Von Ernst das 457.

[269] Ein Beseßner spotet Sant Amando.


In der Legend Sancti Amandi lesen wir, da er predigt, da was ein junger Gesel, der spotet sein. Der ward gleich besessen von dem bösen Geist und raufft sich und schlůg sich selber und bleckt die Zen und sprach: ›We mir, das ich des heiligen Mans gespottet hab!‹ Und in dreien Stůnden was er dot.

Söliche Zeichen thetten noch not; etlich flůchen jetz den Predicanten auch, die nit nach irem Sinn predigen. Liß ein Exempel von den Spotföglen des Gotzwortz: ›Vil Menschen sein gleich einem Büttel. Wan man Mel beittelt, so felt nur das suber Mel herdurch, und bleibt nichtz in dem Bütel dan der Wůst.‹ Also sein vil Menschen, die nichtz behalten. Dan wan einer mißret oder ein Wort nit recht nent; da machen sie ein Gespöt uß. Oder wa einer etwas sagt, das die Lüt erwachen, oder ein Fabel sagt, das behalten sie. ›Ja,‹ sprechen sie, ›das wil ich alle meine Lebtag behalten.‹ Aber den geistlichen Sinn, den man daruff sagt, den behalten sie nit. Die Lüt, die Predig wöllen hören, die solten sein wie ein Glaßfenster. Das Glaßfenster laßt den Sonnenschein und den Tag durch sich hinynscheinen, aber den Wind, Schne oder Regen laßt es daussen. Also was man Geistlichs sagt uff die Fabulen, das solt man behalten und die lecherlichen Ding vergessen.

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 269.
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