Dritter Auftritt

[533] Krautkopf, die Vorigen.


KRAUTKOPF aus der Seitentür rechts kommend. Au weh mein Kopf – g'schwind, Kathi, schau nach – Lips bemerkend. wer is denn das?

KATHI. Es is – Für sich. ich trau mir's nicht zu sagen. Es is –

LIPS. Ein Knecht.

KATHI. Er möcht' gern hier bei Ihnen, Herr Vetter, Dienst.

KRAUTKOPF. Mir sind die zuwider, die ich schon im Dienst hab', der ging' mir grad noch ab.

KATHI. Sie haben ja vorgestern zwei fortgejagt.

KRAUTKOPF. Richtig, hast recht; man kann nicht auf alles denken. –

KATHI. Und der is so brav, so gut –

KRAUTKOPF. Woher kennst du ihn denn?

KATHI. Ich – ich kenn' ihn – Stockend. aus der Stadt.

KRAUTKOPF. Aus der Stadt?

LIPS ganz bäurisch. Ich hab' d' Mili einig'führt.

KRAUTKOPF. Bei wem war Er denn?

LIPS grob. Wo werd' ich denn gewesen sein? bei ein Milimann.

KRAUTKOPF über Lips' Ton aufgebracht. Wie red't denn Er mit mir?

LIPS. Grad so wie ich mit mein Milimann g'redt hab'.

KATHI ihn leise zurechtweisend. Aber, Euer Gnaden –

KRAUTKOPF zu Lips. Möglich, daß der Ihm die Art gelitten hat, ich vertrag' aber Seinen Ton nit – Für sich. und wo nur die Kerln wieder bleiben? Ruft zur Seitentür links hinaus. He, Seppel, Martin!

LIPS zu Kathi. Ich hab' glaubt, auf'n Land is die Grobheit z' Haus, und nach dem Grad von Flegelei, der in der Stadt Mode is, hab' ich mir denkt, muß ich recht –

KATHI. Ach nein, bei die Bauern halt't man doch auf Art.

KRAUTKOPF Lips messend. Der Pursch schaut mir so ungeschickt aus – Laut zu Lips. Versteht Er was? Kann Er ordentlich ackern?[533]

LIPS erschrocken. Ackern? Werden hier Menschen vor den Pflug gespannt?

KRAUTKOPF. Red' Er nicht so einfältig. Kann Er anbau'n?

LIPS. Anbaut hab' ich wohl schon viel –

KRAUTKOPF. Aber auch ordentlich, daß was aufgehn kann.

LIPS. Bei mir is sehr viel aufgangen.

KRAUTKOPF. Aber noch kein Licht über d' Landwirtschaft.

LIPS. Ich war 10 Jahr bei einem Milimann.

KRAUTKOPF. Also paßt Er vermutlich mehr zum Vieh.

LIPS. Soll das eine Kränkung für mich, oder für'n Milimann sein?

KRAUTKOPF. Ich mein', ob Er Kenntnis vom Viehstand hat. Was habt's denn für Küh' g'habt?

LIPS. Eine Schweizerkuh, die hat alle Tag 6 Maß Obers gegeben.

KRAUTKOPF. Warum nicht gar ein' Milirahm.

LIPS. Für die gewöhnliche Mili haben wir ordinäre Küh' g'habt.

KRAUTKOPF für sich. Ich werd' nicht klug aus dem Menschen. Zu Lips. Habt's ihr Stallfütterung g'habt? –

LIPS. G'schlafen haben wir im Stall, aber gegessen im Zimmer.

KRAUTKOPF. Wer red't denn von euch? ich mein' die Küh'.

LIPS. Die hab' ich alle Tag auf d' Wiesen begleit't.

KRAUTKOPF. Schlechte Manipulation! Von die Schaf wird Er wohl auch nicht zu viel verstehn?

LIPS. Hm! die Schaf, wenn s' fromm sein, gehn viele in einen Stall, und wenn's donnert, stecken s' die Köpf' z'samm; sonst ist an ihnen nichts Bemerkenswertes.

KATHI. Nehmen S' ihn nur, Herr Vetter, was er nicht kann, wird er schon noch lernen.

LIPS. Freilich, bedenken S' nur meine Jugend.

KRAUTKOPF. Na, meinetwegen, probieren will ich's mit Ihm, Er kann gleich beim Dreschen mithelfen, das wird Er doch können?

LIPS. Lassen S' a Frühstück bringen, nach dem Sprichwort »Der ißt wie ein Drescher«, werd' ich Ihnen gleich zeigen,[534] daß ich als solcher zu großen Erwartungen berechtige.

KRAUTKOPF. Bei mir wird zuerst gearbeit't und nachher gegessen.


Quelle:
Johann Nestroy: Werke. München 1962, S. 533-535.
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