1.

[460] Bromia, Amphitruo.


BROMIA kommt aus dem Palast gestürzt.

In meinem Herzen liegen Hoffen, alle Lebenskräfte tot,

Und nichts ist übrig mehr, worauf ich mein Vertraun zu setzen wag'.

Mir ist, als brächen Himmel, Land und Meer, das alles auf mich ein,

Mich zu begraben, töten. Ach, was fang' ich an in meiner Not?

So Wunderbares hat sich im Palaste zugetragen! Ach,

Ich Unglücksel'ge! Mir wird so schwach, gebt Wasser! Ach, ich bin erschöpft,

Bin ganz verstört. Mir schmerzt der Kopf. Ich höre nicht, ich sehe nicht,

Ich bin das ärmste Weib, du findest keine Jammervollere.

Der Herrin ging es so: Die Wehen kamen, sie rief die Götter an,

Da Lärm und Krach, ein Tosen und ein Donnern, dann ein lauter Ruf

Wer weiß von wem? »Alkumena, sei unbesorgt, die Hilfe naht!

Der Himmelslenker kommt heran, steht dir und steht den Deinen bei.

Erhebet euch,« so sagte er, »die ihr in Schreck und Angst vor mir

Am Boden liegt!« Wie ich da lag, erhob ich mich. In Flammen schien

Das Haus zu stehn, so war's von Glanz erfüllt. Alkmena rief nach mir:

Mir ging's durch Mark und Bein, doch ging die Furcht vorm Zorn der Herrin vor,

Ich eile hin zu ihr, zu sehen, was sie wünscht. Da sehe ich's:

Zwei Zwillingsknaben hatte sie geboren, und hat es keine doch

Von uns gemerkt und auch erwartet, daß sie schon geboren hat.

Doch was ist das? Wer ist der Alte, der hier vor dem Hause liegt?[460]

Ist er vom Blitz des Jupiter zerschellt? Gewiß, mir scheint es so:

Beim Jupiter, er liegt, als wär' er tot. Ich muß doch sehen, wer

Es ist. Amphitruo! Es ist mein Herr! Es ist Amphitruo!

AMPHITRUO.

Ich sterbe.

BROMIA.

Ach, so steh doch auf, Amphitruo!

AMPHITRUO.

Mit mir ist's aus.

BROMIA.

Ergreife meine Hand!

AMPHITRUO.

Wer hält mich?

BROMIA.

Ich, die Sklavin Bromia.

AMPHITRUO.

Ich bin noch ganz in Angst: so hat der Jupiter mich angekracht,

Mir ist, als käm' ich aus der Unterwelt. Doch du, warum bist du

Hier vor dem Haus?

BROMIA.

Auch uns hat dieser Schreck befallen, scheu gemacht.

Ich habe in dem Haus, das du bewohnst, so Wunderbar's erlebt.

Ach, Gott, Amphitruo, wie schrecklich mir noch jetzt zumute ist!

AMPHITRUO.

Berichte mir! du weißt es doch, ich bin dein Herr, Amphitruo?[461]

BROMIA.

Gewiß!

AMPHITRUO.

Ich frag' noch einmal.

BROMIA.

Ja, ich weiß es doch.

AMPHITRUO.

Sie ist

Die einzige von meinen Leuten, die den Kopf beisammen hat.

BROMIA.

Sie sind doch aber alle ganz gesund.

AMPHITRUO.

Mich aber hat mein Weib

Mit ihren Schmutzereien ganz verrückt gemacht.

BROMIA.

Ich aber mach',

Daß du sie rühmen sollst, grad wie zuvor, Amphitruo, als fromm

Und ehrbar. Zum Beweise nenne ich in Kürze dieses nur:

Zuerst, es hat Alkmena Zwillinge gebor'n, ein Bubenpaar.

AMPHITRUO.

Was sagst du, Zwillinge?

BROMIA.

Ja, Zwillinge.

AMPHITRUO.

Daß Gott uns gnädig sei!

BROMIA.

Und weiter sollst doch sehn, daß alle Götter dir und deinem Weib

Gewogen sind.[462]

AMPHITRUO.

So sprich!

BROMIA.

Als nun die Wehen kamen deinem Weib,

Wo sonst der Kreißerin die Schmerzen sich im Leibe melden, rief

Sie betend zu den Göttern, daß sie ihr beistehen sollten, rein,

Die Hände und das Haupt verhüllt. Da tönte gleich darauf ein Schlag

Von fürchterlicher Kraft. Uns war, als bräch' zusammen dein Palast.

Hell strahlten alle Räume, als wären sie von Gold.

AMPHITRUO.

Ich bitte, gib

Mich frei von hier, sofort, wenn du mit deinem Spott zu Ende bist.

Und was dann weiter?

BROMIA.

Während das geschah, hat nicht ein einziger

Von uns gehört, daß deine Frau gestöhnet hätte und geklagt:

So ohne Schmerz erfolgte die Geburt.

AMPHITRUO.

Das hör' ich gern von dir,

Ob sie's um mich verdient hat oder nicht.

BROMIA.

Nein, lasse das und hör'!

Als sie geboren, gebot sie uns, die Knaben waschen. Wir fingen an.

Wie groß und stark der Knabe ist, den ich da wusch! Nicht eine war

Imstand, ihn einzuwickeln in die Windeln.[463]

AMPHITRUO.

Wie wunderbar das ist!

Wenn du die Wahrheit sagst, so ist ganz offenbar mit Göttermacht

Mein Weib gesegnet.

BROMIA.

Ja, du sollst noch mehr erstaunen, höre nur!

Nachdem er in die Wiege eingebettet war, da kamen zwei

Gewalt'ge Schlangen durch den Lichthof angeschwirrt, von außen her,

Sie hatten Kämme, reckten gleich die Köpfe hoch.

AMPHITRUO.

O, weh mir, weh!

BROMIA.

Sei unbesorgt! Die Schlangen spähten ringsumher. Nachdem ihr Blick

Die Knaben aufgefunden hatte, schossen sie den Wiegen zu.

Ich zerr' und schleif' die Wiegen hin und her in meiner Herzensangst

Um mich und um die Knaben, doch die Schlangen drängen hast'ger noch.

Doch wie der eine Knabe diese Schlangen sah, da springt er schnell

Zur Wiege 'raus und stürzt sich auf die Schlangen, packt mit jeder Hand

Sich eine, hält sie klammernd fest.

AMPHITRUO.

Wie wunderbar, was du erzählst!

Welch schreckliches Erlebnis! Bei deinen Worten überläuft's mich kalt.

Und weiter, sprich, was dann geschah!

BROMIA.

Der Knabe hat das Schlangenpaar –

Erwürgt, und darauf rief mit lauter Stimme deiner Gattin –[464]

AMPHITRUO.

Wer?

BROMIA.

Der Herr der Götter und der Menschen, Jupiter. Er sagte drauf,

Er habe heimlich mit Alkumena Verkehr gepflegt, es sei

Das eine Kind sein Sohn, der seine Schlangen überwunden hat,

Den anderen benannte er als deinen Sohn.

AMPHITRUO.

Wahrhaftig, nein:

Es schmerzt mich nicht, wenn ich die Hälfte meines Glückes geben darf –

Dem Jupiter! Geh du ins Haus! Ich lass' befehlen, daß sofort

Geweihte Schalen hergerichtet werden, daß ich mir die Gunst

Des höchsten Jupiter durch reiche Opfergaben sichern kann.


Bromia ab in den Palast.


Teiresias, den Zeichendeuter, ruf' ich mir zum Rat herbei,

Er soll entscheiden, was ich tuen muß, soll hören, was geschah.


Donner.


Doch was ist das? Es donnert laut? Ihr Götter, steht mir gnädig bei!


Quelle:
Plautus: Amphitruo. In: Die Komödien des Plautus, Band 4, Berlin 1922, S. 365–466, S. 460-465.
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