Fünfter Auftritt


[363] Schnoferl. Gigl. Vorige.


SCHNOFERL Gigl vorstellend. Hier, meine Charmantesten, hab' ich die Ehre, Ihnen meinen Freund vorzustellen.

PEPPI. Sie verzeihen!

ROSALIE. Bei uns is alles so in Unordnung, wir war'n gar nicht gefaßt.

SABINE. Wir erhalten nie Besuche.

SCHNOFERL zu Gigl. Is das was Liebes – diese gänzlich unbesuchten Geschöpfe. So red doch was.[363]

ROSALIE. Wir haben gar keine Zeit, Bekanntschaften zu machen.

SABINE. Sind immer so mit Arbeit überhäuft.

SCHNOFERL leise zu Gigl. Siehst, sie haben gar keine Zeit, diese guten überhäuften Geschöpfe. Red doch was, sag eine Galanterie.

GIGL. Ich bin so frei –

SCHNOFERL zu den Mädchen. Sehn Sie, Sie haben glaubt, er is so schüchtern, und jetzt sagt er's selber, daß er so frei is, o 's is ein lustiger Ding, jetzt noch nicht, aber später vielleicht.

PEPPI Gigl einen Stuhl anbietend. Is es gefällig Platz zu nehmen?

GIGL. Ich bin so frei.

ROSALIE zu Sabine. Die hat nit warten können, bis wir ihm einen Sessel offerieren.

SABINE. Sie will die Zuvorkommende spielen.

SCHNOFERL leise zu Gigl. Sag jetzt was vom »Schlaf nicht austragen« oder »Platz an Ihrer grünen Seite«, oder sonst was, was doch den Mann von Welt charaktrisiert.

GIGL. Ich bin so frei.

SABINE. Das sind Sie nicht, im Gegenteil, Sie sind bescheiden.

ROSALIE. Und das is das, was wir schätzen an einem Mann.

SABINE. Wenn man Männer mit Blumen vergleichen dürft' –

ROSALIE. So könnt' man Ihnen mit dem bescheidenen Veilchen vergleichen.

SABINE ärgerlich beiseite. Das is stark, die schnappt mir 's Wort vom Maul weg und der klassische Gedanken is von mir.

SCHNOFERL. Erlauben Sie, daß ich gegen das unverdiente Renommee dieser Blume einen Einspruch tu'. Das Veilchen dringt sich z' allererst hervor, kann's kaum erwarten, bis 's Frühjahr wird, überflügelt sogar das Gras, damit's nur ja früher als alle andern Blumen da is auf'n Platz, wo steckt da die Bescheidenheit? Aber 's geht schon so, so kommt auch mancher Mensch zu einem Renommee, er weiß nicht wie. Weltlauf!

PEPPI hat Gigl betrachtet, für sich. Ich find' er sieht ganz mein Eduard gleich. –[364]

ROSALIE ebenso. Augen hat er, wie der Subjekt, der immer aus der Offizin da drüben auf mich herüberschaut.

SABINE ebenso. Den Wuchs hat er ganz von dem herrschaftlichen Laufer, der mir so nachsetzt.

GIGL leise zu Schnoferl. Sag mir nur, wegen was d' mich herg'führt hast?

SCHNOFERL leise zu Gigl. Undankbarer, um dir zu zeigen, daß außer deiner Thekla die schöne Welt noch nicht mit Brettern verschlagen ist.

GIGL leise zu Schnoferl. Ich soll also einer die Cour machen?

SCHNOFERL leise. Freilich.

GIGL wie oben. Welcher denn?

SCHNOFERL. Egal, die Sabin is schön wie ein Engel, die Rosalie und Peppi sind schön wie die Engeln, also is es ein Teufel die welche du nimmst.

GIGL. Nein, du, es geht nicht!


Quelle:
Johann Nestroy: Werke. München 1962, S. 363-365.
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