Fünfter Auftritt

[38] Falstaff. Herr Fluth, als Bach verkleidet.

Nr. 6. Rezitativ und Duett Reztativ


FLUTH. Gott grüß Euch, Sir! Ich bin sehr hochbeglückt, den großen, den weltberühmten Ritter John Falstaff hier zu sehn!


Gegenseitige Verbeugung.


FALSTAFF geschmeichelt. Oh! ... Ihr beschämt mich! Beiseite. Ein charmanter Mann!

FLUTH.

Mein werter Sir, ich war so dreist,

Euch einen Morgentrunk hierher zu senden.

FALSTAFF.

Ist's Euch genehm, so trinken wir ihn gleich.

FLUTH.

Von Herzen gerne!

Falstaff schenkt ein sie verbeugen sich gegeneinander.


BEIDE.

Wohl bekomm' es Euch! Sie trinken.[38]

FALSTAFF. Vortrefflich! – Doch wer seid Ihr, werter Sir? Und was führt Euch zu mir?

FLUTH. Ich heiße Bach.

FALSTAFF. Bach!

FLUTH.

Und bin ein Mann,

Der vieles durchgebracht.

FALSTAFF.

Da habet Ihr, Herr Bach, es ganz wie ich gemacht.

FLUTH.

Doch bleibt mir noch ein gutes Sümmchen übrig,

Das ich nicht schonen will bei einem Unternehmen,

Zu dem ich Euern Rat erbitten möchte.

FALSTAFF.

Ein Abenteuer?

FLUTH.

Ja, so ist's – und da Ihr, teurer Sir,

Als ein galanter Kavalier bekannt,

Den jede Frau erhört, so wend' ich mich an Euch.

Erfahret denn:


Geheimnisvoll.


ich bin verliebt zum Rasen

In eine Madame Fluth und muß die Frau besitzen,

Und wenn ich drüber sterben soll!

FALSTAFF für sich.

Ha, alle Wetter, das wird int'ressant!

Der kommt in mein Gehege!


Laut.


Ich kenn' sie wohl, es ist ein liebes Weibchen!

FLUTH beiseite.

Du Höllenhund!


Laut.


Doch ist sie stets bewacht

Von ihrem eifersüchtigen Gemahl.

Kennt Ihr ihn auch?

FALSTAFF.

Ich hab' ihn nie gesehn,

Doch sagt man allgemein, er sei ein ausgemachter Narr

Und habe sehr viel Geld.

FLUTH beiseite.

Die Pest in deinen Hals!


Laut.


Mein teurer Sir –

Weil dieses Weibchen mich durchaus verschmäht,

So bitt' ich Euch, probiert bei ihr das Glück!

Ihr seid ein feiner, ein sehr gewandter Mann,

Dem sie gewiß nicht widerstehen kann!

FALSTAFF geschmeichelt.

Ihr traut mir sehr viel zu –

FLUTH beiseite.

Ja, jede Schändlichkeit!


Laut.


Doch damit alle Mittel zu Gebote stehn,

Erlaubet Ihr mir wohl, den Beutel Gold

Euch zur Verfügung hier zu lassen ...


Er legt einen Beutel mit Gold auf den Tisch.
[39]

FALSTAFF für sich.

Nun, das wird doch ein Esel sein!


Zu ihm.


Herr Bach! Ihr seid ein wackrer Mann!

Ich zweifle nicht, das Weibchen zu erobern.

FLUTH heftig.

So, glaubt Ihr? –


Sich fassend.


Oh, das wäre herrlich!

FALSTAFF.

Allein, was habt denn Ihr davon,

Wenn sie mich nun erhört?

FLUTH.

Das ist ganz einfach. Seht,

Sie deklamieret stets von ihrer Tugend;

Doch könnt' ich vor sie treten

Mit irgendeiner sicheren Entdeckung

Vom Gegenteil, so würd' auch ich erhört.

FALSTAFF.

Ist's weiter nichts als das? Da helf' ich Euch sogleich!

FLUTH beiseite.

Ich komme um vor Wut!


Laut.


Wie das? Erkläret Euch!

FALSTAFF lacht.

Hahahaha! Euch kann ich es ja sagen – so hört:


Langsam und sehr selbstgefällig.


Ich habe selbst seit ein'gen Tagen

Mit ihr ein zärtliches Verhältnis.

FLUTH auffahrend.

Tod und Teufel!

FALSTAFF.

Was sagt Ihr, Sir?

FLUTH sich fassend.

Ich sagt' ... ich hege keinen Zweifel

Und bin vor Freude außer mir!

Erzählt doch weiter!

FALSTAFF.

Ich hatte gestern schon ein Stelldichein bei ihr,

Doch als wir eben im vertraulichen Gespräch,

Da kommt ihr Mann, der Narr,

Der eifersücht'ge Kerl gelaufen

Mit einem ganzen Rudel Nachbarn. Weiß der Teufel,

Woher er Wind bekommen von der Sache;

Genug – er kam und tobt' und schrie

Umher, als wär' er toll.

FLUTH erstaunt.

Als Ihr noch da war't?

FALSTAFF.

Nun freilich! – Doch zum Glücke

War eben eine Freundin da,

Die des Verwünschten Ankunft eilig uns verriet.

Die lieben Weibchen, sie wußten schnell zu helfen

Und sie versteckten mich in –[40]

FLUTH.

Nun?

FALSTAFF.

In einem großen Waschkorb.

Duett.


FLUTH.

In einem Waschkorb?

FALSTAFF.

Ja, Sir Bach, nun denkt Euch nur!

Die gewichtige Statur!

Eingepökelt lag ich drinnen,

Ganz bedeckt mit alten Linnen,

Bis der Themse schnöde Flut

Kühlte meiner Liebe Glut.

Ach, Sir Bach, bedenket nur,

Die gewichtige Statur!

FLUTH.

I! Das geht mir wirklich nah!

Traurig ist, was Euch geschah.

Ihr seid herzlich zu beklagen!

Alles das habt Ihr ertragen

Um die niedliche Frau Fluth?

Ei, was doch die Liebe tut!

FALSTAFF.

Ja, denkt nur!

FLUTH.

Ei, was doch die Liebe tut.

Doch da ist wohl das Verlangen

Nach dem Weibchen Euch vergangen?

FALSTAFF.

Ja beinah – denn hätt' ich Lust,

Läg' sie heut noch an meiner Brust.

FLUTH für sich.

Himmel! Hölle! – Fassung! Ruh!


Freundlich.


Wie? So schnell käm't Ihr dazu?

FALSTAFF.

Ja, ein Sieg ist leichte Mühe,

Wenn man so wie ich gefällt,

Und sie hat auf heute frühe

Mich schon wieder hinbestellt.

Dann wird ihr Mann, das Ungeheuer,

Auf die Vogelbeize gehn ...

Ein Weibchen, fängt es einmal Feuer,

Bleibt nicht auf halbem Wege stehn!

Bleibt nicht so leicht auf halbem Wege stehn.

FLUTH.

Nun, Ihr geht doch hin, Sir John?

FALSTAFF steckt den Beutel mit Geld ein.

Euch zuliebe tu ich's schon.[41]

FLUTH.

Tausend Dank, mein werter Sir!


Beiseite.


Walfisch! Das bezahlst du mir!

FALSTAFF.

Zeit ist's schon zum Stelldichein,

Und das Täubchen wird schon spähen.

BEIDE nacheinander.

Heut wird alles besser gehen,

Und wir werden glücklich sein!

Welche Hoffnung! Welche Freude!

Nur geschwind zum Stelldichein!

FALSTAFF.

Wie freu' ich mich, wie freu' ich mich,

Wie treibt mich das Verlangen!

Wir beide kriegen sicherlich

Das Weibchen noch zu fangen

Und drehen ihrem Ehemann

Ein paar gewalt'ge Hörner an.

Hahahahahaha!

FLUTH.

Ha! Wie freu' ich mich, wie freu' ich mich,

Wie treibt mich das Verlangen!

Noch heut bekomm ich sicherlich

Den saubern Herrn zu fangen;

Mit wahrer Wonne denk' ich dran,

Wenn ich dich tüchtig prügeln kann!

Hahahahahaha!

BEIDE.

Wie freu' ich mich,

Wie treibt mich das Verlangen!

Wir beide kriegen sicherlich

Das Weibchen noch zu fangen!

Welche Hoffnung! Welche Freude!

Es ruft die Stunde schon zu ihr zum Stelldichein,

Wir werden sicher heute beide glücklich sein,


Sie umarmen sich.


Lebt wohl denn!

FLUTH ihn umarmt haltend, abgewandt.

Recht bald durchprügl' ich dich.

FALSTAFF ebenso.

Der Tölpel dauert mich!

BEIDE.

Wir werden beide glücklich sein.

Die Stunde ruft zum Stelldichein,

Wir werden beide glücklich sein!


Beide gehen ab.


[42] Verwandlung


Garten hinter Reichs Hause, welches den Hintergrund bildet

Verschiedene Baumgruppen, wovon eine zu jeder Seite, ganz im Vordergrunde.

Nr. 7.

Szene, Romanze, Duettino und Quartettino


Quelle:
Otto Nicolai: Die lustigen Weiber von Windsor. Stuttgart 1962, S. 38-43.
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