Der vierte Auftritt

[215] Robert. Willhelm. Southwell.


ROBERT indem er seinem Freunde begegnet. Welches glückliche Schicksal führt dich deinem suchenden Freunde entgegen? Immer noch betrübt? Vergiß deiner Betrübnis und sei glücklich, mein Freund!

WILLHELM. Ich glücklich? Verdien' ich es zu sein? Werde ich es jemals sein können, solange Lucie –

ROBERT. Hoffe! ein glücklicher Strahl wird diese Wolke über deinem Haupte zerteilen. Laß uns durch Vernunft, Liebe und Tugend die Seele der Lucie heilen. Dein Sohn ist für meine Amalie allein zärtlich, und freue dich mit mir, Willhelm, Amalie liebet ihn.

WILLHELM. Amalie liebet ihn? und Karl gegen sie allein zärtlich? Freude komm' dann noch einmal zurück in mein seufzendes Herz! O Robert, berauscht deine freundschaftliche Seele mich nicht vielleicht mit einem falschen Vergnügen?

ROBERT. Traue deinem Freunde. Das sich verstellende Herz meiner Amalie selbst hat es mir entdecket. Allein ihre ganze Seele ist Freundschaft und[215] Mitleiden. Luciens Brust muß erst beruhiget werden, ehe Amalie die Hand deines Sohnes annehmen wird.

WILLHELM. Welche schwere Bedingung! Die Stärke von Luciens Leidenschaft machet mir Qual. Hat sie nicht alle Gütigkeit des großmütigen Bettertons ausgeschlagen?

ROBERT. Entehre das Herz eines Mannes nicht durch eine verzagte Kleinmütigkeit. Freund! ist es der Mühe wert, ein Mensch und ohne Hoffnung zu sein?

WILLHELM. Segne diese Hoffnung, o Gott! Vergib dem Herzen der Lucie, so oft es strafbar war. Laß diese Strafe auf mein schuldiges Haupt fallen. Ich allein verdiene sie!

ROBERT. Laß unsere Freude durch keine Seufzer entweihet werden! O Freund, welch entzückende Szene würde es sein, unsere Kinder zu sehen, wie sie sich, glücklich durch ihre Zärtlichkeit, umarmen! Wie sie von uns, ihren durch sie ebenso glücklichen Vätern, umarmt und an die schon mattschlagende Brust gedrücket werden! Sieh deinen Sohn, Willhelm?


Quelle:
Die Anfänge des bürgerlichen Trauerspiels in den fünfziger Jahren. Leipzig 1934, S. 215-216.
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