Von Schimpff das 329.

[203] Christus erschein einem Grafen und ließ die Kleider ligen.


Ich liß von dem Graffen Blesensium und Carnotensium mit Namen Theobaldus, der gröst Almůßner zů seiner Zeit. Es was fast ein kalter Winter, als er in langen Zeiten nie gewesen was. Er rit uff einmal über Felt, da begegnet im ein Betler, der was schier nackent. Da sprach der Graff zů im: ›Brůder, was begerst du?‹ Der Betler, sprach: ›O Her, geben mir euweren Mantel!‹ Der Graff gab in im und sprach: ›Was begerstu me?‹ Der Betler sprach: ›Den Rock, den ir anhaben.‹ Der Graff gab in im auch und sprach: ›Was begerstu me?‹ Der Betler sprach: ›Ach Her, ir sehen wol, wy ich beschoren bin uff dem Kopff. Ich beger den Hůt, den ir uff haben.‹ Der Gaff sprach: ›Brůder, du wilt mich zů vil betrieben, du hast mich abgezogen biß uff das Hemd. Ich bedarff des Hůtz selber, ich bin kalköpfig, ich bescham mich barhaupt heimzůreiten.‹ Und da er das geret het, da verschwand der Betler, und bliben die Kleider da ligen. Da steig der Graff von dem Pferd und fieng an zů weinen und zů schreien, das er im nit den Hůt auch geben het, und satzt im für, das er niemans nichtz me versagen wolt, was man von im begert.

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 203.
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