2.

[447] Alkumena, Jupiter.


ALKUMENA.

Nicht länger halte ich's in diesem Hause aus;

Des Ehebruchs, der Schand' und Schmach vom eignen Mann

Mich müssen zeihen lassen! Was geschehen, will

Er ungeschehen machen und beschwert darüber sich:

Was nicht geschah, woran ich nicht gedacht, das wirft

Er erst mir vor und meint, es ginge mir nicht nah?

Beim Himmel, nein! Das trag' ich nicht, daß ohne Grund

Der Schandtat ich beschuldigt, hier im Hause bleib',

Rechtfertigt er sich nicht vor mir und schwört dazu,

Daß ihn, mich ohne Schuld gekränkt zu haben, reut,

Dann fort! –

JUPITER für sich.

Ich muß jetzt selber tun, was sie von mir verlangt, wenn ich

Erreichen will, daß sie mich wieder als geliebten Mann

Aufnehmen soll; denn das, was ich getan, das gilt als Schuld

Amphitruos, und lange schon macht meine Liebe ihm

Verlegenheit, obgleich er selber dabei schuldlos ist.

Jetzt aber nehme ich, obgleich ich schuldlos bin, was er

An Zorn und harten Worten gegen sie verfehlt, auf mich.

ALKUMENA.

Ich seh' ihn dort, der mich Beklagenswerte des Ehebruchs,

Der Schande angeschuldigt hat.

JUPITER.

Ein Wort mit dir, mein Weib!

Du wendst dich ab von mir?[447]

ALKUMENA.

Das ist mal meine Eigenart:

Der Feinde Anblick war mir stets verhaßt.

JUPITER.

O weh, doch nicht

Der Feinde?

ALKUMENA.

Allerdings: ich sag' die Wahrheit. Müßte sein,

Daß du mir wieder eine Heuchelei ansinnen willst.

JUPITER.

Du bist zu sehr erzürnt.

ALKUMENA.

Ich bitte, rühre mich nicht an!

Denn wenn du recht bei Sinnen bist und bei Vernunft, so wirst

Du dich mit der im Scherze oder Ernst in kein Gespräch

Einlassen, die du für 'ne Dirne hältst und so benennst.

Du wärest ja noch törichter als wie der ärgste Narr.

JUPITER.

Ich sagte so, doch gilt es nicht: ich glaub' es selber nicht

Und komm' zurück zu dir, um dein Verzeihen zu erflehn.

Denn nie im Leben hat mich etwas so betrübt, als wie

Ich hörte, daß du böse wärst auf mich. Du fragst: »Warum

Hast du's gesagt?« Ich werd' es dir erklären; hör' mich an!

Wahrhaftig nicht, weil ich an deiner Ehre zweifelte!

Ich wollte deine Sinnesart erproben, wollte sehn,

Was du beginnen würdest, wie du es ertragen mögst.

Es war vorhin ja nur ein Scherz, ich hab' es nur gesagt

Des Lachens wegen. Frag' den Sosia!

ALKUMENA.

Warum denn führst

Du meinen Anverwandten Naukrates nicht mit herbei,

Den du doch – wie du vorhin sagtest – als Zeugen bringen willst

Dafür, daß du noch nicht hier warst?[448]

JUPITER.

Du darfst doch, was im Scherz

Gesprochen ist, nicht wandelen in Ernst.

ALKUMENA.

Das aber weiß

Ich gut, wie weh es mir in meinem Herzen hat getan.

JUPITER.

Bei deiner Rechten bitt' ich, ja, beschwör' ich dich jetzt,

Alkumena, vergib, verzeihe mir, sei mir nicht bös!

ALKUMENA.

An meiner Tugend ist der Worte Schmach und Schimpf zerschellt.

Und weil ich jede schmutz'ge Tat vermieden hab', darum

Verbitte ich mir auch, daß schmutz'ger Vorwurf nach mir zielt.

Leb' wohl, behalt das Deine nur und laß das Meine mir!

Befiehlst du mir nicht Diener zum Geleit?

JUPITER.

Bist du bei Sinn?

ALKUMENA.

Wo nicht, so geh' ich so: die Ehrbarkeit allein als Schutz.

JUPITER.

Nein, bleibe! Wenn du willst, so schwöre ich dir einen Eid,

Daß ich von meiner Gattin Treue ganz durchdrungen bin:

Und schwör' ich falsch, dann bitte ich dich, höchster Jupiter,

Daß du mit Haß verfolgen mögest den Amphitruo.

ALKUMENA.

Nein, nein: er soll ihm gnädig sein!

JUPITER.

Ich bin gewiß, er tut's;

Denn einen wahren Eid hab' ich vor dir hier abgelegt.

Du bist mir nicht mehr böse?[449]

ALKUMENA.

Nein.

JUPITER.

Sieh, das ist recht getan!

Im Menschenleben kommt so vielerlei dergleichen vor:

Es kommen Freuden und es kommt dann wieder Leidenszeit,

Es braust der Zorn mal auf und dann kehrt wieder Eintracht ein.

Doch hat es einmal unter ihnen Streit gegeben, und

Versöhnung folgt darauf, dann ist die Neigung noch einmal

So herzlich, als zuvor sie war.

ALKUMENA.

Du hättest dich vorher

Besinnen sollen, eh du so was sagtest! Aber da

Du dich bei mir entschuldigt hast, so soll's ertragen sein.

JUPITER.

So laß mir reines Opferwerk zurüsten, denn ich will

Gelübde, die ich bei dem Heere machte, falls wir heil

Nach Hause kämen, alle jetzt erfüllen.

ALKUMENA.

Ich sorg' dafür!

JUPITER.

Den Sosia rufe man, daß er mir meinen Steuermann,

Den Blepharo, der mit auf meinem Schiffe war, zu uns

Einlade zu dem Frühstück.


Für sich.


Ich hab' auch den zum Narren, wenn,

Ans Narrenseil geknüpft, Amphitruo gegängelt wird.

ALKUMENA.

Was er nur im geheimen da bei sich erwägen mag?

Die Türe öffnet sich und unser Sosia kommt heraus.


Quelle:
Plautus: Amphitruo. In: Die Komödien des Plautus, Band 4, Berlin 1922, S. 365–466, S. 447-450.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Frau Beate und ihr Sohn

Frau Beate und ihr Sohn

Beate Heinold lebt seit dem Tode ihres Mannes allein mit ihrem Sohn Hugo in einer Villa am See und versucht, ihn vor möglichen erotischen Abenteuern abzuschirmen. Indes gibt sie selbst dem Werben des jungen Fritz, einem Schulfreund von Hugo, nach und verliert sich zwischen erotischen Wunschvorstellungen, Schuld- und Schamgefühlen.

64 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon