Vierzehntes Kapitel.

[261] Wie die Katzbälger von Schmiere leben.


Während noch Bruder Jahn so sprach, da sah er an achtundsechzig Galeeren und Fregatten im Hafen landen. Lief also zu hören was neues los wär, und was für Waaren die Schifflein brächten. Da sah er daß sie sämmtlich voller Wildpret, Hasen, Kapphähn, Tauben, Schwein, Rehböck, Kälber, Hühner, Enten, Boscaden, Gäns und andrer Sorten Geflügels staken. Auch erblickt' er mehrere Stücken Sammet, Atlaß, Tafft und Damast drunter: frug also die Passagier wohin und wem sie die guten Bißlein brächten. Krellhinzen, war die Antwort; ihm, und seinen Katzenbälgern und Katzen.

Und wie heißt ihr, frug Jahn weiter, diesen Weihrauch? – Schmiere, Schmiere antworteten die Passagier. – So leben sie denn, sprach Bruder Jahn, von Schmiere, und ein schmierigs End wird einst ihr Erbtheil seyn. Kreuz Gottes! Das kommt davon. Ihre Väter frassen die lieben wackern Junker auf, die sich aus Anlaß ihres Standes mit der Jagd und dem Waidwerk übten, um, wenn es Krieg gäb, schon geschickter und der Strapazen gewohnt zu seyn. Denn die Jagd ist ein Gleichniß der Schlachten, und Xenophon log nimmer dran, wenn er sagt: aus der Jägerey wären, wie aus dem Trojanischen Pferd, alle guten und trefflichen Meister des Kriegshandwerks herfürgegangen. Bin kein Studirter, aber man hat mirs gesagt; ich glaubs: Nun fahren Derer Seelen, wie Herr Krellhinz wähnt, nach ihrem Tod in Eber, Hirschen, Rehböck, Reiger, Rebhühner und solchs andres Wild das sie in ihrem ersten Leben stets lieb gehabt und aufgepürscht. Und somit lechzt dieß Katzenvolk, noch immerfort, nachdem es erst ihr Haus und Hof, Domänen, Schlösser, Renten und Güter verschlungen und verpraßt hat, auch im andern Leben nach ihrem Blut und ihren Seelen. O des kreuzbraven Bettelmanns, der uns dieß schon mit seinem Zeichen der über den Raufen hangenden Kripp voraus bedeutet!

Hat doch aber, sprach Panurg zu den Passagiers, der[262] grosse König das Verbot ausrufen lassen daß kein Mensch bey Straf des Strangs, Hirsch, Hindinnen, Reh oder Eber pürschen sollt? – Wohl wahr, antwortet Einer für die Uebrigen; allein der grosse König ist so fromm und gut, und diese Katzenbälger so grimmig und so erpicht auf Christenblut, daß wir weit minder Furcht den grossen König zu erzürnen haben als Hoffnung, wenn wir die Katzenbälger brav schmieren: zumal der Krellhinz morgen einem seiner Balgkietzlein mit einem grossen Peter Mauz von Kater-Balg die Hochzeit ausricht. Sonst hieß man sie Heufräß; aber ach! das fressen sie schon längst nicht mehr. Wir nennen sie jetzt Hasenfräß, Rebhühner-Schnepfen-Fasanenfräß, Kapaunen-Reh-Kanickel-Schweinsfräß; denn von nichts anderm leben sie. – Ey Quark! Quark! Quark! rief Bruder Jahn, über Jahr und Tag soll man sie, denk ich, bald Kothfräß, Schundfräß, Scheißfräß heissen! Wollt ihr mir folgen? – O ja! antwort die Brigad. – So laßt uns, sprach er, zweyerley thun: erstlich nehmt all dieß Wildpret fest; ich hab ohnehin den Pökel satt, er hitzt mir nur das Hypochonder: für Geld und gute Wort, versteht sich. Zweytens, kommt wieder in Verwahrsam und laßt uns all die Teufelskerl von Katzenbälgern zusammenhaun! – Ich, sprach Panurg, komm da nicht mit, auf alle Fäll nicht! denn ich bin ein wenig schüchterner Natur.

Quelle:
Rabelais, Franz: Gargantua und Pantagruel. 2 Bände, München, Leipzig 1911, Band 2, S. 261-263.
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