Neunte Szene


[524] Baron Massengold, Herr von Packendorf, Herr von Lockerfeld, Herr von Seewald, Herr von Althof; Vorige.

Die benannten Herren treten durch den Bogen rechts aus dem Speisesaal auf. Die Bedienten entfernen sich, Tupper bleibt im Hintergrunde.


ALTHOF. Packendorf ist immer der lebendige Widerspruch.

LOCKERFELD. Wer hört sein Brummen, wenn unser »Hoch lebe der Bräutigam!« den Palast durchdonnert, wenn die holde Braut vom Schlößchen Eschenau als Herrin einzieht in diese Hallen?

MASSENGOLD. Warum soll ich keine junge Mündel heiraten?

PACKENDORF. Weil du ein alter Vormund bist.

LOCKERFELD. Millionärs sind immer liebenswürdig.

MASSENGOLD. Das sagt mein Sekretär auch.

PACKENDORF. Ich aber sage: Sei vorsichtig, berücksichtige manches –

LOCKERFELD. Was Vorsicht, was Rücksicht! Wer mitten in Millionen drinnen steht, der sieht vor sich und hinter sich nur Millionen und braucht weiter keine Vorsicht und keine Rücksicht.

MASSENGOLD. Das sagt mein Sekretär auch.

PACKENDORF. Laß mich mit deinem Sekretär –

MASSENGOLD. Mein Sekretär sagt immer die Wahrheit.

PACKENDORF. Du bist ein Hans-Narr.

MASSENGOLD. Das sagt mein Sekretär auch, das heißt Sich korrigierend. er sagt, ich wäre ein Narr, wenn ich nicht tun würde, was mich freut.

SEEWALD. Da hat er recht.

MASSENGOLD. Puffmann hat immer recht – nur daß er heute nirgends zu finden ist, das ist unrecht von ihm.[525]

ALTHOF. Nirgends zu finden? Man hat ihn ja noch nirgends gesucht.

MASSENGOLD. Es ist schwer, in einer Stadt wie Kobelstadt –

ALTHOF. Die achthundert Einwohner –

PACKENDORF. Und doch außer diesem Palais respektive nur drei Häuser zählt. –

MASSENGOLD. Macht mir mein Kobelstadt nicht gar so klein!

SEEWALD. Wo könnte er da sein?

ALTHOF. Beim Kaufmann –

MASSENGOLD. Der eine Cousine hat, die –

SEEWALD. Oder beim Stadtrichter –

MASSENGOLD. Der zwei Töchter hat –

LOCKERFELD. Oder beim Revisor –

MASSENGOLD. Der drei Frauen hat

PACKENDORF. Drei Frauen?

MASSENGOLD. Das heißt, zwei tote und eine lebendige.

LOCKERFELD. Da kömmt er gerade wegen der lebendigen – ich gehe hin.

SEEWALD. Und ich geh' zum Stadtrichter.

ALTHOF. Und ich zum Kaufmann.

LOCKERFELD. Einer von uns muß ihn finden.

MASSENGOLD. Das wäre scharmant. Kann man aber so spät noch zu den Leuten –? Tupper, wieviel Uhr ist's? Zu den drei Herren, welche auf ihre Uhren sehen wollen. Plagt euch nicht!

TUPPER. Halb neun.

MASSENGOLD. Da ist's wohl schon etwas unschicksam.

LOCKERFELD. Wir kommen als Abgesandte eines Millionärs, da wird nicht viel Federlesens gemacht.

MASSENGOLD. 's ist wahr.

LOCKERFELD. Wir müssen dem Herrn Puffmann auf die Schliche kommen.

MASSENGOLD. Dann wollen wir ihn tüchtig durchhecheln. Zu Packendorf. Und du, Brummbär, machst einstweilen mit mir eine Partie Pikett.

PACKENDORF etwas mürrisch. Meinethalben.[526]

LOCKERFELD. Also frisch ans Werk! Einer von uns muß den Fuchs im Taubenschlag erwischen.


Lockerfeld, Althof und Seewald gehen durch den Bogen zur Mitte ab. Massengold und Packendorf Seitentüre rechts ab.


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 4, Wien 1962, S. 524-527.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Der Unbedeutende
Der Unbedeutende
Der Unbedeutende: Posse Mit Gesang in Drei Akten (German Edition)