Fünf und Vierzigstes Kapitel.

[497] Wie Pantagruel und Panurg Triboullets Worte verschiedentlich deuten.


Er schilt euch Narr. Und was für ein Narr? Wie keiner mehr, daß ihr euch noch auf eure alten Tag ins Joch des Ehestands beugen und schmiegen wollt. Er sagt euch, wahr Pfaffen. Bey meiner Ehr, ein Pfaff wird euch zum Hahnrey machen. Ich setz mein Ehr zum Pfand; was grössers hätt ich nicht, und wenn ich Erb- und unumschränkter alleiniger Herr von ganz Europa, Asien und Afrika wär. Merkt wohl, wie viel ich auf unsern Morosophus Triboullet bau. Die andern Orakel und Weisungen ernannten euch nur schlechthin zum Hahnrey, aber besagten noch nicht deutlich, wer euer Weib zum Ehebruch verleiten und euch zum Hahnrey würd machen. Hier dieser edle Triboullet lehrets. Und wird ein höchst abscheuliches und ärgerliches Hahnreythum seyn. Wie! muß euer Ehebett durch Pfaffen besudelt und verunkeuscht werden?

Weiter sagt er, ihr würdet das Bockshorn von Buzançay seyn, das ist, gehörnt, langhörnig, und durchs Bockshorn gejagt. Und wie er selbst, als er vom König Ludwig dem Zwölften für seinen Bruder den Salz-Schank zu Buzançay bitten wollte, statt dessen eine Bockspfeif bat, so werdet auch ihr, wenn ihr vermeint ein ehrbar, sittsam Weib zu freyen, nichts an ihr haben als ein thöriges, schreyiges, Wind-und Dünkelvolles, mistöniges Weib wie eine Bockspfeif. Merkt weiter: wie er euch mit der Schweinsblas nasenstübert', und einen Fauststoß aufs Rückgrat gab; dieß deutet an, daß sie euch schlagen, nasenstübern, bestehlen[497] wird, sowie ihr selbst die Schweinsblas erst den kleinen Kindern in Vaubreton gestohlen hattet.

Im Gegentheil, versetzt' Panurg! Nicht daß ich mich schaamlos vom Narren-Gau lossagen wollt: bin da zu Haus, gehör hinein, ich gebs gern zu. Die ganze Welt ist närrisch. Fou in Lotharingen liegt bey Tou, das ist nicht ohn. Steckt alles voll Narren. Salomo spricht, der Narren Zahl ist unendlich. Unendlichkeit nimmt nicht ab noch zu, wie Aristoteles lehrt. Und ein Narr wär ich wie keiner, wenn ich, als Narr, mich für närrisch nicht halten wollte. Auch dieß macht die Zahl der Tollen und Thoren unendlich. Avicenna spricht: der Tollheit Arten sind unendlich. – Doch seine übrigen Wort und Gestus sind für mich. Er sagt zu meinem Weib: Wahr Pfaffen. Das ist ein kleiner Dompfaff, an dem sie sich erlustigen wird, wie des Catullus Lesbia an ihrem Spaz; der wird Mucken fangen; mit dem wird sie sich Zeit und Weil so fröhlig vertreiben, wie Domitian der Muckenschnäpper nimmermehr.

Dann sagt er: sie wird ländlich und hold seyn wie ein schön Bockshorn von Saulieu oder Buzançay. Wie wohl erkennt doch dieser wahrhaftige Triboullet mein Naturell und innerste Passionen! denn dieß betheur ich euch, weit lieber hab ich die muntern Dirnen, die Schäfer-Maidlein im fliegenden Haar, denen der Steiß nach Quendel düftet, als die fürnehmsten Damen bey Hof in reichen Schlampen, parfümirt mit Pissam und Beitzoweh. Lieber hör ich dem Schall der bäurischen Bockspfeif zu, als dem Gequick der höfischen Geigen, Gamben, Fideln und Violen. Er hat mir einen Stoß mit der Faust auf meinen liebwerthesten Rückgrat gegeben. In Gottes Namen, und seys auf Abschlag so vieler Qualen des Fegefeuers. Er hats nicht gern gethan, er dacht er schlüg einen Pagen. Ein treuer Narr, ein biedrer Narr! bin gut für ihn. Wer übels von ihm denkt, thut Sünd. Ich vergeb ihm vom Grund der Seelen. Er hat mich genasenstübert: das sind die kleinen Schäkereyn, die ich und mein Weiblein treiben werden, wie alle jungen Eheleut thun.

Quelle:
Rabelais, Franz: Gargantua und Pantagruel. 2 Bände, München, Leipzig 1911, Band 1, S. 497-498.
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