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[43] Nikomedien, im März 305.
Es ist entschieden. Diocletian legt den Purpur ab. Was hier noch vorgefallen ist, um ihm diesen Entschluß, der vielleicht bei zunehmender Krankheit seit längerer Zeit in seiner Seele lag, so schnell, so plötzlich zu entreißen, vermag Niemand mit Gewißheit zu bestimmen. Galerius hat viele – lange, und öfters heftige Unterredungen mit ihm gehabt. Genug, der erste Mai ist zu dem feierlich ernsten verhängnißvollen Schauspiel bestimmt. Von allen Seiten zieht Neugier, Erwartung, Furcht und Hoffnung, Fremde und Einheimische in die Stadt. Auch der edle König von Armenien ist mit seiner Gemahlin von zwei Tagen hier angelangt. Sie ist, das sage ich dir im Vertrauen, und um dich zur nöthigen Stärke aufzufordern, falls noch ein Ueberrest alter Neigung in dir wohnt – schöner als je, besonders in der üppigen reichen Kleidung ihres neuen Vaterlandes. Er sieht mit[43] Grund den Folgen des wichtigen Ereignisses nicht ohne Besorgniß entgegen. Was ist sich von der alten Zuneigung eines Mannes, wie Galerius, zu versprechen, der mehr als das Interesse eines Bundesgenossen, der das Wohl des eigenen Staats – seinen wilden Begierden zu opfern im Stande wäre? Ich werde mich verwahren; das habe ich längst als höchst nöthig erkannt, das hat deine treue Bruderliebe mir neuerdings an's Herz gelegt. Auch sind schon alle Anstalten getroffen. So wie Diocletian vom Throne steigt, und dem Galerius die Zügel übergibt – ist Nikomedien kein sicherer Aufenthalt mehr für mich. Du aber komm, komm schnell, du mußt Zeuge jenes Tags seyn, du mußt hier zurückbleiben, um für mich zu wirken, wenn meine persönliche Sicherheit mich des Galerius gefährliche Nähe fliehen heißt. Die beigeschlossene geheime Schrift enthält alle Maaßregeln, die du auf dem Wege hierher für mich zu treffen hast, damit ich denselben Pfad zurück bis nach Britannien sicher und schnell machen könne, wo ein geliebter Vater mir wichtige und würdige Geschäfte bereitet hat. Ich erwarte und bitte dich, in so kurzer Zeit, als möglich ist, mit Theophania und deinem Sohne den Weg von Laureacum bis hierher zu machen. Leb' wohl.