Von Schimpff das 450.

[265] Ein knöpfflet Můß ist ein Predig von allerlei.


In einer hohen Schůlen waren siben oder acht Studenten bei einander in einer Rot, die hetten ein Koch, der kam alwegen, wan man gaß, und sprach: ›Lieben Herren, was wöllen ir hinnacht zů Nacht essen?‹ Und uff einmal fragt er aber, da sprach der ein Her: ›Koch unß Bonen‹; der ander sprach: ›Koch unß Erbßen‹; der drit sprach: ›Koch unß Gersten‹; der fierd sprach: ›Koch unß Linsen‹; jeglicher wolt ein Sunders haben. Der Koch kocht dy Ding alle in einem Hafen, und es mißfiel in allen.

Also auch, was ein Prediger strafft, das gefelt den allen, die es nit angat; aber die es angat, denen gefelt es nit. Es kumen etwan die Man zů einem Predicanten und sprechen: ›Ir solten einmal die hoffertigen Weiber rüren, die unß arme Man wöllen verderben. Sie wöllen kostliche Mentel, Schuben, Schleier haben.‹ So kumen dan die Weiber und sprechen: ›Ir solten die bösen Man straffen. Sie schlagen unß arme Frawen, sie sein vol Weins und spilen darzů.‹ So sprechen die Priester: ›Ir solten die Leyen rüren. Sie tragen unß böse Exempel vor.‹ Und wem sein Teil würd, der ist wunderlich und murmelt wider in, und wan man die Boßheit alle rürt, so het man alle Menschen erzürnt.

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 265.
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