Von Schimpff das 531.

[304] Warumb seind jetz nit Ritter?


Es fraget auf einmal ein Künig von Franckreich sein Herolten, der also vor dem Disch stůnd, wie es kem, das man nit me Ritter fünd jetz zů Zeiten, als Rolandus und Oliverus waren. Der Herolt sprach: ›Warumb sein nit me Künig, als Karolus und Ludowicus waren? Gib mir also Künig, als die waren, so wil ich dir Ritter geben, als Oliverus und Rolandus waren.‹

Das was wol geantwurt und gat daruff: warumb sein die Cristenmenschen jetz nit als frum, gerecht und geistlich als in dem Anfang der Cristenheit? Das ist die Ursach, das die Pfaffen und der geistlich Stat auch nit als gůt ist, als sie in dem Anfang waren. Wan wie alles Gůt uß dem Tempel gat, also kumpt auch alles Böß uß dem Tempel. Die Cristenheit was in dem Anfang guldin, darnach ist sie silberin worden, und jetz ist sie kum bleien. Die weltlichen Prelaten und Herren sprechen, die geistlichen Prelaten solten besser sein dan die gemein Pfaffheit. Du sagst gar war; die weltlichen Regenten solten auch besser sein dan der gemein Man. So sein ir letzer und bübischer, dan sie sein, und sie leren Ungerechtikeit von üch. Darumb hat der hernach wol geantwurt.

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 304-305.
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