2.

[425] Alkumena, Amphitruo, Sosia.


ALKUMENA.

Ach, gar zu kurz sind doch die Freuden, die uns das Menschenleben gönnt!

Der Leiden sind viel mehr, und so erfährt's ein jeder Mensch, so hat's

Den Göttern auch beliebt: der Freude folgt die Trauer auf den Fuß,

Daß gleich, nachdem ein Glück uns traf, mehr Leid und Schmerz drauf folgen muß.

Und das erfuhr ich heute hier und an dem eignen Leibe, da

So wenig mir an Lust beschieden war; nur eine einz'ge Nacht

Den Gatten hier zu sehn, die Möglichkeit! Dann ließ er plötzlich ab

Von mir, vor Tagesanbruch noch. Jetzt komm' ich mir verlassen vor,

Da er nicht da ist, den ich mehr als alle liebe. So hat mir

Das Scheiden meines Mannes mehr des Leids gebracht, als Freude ich

Zuvor an seinem Kommen hatte. Eins beglückt mich aber doch:

Er hat gesiegt und kehrt zurück mit Heldenruhm!

Das ist mein Trost. Er sei mir ferne, wenn er nur

Mit Ruhm zurückkehrt! Ja, ich trage, ich erduld'

Auch ferner seine Trennung, tapfren Sinnes, mit

Standhaftigkeit, wenn mir dafür zum Lohne wird,

Daß mein Gemahl im Ruf als Schlachtensieger blüht.

Damit begnüg' ich mich. Das Heldentum ist doch

Der höchste Preis, geht allen andren Dingen vor!

Denn Freiheit, Leben, Glück, Besitz, die Elternschaft,

Das Vaterland, die Kinder schützen, retten, das,

Das alles schließt das Heldentum mit in sich ein.

Wo Manneskraft, da findet man auch jedes Glück.

AMPHITRUO.

Ich glaube wirklich, daß ich meiner Gattin recht ersehnt

Erscheinen werde, die mich liebt, wie ich sie liebe: Jetzt

Zumal nach unsrem glücklichen Erfolg, nach unsrem Sieg[426]

Da niemand glaubte, daß die Feinde unsrer Kraft

Erliegen würden, die wir aber gleich im ersten Sturm

Geworfen haben unter meiner Leitung, meinem Geist.

Gewiß, ich werde deshalb ihr auch sehr willkommen sein.

SOSIA.

Und meinst du denn, ich käme meinem Mädel auch nicht sehr

Erwünscht?

ALKUMENA für sich.

Mein Mann?! Das ist er doch?

AMPHITRUO.

Du, Sosia, folge mir!

ALKUMENA für sich.

Weshalb er wohl schon wiederkommt? Und sagte doch vorhin,

Wie eilig es ihm wär'! Ob er mich schlau erproben will,

Erfahren, ob ich traurig über seinen Weggang bin?

Bei Gott, ich bin nicht böse, daß er wieder zu uns kommt!

SOSIA.

Amphitruo, es ist wohl besser, wir kehren wieder um,

Aufs Schiff.

AMPHITRUO.

Warum denn das?

SOSIA.

Weil uns zu Hause doch kein Mensch

Ein Frühstück zum Empfange gibt.

AMPHITRUO.

Wie kommst du denn darauf?

SOSIA.

Weil wir ja doch zu spät gekommen sind.

AMPHITRUO.

Wieso zu spät?[427]

SOSIA.

Weil ich Alkumena gesättigt vor der Türe stehen seh'.

AMPHITRUO.

Ich ließ geschwängert sie bei meinem Abzug hier zurück.

SOSIA.

O weh, ich Unglücksmensch!

AMPHITRUO.

Was hast du denn?

SOSIA.

Da komme ich

Ja grade recht zur Wasserschlepperei nach Haus zurück!

Im neunten Monat, wie ich dich die Rechnung machen seh'.

AMPHITRUO.

Nur frischen Mut!

SOSIA.

Ja, weißt du, welchen frischen Mut ich hab'?

Wenn ich erst mal den Eimer packe, sollst du mir hinfort,

Bei Gott, kein frommes Wort mehr glauben, wenn ich den Brunnen nicht,

Wenn ich erst angefangen hab', ganz bis zum letzten Hauch

Auspumpen werde!

AMPHITRUO.

Komm nur mit mit mir. Ich trage das

Doch einem andren auf. Sei unbesorgt! Du tätest sonst

Was mehr doch meine Sache ist. Ich dächt', ich ginge ihr

Entgegen.


Zu Alkumena.


Amphitruo entbietet freudig seinem Weib,

Nach dem er sich gesehnt hat, und die jeder Mann der Stadt

Als allerbeste rühmt, die alle Bürger nach Gebühr

Verehren, seinen Gruß! Es ging dir stets nach Wunsch? Ich komm'

Dir auch erhofft?[428]

SOSIA.

Erhofft? Soviel ich seh', nicht sonderlich.

Begrüßen tut sie jedenfalls ihn mehr nicht als 'nen Hund.

AMPHITRUO.

Mich freut, daß ich dich schwanger seh', so reizend voll und rund!

ALKUMENA.

Mein Gott, ich bitte dich, warum begrüßt du mich denn so

Zum Spaß und sprichst zu mir, [als hättst du nicht erst vorhin mich

Gesehn? Als kämst du jetzt erst aus dem Feindesland zurück?

Du sprichst ja grade so, als hättst du lang mich nicht gesehn!]

AMPHITRUO.

Ich hab' dich doch vor heute nirgends in der Welt gesehn.

ALKUMENA.

Weshalb verleugnest du's?

AMPHITRUO.

Die Wahrheit sagen, habe ich

Gelernt.

ALKUMENA.

Es ist nicht recht, verlernen, was man gut gekonnt.

Bezweifelst du denn meine Sinnesart? Oder warum kommt

Ihr gar so schnell zurück? Dich hält vielleicht ein Priesterspruch

Zurück? Ein Sturm, daß du nicht abgezogen bist zum Heer,

Wie eben du doch sagtest?

AMPHITRUO.

Eben? Wann wäre das geschehn?

ALKUMENA.

Du fragst mich aus? Ganz eben erst![429]

AMPHITRUO.

Wie ist das möglich nur?

Ich bitte: »eben erst«? So sagtest du?

ALKUMENA.

Ja, meinst du denn,

Ich triebe meinen Spott auch meinerseits, weil du es tust?

Du sagst, du kämest grade jetzt nach Haus, und bist dabei

Doch eben fortgegangen.

AMPHITRUO.

Sie spricht, als wäre sie im Wahn.

SOSIA.

So wart' ein bißchen, bis sie diesen Traum beendigt hat.

AMPHITRUO.

Wer träumt denn wohl im wachen Zustand?

ALKUMENA.

Ich, bei Gott, bin wach

Und sag' als Wache das, was sich bei uns ereignet hat:

Denn kurz vor Tagesanbruch hab' ich dich und den gesehn.

AMPHITRUO.

Und wo?

ALKUMENA.

In deinem Hause, wo du wohnst.

AMPHITRUO.

Ist nie geschehn!

SOSIA.

So schweige doch! Ob nicht vielleicht, derzeit wir schliefen, doch

Das Schiff mit uns vom Hafen hergeflogen ist?

AMPHITRUO.

Und du

Bestärkst sie noch?[430]

SOSIA.

Was soll man machen? Ist dir's denn unbekannt?

Wenn man den rasenden Bacchantinnen entgegentritt,

Dann wird die Tolle nun erst völlig toll und haut oft zu.

Doch giebst du nach, befreist du sie auf einen Schlag.

AMPHITRUO.

Bei Gott!

Das steht mal fest: ich nehm' sie vor, die mir den Gruß versagt

Am Tag der Heimkehr.

SOSIA.

Wird ein Stoß in das Hornissen-Nest!

AMPHITRUO.

Halt's Maul! Alkumena, ein's will ich dich noch fragen.

ALKUMENA.

Was?

So frage nur!

AMPHITRUO.

Kam Dummheit über dich oder stieg dir in

Den Kopf der Übermut?

ALKUMENA.

Mein lieber Mann, wie kommt es dir

Nur in den Sinn, mich so zu fragen?

AMPHITRUO.

Weil du früher doch

Bei meiner Ankunft mich zu grüßen pflegtest und auch dann,

Wie's alle braven Fraun mit ihren Männern tun,

Zum Gruß mich anzusprechen. Von dieser Sitte hast du dich,

Wie ich bei meiner Ankunft sehen mußte, freigemacht.

ALKUMENA.

Ich habe dich doch gestern sicher, als du gekommen bist,

Sogleich begrüßt, nach deinem Wohlergehn gefragt, mein Mann,

Dir deine Hand gedrückt und dich geküßt.[431]

SOSIA.

Du hättest ihn

Begrüßt und gestern?

ALKUMENA.

Ja, und dich auch, Sosia, gegrüßt.

SOSIA.

Amphitruo, ich hab' gehofft, daß sie dir einen Sohn

Gebären wird, doch trägt sie keinen Sohn.

AMPHITRUO.

Was aber denn?

SOSIA.

Den Wahnsinn.

ALKUMENA.

Nein, ich bin gesund und fleh' die Götter an,

Daß ich gesund ein Kind gebären mag: dir aber steht,

Wenn der nur seine Pflicht erfüllt, ein hartes Leid bevor:

Für diese Prophezeiung sollst du was Gehöriges

Bekommen, mein Prophet!

SOSIA.

Ich mein, wenn eine schwanger ist,

Da muß man ihr mal Äppel geben, mal den Knüttel auch,

Damit sie was zu knabbern hat, wenn ihr mal übel wird.

AMPHITRUO.

Du hast mich gestern hier gesehn?

ALKUMENA.

Gewiß, ich sage doch,

Und wenn du's zehnmal hören willst.

AMPHITRUO.

Du hast's vielleicht geträumt?

ALKUMENA.

Nein, nein: ich selber wach' und du auch wach'.[432]

AMPHITRUO.

Ich Unglücksmensch!

SOSIA.

Was ist dir denn?

AMPHITRUO.

Mein Weib verrückt!

SOSIA.

Die schwarze Galle ist

Ihr aufgestiegen: das macht die Menschen riesig schnell verrückt.

AMPHITRUO.

Sag', Frau, wann hast du dich zuerst so überreizt gefühlt?

ALKUMENA.

Ich bin gesund und fühl' mich völlig wohl.

AMPHITRUO.

Wie sagst du dann,

Du hättst mich gestern schon gesehn? Da wir in dieser Nacht

Im Hafen eingelaufen sind? Ich habe dort zur Nacht

Gespeist und in dem Schiff geschlafen während der ganzen Nacht.

Ich habe meinen Fuß noch nicht in unser Haus gesetzt,

Seit ich von hier mit meinem Heere ausgezogen bin

Zum Teleboer Krieg, wir über sie den Sieg erlangt.

ALKUMENA.

Du hast ja aber doch mit mir gespeist, mit mir geruht.

AMPHITRUO.

Was habe ich?

ALKUMENA.

Ich sag' die Wahrheit.

AMPHITRUO.

Hierin nicht! Ob sonst?

Das weiß ich nicht.[433]

ALKUMENA.

Beim ersten Tagesgrauen gingst du fort

Zum Heere.

AMPHITRUO.

Wie?

ALKUMENA.

Ganz grad.

SOSIA.

Sie spricht aus der Erinnerung,

Erzählt dir ihren Traum. Doch, Weib, wenn du erwachen wirst,

Dann mußt du hin zum Jupiter und opfern gehen mit

Dem Salze, Mehle, Weihgeruch, daß er dem Unheil wehrt.

ALKUMENA.

Ich fluche dir!

SOSIA.

Es wär' dein eigner Schade, ließest du's.

ALKUMENA.

Zum zweiten Male schon erlaubt er sich, so frech zu mir

Zu sein und hat doch seine Strafe nicht?

AMPHITRUO zu Sosia.

So schweig!


Zu Alkumena.


Doch du:

Ich hab' dich heute früh verlassen in der Dämmerzeit?

ALKUMENA.

Wer anders hätte es denn mir erzählt, als ihr, wie dort

Die Schlacht verlaufen ist?

AMPHITRUO.

So weißt du das?[434]

ALKUMENA.

Weil ich's von dir

Gehört, wie ihr die größte Stadt erobert, aber du

Den König Pterela getötet hast.

AMPHITRUO.

Das hätte ich

Erzählt?

ALKUMENA.

Ja du, an jener Stelle, und Sosia stand dabei.

AMPHITRUO zu Sosia.

Hast du mich heute das erzählen hören?

SOSIA.

Wo sollte das

Geschehen sein?

AMPHITRUO.

Frag' sie!

SOSIA.

In meinem Beisein war es nicht,

Soviel ich weiß.

ALKUMENA.

Ein Wunder, wenn er dir nicht widerspricht!

AMPHITRUO.

Sieh, Sosia, mal her auf mich!

SOSIA.

Ich sehe schon!

AMPHITRUO.

Ich will,

Du sollst die Wahrheit sagen, will nicht, daß du mir nur so

Zustimmen sollst. Du hast gehört, wie ich ihr heute das,

Was sie da angibt, sagte?[435]

SOSIA.

Nun frag' ich dich, bist du denn auch

Verrückt, daß du mich sowas fragen kannst? Ich sehe doch

Selbst sie jetzt mit dir zugleich zum erstenmal!

AMPHITRUO.

Nun also, Weib,

Du hörst es doch?

ALKUMENA.

Gewiß, ich höre, daß er Falsches sagt.

AMPHITRUO.

Du glaubst nicht ihm und glaubst auch deinem eignen Manne nicht?

ALKUMENA.

Deswegen nicht, weil ich am meisten mir doch glaub' und weiß,

Daß es sich so ereignet hat, wie ich es sage.

AMPHITRUO.

So?

Du sagst, ich wäre gestern angekommen?

ALKUMENA.

Und du sagst,

Du wärest nicht von hier gegangen an dem heut'gen Tag?

AMPHITRUO.

Nein, nein! Ich sage, daß ich jetzt zum erstenmal zu dir

Nach Hause komm'.

ALKUMENA.

Mein Gott, da leugnest du vielleicht auch das,

Daß du mir einen goldenen Pokal am heut'gen Tag

Geschenkt, mit dem dich jene, wie du sagtest, erst beehrt?

AMPHITRUO.

Ich habe ihn dir wirklich nicht geschenkt und nichts gesagt,

Doch hatte ich es vor und habe es noch vor, dich mit

Dem Becher zu beschenken. Wer aber hat das dir gesagt?[436]

ALKUMENA.

Ich hab es selbst von dir gehört, aus deiner eignen Hand

Den Becher auch empfangen.

AMPHITRUO.

Halt, halt ein! Ich beschwöre dich!

Ich begreife nicht, wie, Sosia, sie davon Kunde hat,

Daß mir der Goldpokal verliehen worden ist. Es sei,

Daß du zuvor mit ihr zusammen warst und ihr dabei

Die ganze Sache ausgeplaudert hast.

SOSIA.

Nein, ganz gewiß:

Ich hab' ihr nichts gesagt, ich hab' sie nicht gesehen, war

Mit dir zusammen.

AMPHITRUO.

Was mag das nur mit meinem Weibe sein?

ALKUMENA.

Ich hol' den Becher, ist dir's recht?

AMPHITRUO.

Ja, schaffe ihn heran!

ALKUMENA.

Schon gut! Geh, Thessala, hinein und bring den Becher 'raus,

Den, den mein Gatte heute mir gebracht hat zum Geschenk.

AMPHITRUO.

Du, Sosia, komm beiseite! Von allen Wundern wäre das

Das wunderbarste, wenn sie wirklich jenen Becher hat.

SOSIA.

Wie kannst du so was glauben, da er doch verschlossen ist

In diesem Kästchen und petschiert mit deinem Siegel hier?

AMPHITRUO.

Und ist das Siegel heil?[437]

SOSIA.

Schau' selbst!

AMPHITRUO.

Wie ich's gesiegelt hab'.

SOSIA.

Du sorgst dafür doch, daß sie als Verrückte auch entsühnt

Durch Opfer wird?

AMPHITRUO.

Es wird gewiß doch nötig sein, da sie

So voller Spukgestalten ist.

ALKUMENA.

Wozu die Worte noch?

Da sieh, da ist der Becher!

AMPHITRUO.

Gib!

ALKUMENA.

Ja, schau' ihn dir nur jetzt

Gefälligst an, da du Geschehnes leugnest. Aber jetzt

Hab' ich doch offenbar dich überführt. Ja, ist es nun

Der Becher, den du als Geschenk erhalten hast?

AMPHITRUO.

O Gott,

Allmächt'ger Gott! Was seh' ich da? Wahrhaftig, ja – er ist's:

Der Becher! Sosia, ich bin verloren!

SOSIA.

Entweder ist

Das Weib die tollste Zauberin oder es muß der Becher hier

Darinnen sein.

AMPHITRUO.

Mach' zu und öffne deinen Kasten![438]

SOSIA.

Ach,

Wozu denn öffnen, da er richtig doch versiegelt ist?

Die Sache ist ganz klar: du hast einen zweiten Amphitruo

Geboren, ich einen zweiten Sosia: Wenn nun auch der,

Der Becher, einen Becher sich gebar, sind alle wir

Nun Zwillingspaare.

AMPHITRUO.

Nein, man muß ihn öffnen, muß ihn doch

Besichtigen!

SOSIA.

Da sieh dir, bitte, erst das Siegel an!

Sonst fällt die Schuld nachher auf mich.

AMPHITRUO.

Nur aufgemacht: Denn sie

Verlangt sonst gar in ihrer Tollheit, daß wir selber noch

Was Tolles tun.

ALKUMENA.

Von wem nun ist der Kelch, wenn nicht von dir?

Wenn nicht zum Geschenk gemacht von dir?

AMPHITRUO.

Untersuchen muß ich's erst.

SOSIA.

O Jupiter, o Jupiter!

AMPHITRUO.

Was ist dir denn?

SOSIA.

Es ist

Der Becher nicht im Kasten drin.

AMPHITRUO.

Was muß ich hören?[439]

SOSIA.

Was

Die Wahrheit ist.

AMPHITRUO.

Du kommst ans Kreuz, wenn du ihn mir nicht schaffst!

ALKUMENA.

Da ist er ja.

AMPHITRUO.

Wer also gab ihn dir?

ALKUMENA.

Der, der mich fragt.

SOSIA zu Amphitruo.

Du foppst mich! Bist auf andrem Weg geheim vorausgerannt,

Hast hier den Becher 'rausgenommen und ihn ihr geschenkt,

Dann heimlich wieder zugesperrt.

AMPHITRUO.

Verwünscht, nun unterstützt

Du sie sogar in ihrem Unsinn?


Zu Alkumena.


Du behauptest also doch

Wir wären gestern hier gewesen?

ALKUMENA.

Ja! Nach Ankunft hast

Du mich sogleich begrüßt, ich dich, und ich dich auch geküßt.

AMPHITRUO.

Von Anfang an gefällt mir nicht die Küsserei! Fahr fort!

ALKUMENA.

Dann hast du dich gebadet.

AMPHITRUO.

Nach dem Bad, was dann?[440]

ALKUMENA.

Zu Tisch

Gegangen.

SOSIA.

Hurra, famos! Frag' weiter!

AMPHITRUO zu Sosia.

Du unterbrichst mich nicht!


Zu Alkumena.


Fahr fort mit dem Bericht!

ALKUMENA.

Das Essen trug man auf: ich hab'

Mich neben dich gelegt.

AMPHITRUO.

Auf gleichem Lager?

ALKUMENA.

Ja, gewiß!

SOSIA.

Ei, ei, das paßt mir nicht, das Tischgelag'!

AMPHITRUO.

So laß sie doch

Die Sachen sagen!


Zu Alkumena.


Nach dem Mahl? Was dann?

ALKUMENA.

Da sagtest du,

Du wolltest schlafen. Der Tisch ward abgetragen und wir sind

Zu Bett gegangen.

AMPHITRUO.

Wo hast du geschlafen?

ALKUMENA.

Zugleich mit dir

In einem und demselben Bette.[441]

AMPHITRUO.

Tod und Teufel auch!

SOSIA.

Was ist dir denn?

AMPHITRUO.

Das gibt mir fast den Tod!

ALKUMENA.

Warum denn nur?

AMPHITRUO.

Du, sprich nicht mit mir!

SOSIA.

Ach, was ist dir nur?

AMPHITRUO.

Mit mir ist's aus!

Derweil ich fort war, hat man ihrer Ehrbarkeit den Schimpf

Getan!

ALKUMENA.

Um Gottes willen, Mann, was hör' ich da von dir?

AMPHITRUO.

Du nennst mich deinen Mann? Du Falsche, nenne mich doch nicht

Mit falschem Namen!

SOSIA.

Es hängt das Ding! Denn dieser Mann, so

Scheint's, ist in ein Weib verwandelt.

ALKUMENA.

Was hab' ich denn getan, wofür

Ich solchen Tadel hören muß?[442]

AMPHITRUO.

Das fragst du mich und führst

Doch selber deine Übeltaten auf?

ALKUMENA.

Was hab' ich dir

Zuleid getan, wenn ich mich dir in Lieb' ergeben hab'?

AMPHITRUO.

Dich mir ergeben? Welche beispiellose Dreistigkeit!

Wenn dir die Ehre fehlt, so wahre wenigstens den Schein!

ALKUMENA.

Was du mir da zum Vorwurf machst, das steht in Widerspruch

Zu unserem Geschlecht: du suchst Unehrenhaftigkeit

Bei mir? Du suchst umsonst.

AMPHITRUO.

Allmächt'ger Gott im Himmel, kennst

Du wenigstens mich noch, du, Sosia?

SOSIA.

So ziemlich, ja!

AMPHITRUO zu Sosia.

Ich habe doch im Schiff gegessen, gestern, im Hafen draus?

ALKUMENA.

Auch ich hab' Zeugen, die mir meine Worte bestätigen.

SOSIA.

Ich kann es mir nur so erklären: Vielleicht ist irgendein

Amphitruo noch da, der deine Angelegenheit

Besorgt, wenn du abwesend bist. Der falsche Sosia

War mir schon gräßlich wunderbar, noch wunderbarer wär's

Gewiß, wenn es auch gäbe einen Doppel-Amphitruo.[443]

AMPHITRUO.

Ein Verführer, scheint es, treibt sein freches Spiel mit diesem Weib.

ALKUMENA.

Ich schwöre dir beim höchsten Gott im Himmel, schwöre dir

Bei Juno, in deren Schutz die Mütter stehn, und deren Zorn

Ich jetzt besonders fürchten, meiden muß. Kein Sterblicher

Hat außer dir mit seinem Leibe meinen Leib berührt,

Unehrenhaftes mir zu tun.

AMPHITRUO.

Ich wünsch', es wäre wahr.

ALKUMENA.

Ich sag' die Wahrheit, doch was nützt es, da du's doch nicht glaubst?

AMPHITRUO.

Du bist ein Weib, und Weiber schwören keck.

ALKUMENA.

Wer nichts gefehlt,

Der darf sich zuversichtlich, offen, frei verteidigen.

AMPHITRUO.

Zu frei!

ALKUMENA.

Wie einer Braven ziemt.

AMPHITRUO.

In Worten nämlich brav.

ALKUMENA.

Nicht das gilt mir als Mitgift, was zumeist so heißt,

Nein: Keuschheit, Sittsamkeit, gezähmte Leidenschaft

Und Gottesfurcht, auch Elternliebe und der Sinn

Der Eintracht im Verwandtenkreis; dem Mann zumal

Ergebner Sinn, und daß man Guten hilfsbereit,

Rechtschaffnen in der Not nach Kräften nützlich sei.[444]

SOSIA.

Ja, wenn das alles wahr wär', was sie sagt, dann wäre sie

Wie nach der Schnur die Trefflichste.

AMPHITRUO.

Ich bin nun schon so mürb,

Daß ich schon selbst nicht weiß, wer ich wohl bin.

SOSIA.

Amphitruo,

Der bist du sicher. Nimm dich ja in acht, daß du dir nicht

Abhanden kommst. Die Menschen werden jetzt in dieser Art

Verwandelt, nachdem wir heimgekommen sind.

AMPHITRUO.

Ich werde, Weib,

Noch weiter diese Sache untersuchen, glaube mir!

ALKUMENA.

Gewiß, das wünsch' ich selbst.

AMPHITRUO.

Nun sag', wie wäre es damit,

Wenn ich den Naukrates vom Schiffe kommen ließe, der

Mit dir verwandt? Er war mit mir auf gleichem Schiff zur See.

Wenn der nun leugnet, was du als geschehen angibst, was

Verdienst du dann? Besteht dann Grund, daß ich die Vaterschaft

Verweigere?

ALKUMENA.

Wenn ich gefehlt hab' – nein!

AMPHITRUO.

Dann abgemacht!

Du, Sosia, führe sie hinein! Ich bring' den Naukrates

Vom Schiffe mit hierher. –


Eilig ab.
[445]

SOSIA zu Alkumena.

Es ist jetzt niemand außer uns

Noch da. Jetzt sage mir im Ernst: Ist noch ein Sosia

Da drin, der mir sehr ähnlich ist?

ALKUMENA.

Ach, geh mir doch vom Leib,

Du Sklave, der du deines Herrn würdig bist!

SOSIA.

Ich geh',

Wenn du's befiehlst. –


Ab.


ALKUMENA.

Es ist doch wirklich gar zu wunderlich!

Wie nur mein Mann darauf verfallen mag, mich einer Tat

So ungerecht zu zeihen, die so häßlich ist? Doch was

Es immer heißen soll, des werde ich ja jedenfalls

Jetzt bald gewiß durch meinen Anverwandten Naukrates. –

Ab in den Palast.


Quelle:
Plautus: Amphitruo. In: Die Komödien des Plautus, Band 4, Berlin 1922, S. 365–466, S. 425-446.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Diderot, Denis

Die geschwätzigen Kleinode oder die Verräter. (Les Bijoux indiscrets)

Die geschwätzigen Kleinode oder die Verräter. (Les Bijoux indiscrets)

Die frivole Erzählung schildert die skandalösen Bekenntnisse der Damen am Hofe des gelangweilten Sultans Mangogul, der sie mit seinem Zauberring zur unfreiwilligen Preisgabe ihrer Liebesabenteuer nötigt.

180 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon