15. Am Sontag Septuagesimä

[211] 1. Corinth. 9.


Auff den 30. Psalm

Ich will dich preisen, Herre Gott.


Ihr wisset, daß zwar ihrer viel

In Schrancken lauffen an das Ziel,

Doch einem, der zu erste kömpt,

Ist einig nur der Danck bestimpt.

Ihr Brüder, lauffet auch ingleichen,

Daß ihr das Kleinod mögt erreichen.


Ein Kämpffer, welcher siegen will,

Der meidet, thut und leidet viel,

Damit er kriege durch den Streit

Die Krone falscher Herrligkeit;

Wir sollen nach der Krone stehen,

Die nimmermehr nicht kan vergehen.


Ich lauffe wol ingleichen hin,

Doch so, daß ich versichert bin;

Ich fechte nicht wie mancher pflegt,

Der fehlt und in die Lüfften schlägt.

Ich zähme mir Leib, Hand und Füsse,

Daß ich nicht lehr' und selbst nichts wisse.


Wißt, daß der alten Vätter Schar,

Gantz unter einer Wolcken war,

Als Moses gieng vor ihnen hin

Und ließ sie durch die Wellen ziehn.

Sie wurden in dem gantzen Heere

Getaufft mit Wolcken und dem Meere.


Ihr Brod und Tranck war Himmelskost,

War weit von schnöder Menschenlust;

Der Felß, der sie geträncket hat

War Christus; doch an vieler That

Hat Gott gehabt ein Mißbehagen

Und in der Wüsten sie geschlagen.

Quelle:
Martin Opitz: Weltliche und geistliche Dichtung, Berlin und Stuttgart [1889], S. 211-212.
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