Zweiter Auftritt.

[50] Königin. Salomon.


SALOMON.

Vom Mahle brichst du auf,

Behagt mein Fest dir nicht?

Wie? eine Wolke trübt dein Angesicht?


Mit auffordernder Gebärde an die Tanzenden.


Verscheuche sie Musik und Tanz.


Der Tanzchor rauscht lebhaft herbei.


KÖNIGIN.

Genug!


Der Tanzchor zieht sich zurück. Die Vorhänge schließen sich.


Zögernd.


Berauschend ist des Festes Glanz,

Und doch. –

SALOMON.

Sag, Herrin, dein Begehren!

KÖNIGIN.

Willst du mir einen Wunsch gewähren?

SALOMON.

Mein halbes Königreich!

KÖNIGIN.

Zuviel!

Nur einer Laune leichtes Spiel!

Ein Nichts!

SALOMON.

Sprich!

KÖNIGIN.

Jenes Jünglings Leben,

Das deiner Priester Ingrimm preisgegeben![50]

SALOMON zurücktretend.

Wie, Assad?

KÖNIGIN leicht.

Assad nennt er sich?

Nun wohl, für Assad bitt' ich dich.

SALOMON ernst.

Nicht mir gehört des Frevlers Leben,

Dem strengen Richtspruch ist's geweiht!

KÖNIGIN.

Des Königs Hand kann alles geben

Und weigert mir die Kleinigkeit?

SALOMON.

Was ist er dir?

KÖNIGIN stolz.

Was er mir ist?


Verächtlich.


Ein Nichts, das ich kaum weiß zu nennen!

Doch alles, um jetzt zu erkennen,

:,: Ob du dem Gast gewogen bist. :,:


Schmeichelnd.


Sein Leben!

SALOMON.

Forderst du's von mir?

In jener Stunde hing sein Blick an dir,

Du konntest ihn vom Bann erlösen,

:,: Und deinem Herzen ist er fremd gewesen. :,:

KÖNIGIN.

Ha! Mein erster Wunsch, :,: dir gilt er nichts! :,:

Begehrtest du von mir als Gabe,


Mit Größe.


Was meine Krone Höchstes schmückt,

:,: Dir böt' ich alles, was ich habe,

Wenn es dich einen Tag beglückt. :,:

Ein Weib, das unter Flehen zum erstenmal sich neigt,

:,: Das kannst du fühllos sehen und deine Großmut schweigt? :,: Ach!

SALOMON.

Locke nur mit jenen Tönen,

Mit denen du sein Herz berückt,

Nie wird mein Ohr den Sinnen frönen,

Ich habe deinen Plan durchblickt![51]

KÖNIGIN.

Noch einmal, wer er immer sei,


Weich, zögernd.


Ich flehe –


Bestimmt.


fordre! Gib ihn frei!


Der König, der abgewendet stand, wendet sich bei dem Worte »fordre« hastig der Königin zu. Dann geht er, heftig erregt, das Gesicht abgewendet an ihr vorüber.


Er schweigt – o Schmach – o bittrer Schmerz.

Es kocht mein Blut – es zuckt mein Herz.


Bühnenmusik.


SALOMON verbindlich.

Willst du zum Fest zurück nicht kehren?

Es harret dein, o Königin!

KÖNIGIN heftig.

O bittre Schmach, mich nicht zu hören,

Du letzte Hoffnung fahre hin!


Sie richtet sich groß auf und tritt auf Salomon zu. Mit unterdrückter Stimme.


So gilt dir meine Gunst so wenig?

Höhnst du die Königin, den Gast?

Gib acht, gib acht, du stolzer König,

Wen du von dir gewiesen hast!

Die Stunde wirst du noch verklagen,

Da du gehört mich zu dir flehn,

Gib acht, gib acht, in spätern Tagen

Wirst du mich wiederkommen sehn,

Dann stolzer Fürst, dann sollst du zittern,

Wenn der Vergeltung Stunde naht.

Wenn Sabas Eisenlanzen splittern,

Wenn Zions Thron in Trümmer sinkt,

Dann zittre, du stolzer Fürst!

SALOMON.

Mich schreckt nicht dein Drohen!

Der Gott, der meinen Thron gegründet,

Er heischt die Wahrheit und das Licht!

Die Fackel, so die Nacht entzündet,[52]

Verlöscht vor seinem Angesicht.

Dein Drohen macht mich nicht erzittern,

Du findest mich zum Kampf bereit!

KÖNIGIN.

Fahr' wohl! Jetzt Götter! steht mir bei,

Was es auch gilt – ich mach' ihn frei!


Sie stürzt ab.


SALOMON.

Fahre hin!


Quelle:
Karl Goldmark: Die Königin von Saba, nach einem Text von H.S. Mosenthal, Leipzig [1912], S. 50-53.
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