Von Ernst das 54.

[39] Von Ratzherrn, die dantzten.


Es waren Leüt in einem Huß, die sungen und dantzten; wan sie hetten ein Brunnen in dem Hauß, wer des Wassers tranck, der můst iren Reigen dantzen. Es kamen vil Lüt dar, die zůlůgten; man bot inen den Eertrunck; sobald sie getruncken, da fiengen sie auch an zů dantzen. Da was einer, der was weiß, der flůcht inen, das sie also sungen und dantzten, und gat auch dar und wolt lůgen, was es doch für Lüt weren. Man bot im auch zů trincken; sobald er getranck, da fieng er auch an zů singen und zů dantzen; das er vor gescholten hat, das thet er selber.

Also ist es noch. Du findest einen, der den Herren in dem Rat flůcht und inen übel ret: ›Und wer ich in dem Rat, ich wolt also reden und nit daryn gehellen‹, und ist ein groß Geschrei. Und wan er in den Rat kumpt, so singt er eben dasselbig Liedlin und darff das Maul nit uffthůn, und spricht, wa er bei den Lüten ist: ›Bei meinem Eid, es můß also zůgon, es kan nit anders sein; ich het es nit geglaubt, het ich es nit gesehen.‹

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 39.
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