Zwölfter Auftritt.

[51] Harpagon. Mariane. Elise. Cleanthe. Valere. Frosine.


HARPAGON zu Mariane. Ich bitte Euch, mich zu entschuldigen, meine Schöne, daß ich nicht daran gedacht habe, Euch vorher eine kleine Kollation anzubieten.

CLEANTHE. Dafür habe ich gesorgt, Vater. Ich habe einige Schalen mit Apfelsinen, süßen Zitronen und Konfekt bestellt, die ich in Eurem Namen habe holen lassen.[51]

HARPAGON leise zu Valere. Valere!

VALERE. Er muß übergeschnappt sein!

CLEANTHE. Findet Ihr's vielleicht nicht genug? Das Fräulein wird Nachsicht haben.

MARIANE. Es war ja gar nicht nötig!

CLEANTHE. Habt Ihr jemals, mein Fräulein, einen Diamant schöner funkeln sehen als diesen hier, den mein Vater am Finger trägt?

MARIANE. Es ist wahr, er hat ein ungewöhnliches Feuer.

CLEANTHE zieht den Diamant vom Finger seines Vaters und überreicht ihn Mariane. Ihr müßt ihn in der Nähe betrachten.

MARIANE. Gewiß, er ist sehr schön und spielt in den herrlichsten Farben.

CLEANTHE stellt sich vor Mariane, die den Ring zurückgeben will. O nein, mein Fräulein, er ist in viel zu schönen Händen. Mein Vater macht Euch ein Geschenk damit.

HARPAGON. Ich?

CLEANTHE. Nicht wahr, Vater, Ihr wollt, daß das Fräulein ihn Euch zuliebe behalte?

HARPAGON leise zu seinem Sohn. Was?

CLEANTHE zu Mariane. Da ist nichts zu besinnen. Er macht ein Zeichen, daß ich Euch bitten soll, ihn anzunehmen.

MARIANE. Ich will aber doch nicht ...

CLEANTHE zu Mariane. Ihr scherzt wohl? Es fällt ihm nicht ein, ihn wiederzunehmen.

HARPAGON beiseite. Das ist ja um des Teufels zu werden!

MARIANE. Das wäre ...

CLEANTHE der Mariane immer verhindert, den Ring zurückzugeben. Nein, sage ich Euch; Ihr würdet ihn kränken.

MARIANE. Ich bitte ...

CLEANTHE. In keinem Fall!

HARPAGON beiseite. Daß ihn doch die Pest ...

CLEANTHE. Seht nur, er wird schon ungehalten über Eure Weigerung.

HARPAGON leise zu seinem Sohn. Halunke!

CLEANTHE zu Mariane. Ihr werdet ihn zur Verzweiflung bringen![52]

HARPAGON leise zu seinem Sohn, dem er droht. Schurke!

CLEANTHE. Vater, es ist nicht meine Schuld. Ich dringe in sie, soviel ich kann, daß sie den Ring behalte: aber sie ist unerbittlich.

HARPAGON leise und drohend. Du Galgenstrick!

CLEANTHE zu Mariane. Ihr habt es auf dem Gewissen, mein Fräulein, daß mein Vater mit mir zankt.

HARPAGON leise zu Cleanthe mit demselben Spiel. Bösewicht!

CLEANTHE. Ihr werdet ihn noch krank machen: ich bitte Euch um alles, mein Fräulein, weigert Euch doch nicht länger!

FROSINE. Mein Gott, was für Umstände! Behaltet doch den Ring, wenn der gnädige Herr es durchaus will!

MARIANE. Um Euch nicht zu erzürnen, behalte ich ihn jetzt und werde ihn Euch zu gelegener Zeit wieder zurückgeben.


Quelle:
Molière: Der Geizige. Leipzig [o. J.], S. 51-53.
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