Die 2. Scena.

[128] ARSACE.

Hört jhr Aßyrier, hört an, jhr Purßgesellen!

Wie trutzig dürffen doch die Hunde drinnen bellen?

Das nichtige Gesinde

Wil noch den Muth nicht legen,

Darff auch die Drummel regen

Vnd schlägt sich mit dem Winde.

Ich weiß nicht, wo der Muth herkömbt,

Den jhr die Handtvoll Leute nimbt.

WACHE.

Lerm! Hola! Waffen, Waffen!

Jetzt ist nicht Zeit zue schlaffen!

Auff jhr Soldaten, auff! Der Feind kombt schon mit Hauffen

Den Berg herab gelauffen!

HIRCAN.

Auff dann, auff vnd säumet nicht:

Bagos, trag du den Bericht

Eylends vns'rem Herren für,[128]

Daß er möge baldt erwachen!

Wir indessen wollen hier

Vns zum Schlagen fertig machen

Vnd das Volck in Ordnung stellen.

EINER VON DER WACHE.

Ich bekenn', ihr Rottgesellen,

Mir erschüttert Marck vnd Bein!

Glaubt, es muß was grosses sein,

Was der Feind sich vnterfangen.

Heute wie der Sonnenschein

Noch nicht recht war auffgegangen,

Vnd ich nechst dem Brunnen hin

Wache gleich gestanden bin,

Hab ich furchtsamb angehöret,

Wie sich durch die gantze Stadt

Ein Geschrey vnd Jauchzen hatt

Schnell erhaben vnd empöret.

Betreuget mich auch nicht mein schrecken,

Vnd ich sol Warheit melden,

So sah' ich auff dem Thurne stecken

Ein Haupt gleich vns'rem Helden.

Du grosse Derceto vnd auch Astarte du,

O Chamos vnd O Bel, O Adad, gieb nicht zue,

Daß ich auff dieses mal sol haben recht geschawet.

Ihr Götter, derer Macht diß starcke Heer vertrawet,

Verschafft daß Holofern anjetzt verlasse hier

Die And're Venus seine Zier,

Darmit wir mögen kämpffen,

Vnd komme bald herfür,

Des Feindes Trutz zue dämpffen.


Quelle:
Judith-Dramen des 16./17. Jahrhunderts. Berlin 1933, S. 128-129.
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