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[371] Nelkenstein, Heinrich.
NELKENSTEIN. Wie kommt's denn, daß du der letzte bist, der mir in meinem Schlosse entgegenkommt?
HEINRICH. Ach, gnädiger Herr –
NELKENSTEIN. Fehlt dir etwas? Du bist auch nicht mehr der aufgeräumte, heitere Pursche, der du sonst warst – dir ist etwas begegnet?
HEINRICH seufzend. Ach ja!
NELKENSTEIN. Vielleicht gespielt und verspielt? Nun, der Schade wird so groß nicht sein. Ich habe mir vorgenommen, dir jetzt deine treuen Dienste zu lohnen; bei dem räuberischen Überfall, als wir vergangenen Herbst von Neapel zurückkehrten, dankte ich nur deiner Unerschrockenheit mein Leben. Ich entlasse dich daher deines bisherigen Dienstes und gebe dir die schöne Försterei hier in der Nähe meines Stammschlosses.
HEINRICH. Bester gnädiger Herr! So viele Güte – ach! –[371]
NELKENSTEIN. Was? Auf diesen Antrag erwiderst du noch mit »Ach«? – Halt! Jetzt hab' ich's – du bist verliebt?
HEINRICH. Euer Gnaden haben's erraten.
NELKENSTEIN. Nun, ein Förster braucht eine Försterin, nimm sie, ich halte die Hochzeit glänzend aus.
HEINRICH. Ich bekomm' sie nicht, ihr Vormund, der reiche Mehlwurm, will sie selbst heiraten; das ist ja mein Unglück.
NELKENSTEIN. Der soll vernünftig sein.
HEINRICH. Er glaubt, das ist vernünftig, wenn er heiratet.
NELKENSTEIN. Der alte Narr! – Liebt dich das Mädchen?
HEINRICH. Unendlich.
NELKENSTEIN. Und du liebst sie auch unendlich, treu seid ihr einander auch unendlich, das versteht sich alles von selbst; aber was ist mit dem Müller anzufangen?
HEINRICH. Das ist der eigensinnigste, wachsamste, boshafteste und verliebteste Vormund, den ich je gesehn.
NELKENSTEIN. Gewalt läßt sich da nicht anwenden.
HEINRICH. Ich baue nur noch auf die Verschlagenheit eines Menschen, den mir das Glück zuführte.
NELKENSTEIN. Und der ist?
HEINRICH. Ein gewisser Eulenspiegel.
NELKENSTEIN. Was? Der ist hier? Den wünschte ich schon lange kennen zu lernen.