden,
Wo nicht, wollt' ich auf ewig den Verlust
Beweinen und auf jede Lust verzichten,
Schon hofft' ich kaum, da stand sie plötzlich da,
Wie ich in meinem Traume sie erblickt,
Geschmückt mit Allem, was nur Erd' und Himmel
An Liebenswürdigkeit verleihen konnten;
Sie nahte sich geführt vom Himmelsschöpfer,
Doch unsichtbar, nur seiner Stimme folgend;
Sie wußte schon der Ehe Heiligkeit
Und heil'gen Bräuche. Jeder Schritt war Huld,
Im Auge lag der Himmel und in jeder
Geberde Lieb' und Würde. Voll Entzücken
Rief ich zum Himmel laut und ungestüm:
Ja dies Geschenk gewährt mir Alles jetzt!
Du gütiger Schöpfer hast Dein Wort erfüllt,
Du Geber alles Schönen, und des Schönsten
Von allen Gaben, die Du nicht beneidest.
Nun seh' ich Bein von meinem Bein, und Fleisch[194]
Von meinem Fleisch, mich selber neu vor mir,
Weib ist ihr Namen, aus dem Mann geschaffen,
Drum wird er Vater, Mutter selbst verlassen
Und seinem Weibe folgen. Beide werden
Ein Fleisch, ein Herz und eine Seele sein.
Sie hörte mich; obwol durch Gottes Hand
Mir zugeführt, so wirkten Unschuld doch
Und jungfräuliche Sittsamkeit und Tugend,
In dem Bewußtsein ihres eignen Werths,
Der nur durch Werbung darf errungen werden,
Der nie sich aufdrängt, und zurückgezogen
Nur um so wünschenswerther stets erscheint;
Kurz die Natur in ihr, obwol ganz rein
Von sündigen Gedanken, wirkte so,
Daß sie bei meinem Anblick schnell sich wandte.
Ich folgt' ihr; Ehre kannte sie und fügte
Sich meinen Gründen mit ergebner Würde.
Zur hochzeitlichen Laube führt ich sie,
Indem sie sanft erröthet' wie der Morgen.
Der Himmel und des Glücks Gestirne gossen
Den höchsten Segen aus auf diese Stunde;
Die Erd' und alle Hügel gaben Zeichen
Um Glück zu wünschen. Fröhlich sangen rings
Die Vögel. Sanfte Lüftchen flüsterten
Im Wald, und streuten Rosen mit den Schwingen,
Und Wohlgeruch umduftete mit Kosen
Gewürzige Stauden, bis der Liebesvogel
Der Nacht das hochzeitliche Lied uns sang,
Und Eil' und Hast dem Abendstern gebot,
Der Laufbahn höchste Spitze zu erreichen,
Um uns die Hochzeitsfackel anzuzünden.
So hab' ich Dir mein ganz Geschick erzählt,
Und die Geschichte bis zum höchsten Punkt
Des Erdenglücks gebracht, das ich genieße.
Ich muß gestehn, an allen Dingen zwar
Find' ich Vergnügen, aber immer nur
Ein solches, das gewohnt wie ungewohnt[195]
Nie Wechsel und Verlangen mir erzeugt.
Ich meine jene Lust von Schau'n und Kosten,
Und den Genuß an Blumen, Frucht und Kräutern,
An Lustgestaden, am Gesang der Vögel;
Doch hier ist anders mein Gefühl; entzückt
Erblick' ich, und entzückt berühr' ich stets,
Zuerst empfand ich hier auch Leidenschaft,
Als fremde Regung, die mich im Genuß
Sonst nie bewegt; hier war allein ich schwach
Beim Zauber jenes mächt'gen Schönheitglanzes.
Entweder fehlte die Natur und ließ
Mir einen Theil zu schwach, nur jenem Anblick
Zu trotzen oder nahm vielleicht zu viel.
Ihr scheint sie wenigstens zu viel verliehn
An äußerm Schmuck und Zier gebildeter,
An innerm minder sorglich ausgeprägt.
Denn wol begreif' ich, daß sie von Natur
Geringer ward begabt mit innern Kräften,
Die immer sich am herrlichsten bewähren.
Im Aeußern gleicht sie minder auch dem Bild
Des Schöpfers, äußert nicht die Uebermacht
Der uns verlieh'nen Herrschaft über Andre;
Doch nah' in ihrer Anmuth, so erscheint
Sie so vollkommen und in sich vollendet,
Sich selbst zu kennen, daß ihr Thun und Reden,
Als Klügstes, Tugendvollstes so wie Bestes
Mich dünket. Alle höhere Macht der Kenntniß
Verliert in ihrer Gegenwart an Werth,
Weisheit verliert selbst im Gespräch mit ihr,
Und gleicht der Thorheit. Anseh'n und Vernunft
Ergeben huldigend sich ihr als Einer,
Die ganz zuerst im Plan der Schöpfung lag,
Und nicht gelegentlich erst ward erschaffen.
Ja! um ihr Wesen ganz zu offenbaren,
So eint sich Adel so wie Seelengröße
In ihr auf's lieblichste: sie schaffen Ehrfurcht
Stets um sie her, gleich einer Engelshut.
Da sprach der Engel, seine Stirne faltend:[196]
»Verklage die Natur nicht, denn sie hat
Ihr Werk gethan, thu' nur das Deine Du,
Mißtraue nicht der Weisheit, sie verläßt
Dich nicht, wenn Du sie nimmer fahren läßt.
Weil Du sie wol am meisten nöthig hast,
Indem Du nichtige Dinge viel zu hoch
Anrechnest? Was bestaunst Du? was enzückt
Dich so? Die äußre Form? Gewiß – sie ist
Recht schön und Deiner Lieb' und Achtung werth,
Doch Deiner Unterwerfung nicht. Erwäg'
Und schätze dann; denn oftmals wol vermag
Selbstschätzung, auf gerechtes Maß begründet,
Zu frommen; und jemehr Du diese Kunst
Verstehst, um desto mehr erkennt sie Dich
Als Haupt an, und giebt Deinem wahren Werth
Den Vorzug gern vor allem ihren Schein.
Sie ward so schön zu Deiner Lust erschaffen,
So hehr, damit Du sie voll Würde liebst;
Dein Weib, die weiß, wenn minder klug Du bist.
Doch wenn Dir der Genuß der Fortpflanzung
Als höchstes Lustgefühl vor Allem scheint,
So denke, daß dem Thier auch dieser Sinn
Verliehen ward, den dieses nicht erhalten,
Wenn anders dies Gefühl die Menschenseelen
Zu fesseln und zu binden wär' im Stand.
Was Hohes Du an Deinem Weibe findest,
Das Menschlichreizende, Vernünft'ge liebe;
Die Liebe ziemt Dir, nicht die Leidenschaft,
Worin die wahre Liebe nicht besteht.
Die Liebe läutert die Gedanken, weitert
Das Herz, und hat den Thron in der Vernunft,
Sie ist die Leiter, die zur Himmelsliebe
Empor Dich führt, sobald Du nicht versinkst
In Sinnenlust. Darum ward unter Thieren
Für Dich nicht die Gefährtin ausgesucht.«
Adam erwidert halb verschämt ihm so:
»Nicht ihre schöngeformte Huldgestalt,
Noch auch die Sinnenlust, gemein mit Thieren,[197]
Obwol ich vor geweihter Ruh' des Menschen
Weit höher denke, (voll geheimer Achtung)
Ergötzt mich so, als jene Zier und Anmuth
Der Sittsamkeit, die sich in Wort und That
Gepaart mit Lieb' und Freundlichkeit, verkündet,
Drin der Verein sich der Gemüther zeigt,
Daß in uns Beiden eine Seele wohnt.
Eintracht bei einem Liebespaar zu seh'n,
Ist lieblicher, denn Wohllaut für das Ohr.
Doch alles Dies kann mich nicht unterjochen;
Ich künde, was im Innern ich gefühlt,
Doch darum nicht geblendet, weil der Blick
So manchen Gegenstand erfaßt, vom Sinn
In vielerlei Gestalten dargestellt;
Denn frei erwähl' ich stets das Beste mir
Und folge Dem nur, was ich billige.
Du tadelst meine Liebe nicht, denn Liebe
Führt, wie Du sagst, empor zum Himmel mich,
Sie ist der Pfad und auch die Führerin.
O sprich, wenn es erlaubt zu fragen ist,
Und sag' mir: Lieben denn des Himmels Geister,
Wie äußern sie die Liebe? Blos durch Blicke?
Vermischen sie durch ihre Strahlen sich,
Berühren sie sich wirklich oder geistig?«
Der Engel sprach mit einem Lächeln drauf,
Das von des Himmels Rosenroth erglühte,
Dem Farbenglanz, der eigen ist der Liebe:
»Mag Dir's genügen, glücklich uns zu wissen,
Denn ohne Lieb' ist keine Seligkeit.
Was Du als rein an Deinem Leib genießest,
(Und rein wardst Du geschaffen) das genießen
Erhöht wir, ohne Hinderniß der Haut,
Der Glieder und Gelenke, die beschränken.
Doch leichter, als die Luft mit Luft, vermischen
Sich Geister gänzlich, ein Verein des Reinen
Mit Reinem, sind nicht durch Vermittlung
Beschränkt, wie wenn sich Fleisch mit Fleisch vermischt,
Nur Seel' in Seele; – doch jetzo vermag[198]
Ich nicht zu weilen mehr; die Sonne sinkt
Jenseits der Erde grünem Vorgebirg
Und der umblühten Hesperideninseln,
Das treuste Zeichen, daß ich scheiden muß.
Sei kräftig, lebe glücklichfroh und liebe,
Vor Allem ihn, denn lieben heißt gehorchen,
Und halte treu sein mächtiges Gebot.
Laß Leidenschaft Dein Urtheil nicht verleiten,
Etwas zu thun, das wider freien Willen.
Dein so wie Deiner Söhne Wohl und Weh
Liegt ganz in Deiner Macht, drum hüte Dich!
Ich freue mich sammt allen Seligen.
Wenn kräftig Du beharrst; steh fest! Denn steh'n
Und fallen liegt in Deiner freien Wahl.
In Dir vollkommen, such' nicht äußre Hülfe,
Und die Versuchung weise kühn zurück.«
So sprach er sich erhebend. Adam folgte
Mit Dank und Segen: Da Du scheiden mußt,
So lebe wohl, ätherischer Himmelsbote,
Von ihm gesandt, deß Gnad' ich hoch verehre.
Huldvoll und gütig ließt Du Dich herab;
Dankbar erinnernd werd' ich Dein gedenken,
Sei freundlich stets dem menschlichen Geschlecht
Und kehre noch recht oft zur Erde wieder.
So schieden sie: der Engel stieg gen Himmel
Aus dichtem Schatten, Adam ging zum Hain.
Ausgewählte Ausgaben von
Das verlorene Paradies
|
Buchempfehlung
Als E.T.A. Hoffmann 1813 in Bamberg Arbeiten des französischen Kupferstechers Jacques Callot sieht, fühlt er sich unmittelbar hingezogen zu diesen »sonderbaren, fantastischen Blättern« und widmet ihrem Schöpfer die einleitende Hommage seiner ersten Buchveröffentlichung, mit der ihm 1814 der Durchbruch als Dichter gelingt. Enthalten sind u.a. diese Erzählungen: Ritter Gluck, Don Juan, Nachricht von den neuesten Schicksalen des Hundes Berganza, Der Magnetiseur, Der goldne Topf, Die Abenteuer der Silvester-Nacht
282 Seiten, 13.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.
468 Seiten, 19.80 Euro