3.

[415] Jupiter, Alkumena, Merkurius.


JUPITER.

Leb' wohl, Alkmena, sorge für das Haus, wie du es immer tust!

Und, bitte, schone dich! Du siehst, es naht die Stunde der Geburt.

Ich bin gezwungen fortzugehn. Du ziehe auf, was du gebierst!

ALKUMENA.

Wie kommt es, lieber Mann, daß du so eilig wieder von mir gehst?

JUPITER.

Wahrhaftig nicht, weil du mir und mein Haus mir überdrüssig wär',

Doch wenn der Feldherr nicht beim Heere ist, geschieht viel schneller, was

Von Unheil ist, als das, was nützt.

MERKURIUS für sich.

Was für ein feiner Pfiffikus

Er ist! Obgleich er doch mein Vater ist. Nun seht

Doch nur, wie schlau er diesem Weib zu schmeicheln weiß!

ALKUMENA.

Mein Gott, ich seh', wieviel dir deine Gattin gilt.

JUPITER.

Genügt es, wenn ich keine liebe gleich wie dich?

MERKURIUS für sich.

Ja, wüßte sie, was du für Streiche treibst, ich sorgt'

Dafür, daß sie Amphitruo mehr lieben soll,

Als Jupiter.[415]

ALKUMENA.

Ich glaubte lieber doch der Tat,

Als nur dem Wort: du gehst von dannen, ehe noch

Das Bett, wo du gelegen, warm geworden ist?

Du kamst um diese Mitternacht und gehst schon fort?

Und so gefällt es dir?

MERKURIUS für sich.

Ich muß hinzu, muß auch

Mitsprechen und dem Vater es erleichteren.


Zu Alkumena.


Noch niemals, glaub' ich, hat ein Mann sein Weib so toll

Geliebt, wie dieser toll in dich verschossen ist.

JUPITER in erheuchelter Wut.

Du Galgenstrick! Ich kenne dich, marsch, geh mir aus

Den Augen! Schuft, was hast du hier zu suchen? He?

Auch nur zu mucksen? Wart', ich will dich mit den Stock ...!

ALKUMENA.

Ach, nicht doch! Nicht!

JUPITER zu Merkurius.

Ja, muckse noch einmal!

MERKURIUS für sich.

Mir ging

Der erste Freundschaftsdienst beinah recht übel aus.

JUPITER.

Geliebtes Weib, du darfst mir doch nicht böse sein:

Ich habe heimlich mich vom Heer entfernt, nur dir

Zulieb mich freigemacht, damit als erste du,

Von mir zuerst erführest, wie die Sachen stehn:

Ich hab' dir das Polit'sche alles auch erzählt.

Das hätte ich doch nicht getan, wenn ich dich nicht

So innig liebte.

MERKURIUS für sich.

Hab' ich's nicht gesagt? Traktiert

Das scheue Weib mit Schmeichelein.[416]

JUPITER.

Doch jetzt, damit

Das Heer nichts merke, muß ich aber schnell zurück,

Sonst sagen sie, mir gelte mehr mein Weib, als selbst

Der Staat.

ALKUMENA.

Du gehst und läßt in Tränen mich, dein Weib,

Zurück?

JUPITER.

Sei ruhig, trübe deine Augen nicht!

Ich komm' sehr bald zurück.

ALKUMENA.

Sehr bald? Wie lang das ist!

JUPITER.

Nur ungern gehe ich zurück und lasse nicht

Von dir.

ALKUMENA.

Ja, ja, man sieht's: In gleicher Nacht, in der

Du kamst, entfernst du dich.

JUPITER.

Was hältst du mich zurück?

Die Stunde drängt: ich will die Stadt verlassen, eh

Es tagt. Empfange zum Geschenke den Pokal,

Der mir als Tugendpreis verliehen ward, aus dem

Pterela trank, der König, den mit eigner Hand

Ich niederschlug! Alkmene, sieh: ich schenk' ihn dir.

ALKUMENA.

Da tust du, wie du immer tust. Bei Gott, das ist

Ein würdiges Geschenk, wie der, von dem es kommt!

MERKURIUS.

Ein würdiges Geschenk, wie die, die es bekommt.

JUPITER.

Du fängst schon wieder an? Ja, kann ich denn dich, Schuft,

Nicht ganz erledigen?[417]

ALKUMENA.

Ach nein, Amphitruo,

Ich bitte, ärgere dich doch nicht um Sosia!

JUPITER.

Ich tue, wie du willst.

MERKURIUS für sich.

Die Liebe macht ihn wild.

JUPITER zu Alkumena.

Und noch ein Wunsch?

ALKUMENA.

Daß du mich lieben mögest, wenn

Ich auch so fern bin, mich, die Deinige!

MERKURIUS.

Nun komm,

Amphitruo: der Tag bricht an.

JUPITER.

Du, Sosia

Du gehst voran! Ich komme gleich.


Zu Alkumena.


Was willst du noch?

ALKUMENA.

Noch einmal: komme bald zurück!

JUPITER.

Gewiß, noch eh

Du's denkst, bin ich schon wieder hier: Sei guten Muts!


Alkumena geht in den Palast.


Jetzt, Nacht, die du für mich dich so verlängert hast,

Entlass' ich dich, daß du dem Tage weichst, mit Licht

In hellem Glanze strahlen kannst den Sterblichen.

Und, Nacht, es soll der Tag um so viel kürzer sein,

Als länger diese Nacht gewesen ist. So gleicht

Es zwischen Tag und Nacht sich wieder aus. Doch ich,

Ich will jetzt wieder fort, nachgehen meinem Sohn. –

Ab. Der Tag bricht an.


Quelle:
Plautus: Amphitruo. In: Die Komödien des Plautus, Band 4, Berlin 1922, S. 365–466, S. 415-418.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Bunte Steine. Ein Festgeschenk 1852

Bunte Steine. Ein Festgeschenk 1852

Noch in der Berufungsphase zum Schulrat veröffentlicht Stifter 1853 seine Sammlung von sechs Erzählungen »Bunte Steine«. In der berühmten Vorrede bekennt er, Dichtung sei für ihn nach der Religion das Höchste auf Erden. Das sanfte Gesetz des natürlichen Lebens schwebt über der idyllischen Welt seiner Erzählungen, in denen überraschende Gefahren und ausweglose Situationen lauern, denen nur durch das sittlich Notwendige zu entkommen ist.

230 Seiten, 9.60 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon