Einundzwanzigster Auftritt

[323] Vorige. Salome.


SALOME zur Mitte hereineilend. Mussi Titus! Mussi Titus! Erschrickt über die Anwesenden, ohne jedoch Flora zu bemerken, und bleibt unter der Tür stehen.

FRAU VON CYPRESSENBURG, NOTARIUS UND CONSTANTIA. Was soll das?

SALOME schüchtern. Ich bitt' um Verzeihn –

FRAU VON CYPRESSENBURG. Was hat die Person hier zu suchen?

SALOME. Den Mussi Titus; die Frau Gartnerin schreit ihn für einen Dieb aus.

FRAU VON CYPRESSENBURG. Die ist ja hier.

SALOME Flora gewahr werdend. Richtig! Na, dann soll sie's selber sagen.

FRAU VON CYPRESSENBURG. Was denn?

SALOME. Nix; sie winkt mir ja, daß ich nix sagen soll.

FRAU VON CYPRESSENBURG. Heraus jetzt mit der Sprache.

SALOME. Nein, solang die Frau Gartnerin dort so winkt, kann ich nit reden.

FRAU VON CYPRESSENBURG zu Flora. Das werd' ich mir verbitten. Zu Salome. Also, was ist's?

SALOME verlegen. Die Frau Gartnerin hat dem Plutzerkern g'sagt, und der Plutzerkern hat mir den Auftrag geben –

FRAU VON CYPRESSENBURG ungeduldig. Was denn?

SALOME. Der Mussi Titus soll die Perück'n z'ruckgeb'n.

FRAU VON CYPRESSENBURG UND CONSTANTIA erschrocken.

SPUND. Was für eine Perucken?

TITUS die graue Perücke abnehmend. Diese da.

SPUND erzürnt, als er den Betrug merkt. Was wär' das?! Du Bursch du! –

CONSTANTIA für sich. O weh! jetzt ist alles verloren!

FRAU VON CYPRESSENBURG leise zu Constantia. Ruhig! Laut zu Titus. Sie haben sich einen etwas albernen Scherz mit Ihrem würdigen Herrn Onkel erlaubt; Sie werden aber doch nicht glauben, daß er sich wirklich äffen ließ? Er[323] müßte der dümmste Mensch unter der Sonne sein, wenn er die plumpe Täuschung nicht augenblicklich gemerkt hätte; aber als Mann von Geist und Verstand –

TITUS. Hat er gleich alles durchschaut, und nur mich aufsitzen lassen.

FRAU VON CYPRESSENBURG zu Spund. Ist's nicht so?

SPUND ganz verblüfft. Ja, freilich, freilich, hab' ich alles durchschaut.

FRAU VON CYPRESSENBURG zu Titus. An Ihnen ist es jetzt, seine Vergebung zu erflehen.

CONSTANTIA zu Titus. Daß Ihnen der geistreiche Mann dieser Täuschung wegen die Erbschaft nicht entziehen wird, dürfen Sie mit Zuversicht hoffen. Zu Spund. Nicht wahr?

SPUND wie oben. Freilich, freilich!

TITUS zu Constantia und Flora. Daß ich aber auf die Erbschaft freiwillig Verzicht leiste, das werden Sie nicht hoffen. Mein guter Herr Vetter kauft mir ein G'schäft, mehr verlang' ich mir nicht; dafür werd' ich ihm ewig dankbar sein; Erbschaft brauch' ich keine, denn ich wünsch', daß er noch a dreihundert Jahr' lebt.

SPUND gerührt. So alt is noch kein Bierversilberer wor'n! Bist doch a guter Kerl, trotz die rot'n Haar'.

TITUS mit Beziehung auf Flora und Constantia. Daß ich nun ohne Erbschaft keine von denen heiraten kann, die die roten Haar' bloß an einem Universalerben verzeihlich finden, das ergibt sich von selbst; ich heirat' die dem Titus sein'n Titus nicht zum Vorwurf machen kann, die schon auf den rotkopfeten pauvre diable a biss'l a Schneid hat g'habt, und das glaub' ich, war bei dieser da der Fall. Schließt die erstaunte Salome in die Arme.

SALOME. Was!? – Der Mussi Titus? –

TITUS. Wird der deinige.

FRAU VON CYPRESSENBURG welche still mit Constantia gesprochen, sagt dann laut. Adieu! Geht unwillig in die Seitentür links ab. Der Notarius folgt ihr.

CONSTANTIA. Die gnädige Frau wünscht, daß man sie hier nicht ferner störe.


Folgt ihr.[324]


FLORA zu Titus boshaft. Ich gratulier' zur schönen Wahl. Da heißt's wohl: »Gleich und gleich g'sellt sich gern.« Zur Mitte ab.

SPUND zu Titus. Du tust aber, als wenn ich da gar nix dreinz'reden hätt'!

TITUS mit Beziehung auf Salome. Ich weiß, Herr Vetter, die roten Haar' mißfallen Ihnen, sie mißfallen fast allgemein; aber nur, weil der Anblick zu ungewöhnlich is; wann's recht viel gäbet, käm' die Sach' in Schwung, und daß wir zu dieser Vervielfältigung das Unsrige beitragen wer'n, da kann sich der Herr Vetter verlassen drauf. Umarmt Salome.


Während einigen Takten Musik fällt der Vorhang.


Ende.


Quelle:
Johann Nestroy: Werke. München 1962, S. 323-325.
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