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[358] Wie Panurg und die Uebrigen im poetischen Wahnsinn reimen.
Bist du, sprach Jahn, toll oder b'sessen? Seht wie er schäumt, hört wie er reimt! Was alle Teufel hat er g'fressen? Er verdreht ja die Augen im Kopf wie eine sterbende Geiß. Paßt auf, itzt wird er sich gleich abseits drücken; wird seinen Koth in Winkel thun? Oder Gras essen wie die Hund zu seines Ränzels Erledigung? Oder die Faust bis zum Elenbogen nach Mönchsart in die Gurgel zwingen, bis wieder Luft im Grimmdarm wird? Sollt er wohl von dem Haar des Hunds der ihn gebissen, wieder nehmen? – Pantagruel verwies dieß aber Bruder Jahnen und sprach zu ihm:
Glaubt nur, es sind poetische Furores,
Des guten Bacchus brausende Humores,
Davon sein Geist umsonnenfinstert singt:
Denn sonder Fehl
Schwimmt seine Seel
Auf solcher Well!
Und schier beschwingt
Dieß Kehlenöhl
Zu Schellen-Gebell
In dieser Zell
Sein Kernherz, klingt
Vom Mund, und blinkt.
Tief drunter hinkt
Der Spötter scheel.
Drum, da sein Hirn hegt überspannte Mores,
Der Scherz ein wenig grausam mir bedünkt,
Wollt man Ihn höhnen, der so tapfer trinkt.
Wie, Herr! sprach Bruder Jahn, auch ihr reimt? Gott schütz uns, wir sind all gepfeffert! Wollt Gott daß uns Gargantua in diesem Zustand säh! Jetzt weiß ich bey Gott nicht was ich thu, ob ich euch folgen und auch reimen soll, oder nicht. Zwar ich versteh mich hundsschlecht drauf: doch weil wir einmal im Knüppeln sind, hohl mich Sanct Jahn! so knüppl ich mit, trotz Einem. S' kommt! ich spür es schon:[359] merkt auf, und excusiert mich aber, wenns auch kein Marzipanreim wird:
Verwandl o Herr der Herrn,
Der Wein aus Wasser zeugte,
Daß ich dem Nächsten leuchte,
Mein Arßloch zur Latern.
Panurg fuhr fort in seinem Text, und sprach:
Der Schemel Pythiens
Hat noch kein so befriedigends
Und unumstößlich Wort im Leben
Aus seinem heil'gen Loch gegeben:
Und glaub fürwahr, er ward von dort
Hieher an diesen Brunnenort
Leibhaftig in Natur gestift
Und aus Delphi herübergeschifft.
Hätt Plutarchus wie wir allhie
Getrunken, er thät die Frage nie:
Warum in Delphi die Orakel
Sind stummer worden als ein Bakel,
Und weiter keinen B'scheid mehr geben.
Die Antwort ist handgreiflich eben:
Hie steht, und nicht in Delphi mehr,
Der heilige Schemel, (schaut nur her!)
Der alle Ding erspürt und wittert.
Denn Athenäus uns erklittert
Daß dieser Schemel ein Fläschlein klein
Gewesen voll einöhrigen Wein,
Voll Wein sag ich, der lautern Wahrheit.
Es ist nicht solche Unfehlbarkeit
In aller Offenbarungskunst,
Als dieses Fläschleins Nahrungsdunst
Uns inspirirt durch seinen Athen.
Hör, Bruder Jahn, und laß dir rathen:
Weil wir einmal itzt hie sind, frag
Auch du dem güldnen Wörtlein nach,[360]
Der trismegistischen Boutelg:
Daß du erfahrest ob und welch
Obstakel etwa deinem Freyn
Im Weg ist. Nimm, es möcht dich reun!
Spiel auch die Bacchus-Amorine.
Streut ihm doch etwas Mehl in die Miene.
Bruder Jahn antwortet' ihm wüthend und sprach:
Freyn! Bey Sanct Benedix grosser Schiene,
Bey seinem heil'gen Stiefelschaft!
Jedermann der mich kennt, ich haft
Dafür, wird sprechen daß ich lieber
Die allerderbsten Nasenstüber
Wollt dulden denn so harte Straf,
Daß ich würd eines Weibes Sklav;
Ja doch! um Freyheit käm und Schlaf,
Wie 'n Schaaf, und wär gebunden brav
An eine Frau so vorn als hinten?
Kreuz Gottes! mich soll niemand binden,
Und wärs an Cäsar und Alexander,
Oder an seinen Schwager den Scander-
Beg, oder an den höchsten Helden!
Panurg aus seinem Reitrock und Mysterienmummel schlupfend, sprach:
Auch wirst du Lump, mit Ehren zu melden,
Wie ein alt Eisen einst verdammt,
Wenn ich, wie eine Mütz von Sammt,
Ins Paradies gefahren längst.
Dann seich ich auf dich Hurenhengst
Und armen Schlucker vom Himmel traun!
Doch horch! wenn nun so schwarz und braun
Da unten beym alten grossen Teufel
Du mit der Zeit, woran kein Zweifel,
Die edle Dame Proserpin
Mit deinem Bengel solltest glühn,
Der dir im Hosennestel zagt,
Und ihr nach Advenant behagt'
Deiner Hochwürden Paternität,[361]
Daß ihr mit Opportunität
Euch in der Güt zusammenschicktet
Und einander aufs Leder rücktet;
Auf deine Ehr sprich: schickst du dann
Nicht Luzifern den Hampelmann
Zum besten Höllenkrug nach Wein,
Daß ihr beym Schmaus mögt fröhligseyn?
Ein braver Knab darf schon sie küssen;
Und ist doch traun kein schlechter Bissen.
Troll dich zum Teufel, alter Narr! rief Bruder Jahn; ich reim nicht weiter, ich kann nicht mehr: Der Reim-Riem schnürt mir die Gurgel zu. Kommt lieber, und laßt uns hie zu Zech sehn.
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