[74] Voriger. Pamphilius. Die zwei Druden, ganz in schmutziges Grau gekleidet, mit offnen Schleiern das Haupt und die Brust verhüllt. Das Kleid ist unten mit Zeichen des sogenannten Drudenfußes garniert, auch tragen sie einen als Medaillon auf der Brust. Das Gesicht mit alten Weiberlarven bedeckt. Sie stürzen Longimanus weinend zu Füßen.
DIE DRUDEN. Mächtiger Herrscher, erbarme Dich!
LONGIMANUS. Schau, wie fein! Grad die saubersten haben s' ausgsucht. Womit kann ich dienen, meine schönen Damessen?
ERSTE DRUDE. Herr! Es sind nun schon fünfzig Jahre, daß du uns von der Erde zurückberufen hast, und wir wissen nicht, wodurch wir das verschuldet haben.
LONGIMANUS. Ja, meine liebe Fräulein Drud, mir ist leid, aber es kann nicht anders sein.
ERSTE DRUDE. Höre unser Flehen! Gib uns wieder unsere Macht, die Menschen sehnen sich nach uns.
LONGIMANUS. Ob du still bist, oder nicht! – Was fällt euch ein? Es redt gar kein Mensch mehr was von ihnen, denkt gar kein Mensch mehr an sie, und jetzt wollen s' auf einmal wieder ihre vorige Druckfreiheit haben! Anno 1824 eine Drud! Die Leute müßten einem nur auslachen.
ERSTE DRUDE. Aber hat man uns denn nicht sogar durch eine Oper verewigt: Das Neusonntagskind!
LONGIMANUS. Ah was Oper, was Sonntagskind! Die Leut sind oft die ganze Wochen kindisch, nicht nur an einem Sonntag. Es nutzt nichts! Ich hab nichts gegen euch, ein jeder Stand verdient Achtung, also auch eine Drud.
ERSTE DRUDE. Aber haben wir denn nicht stets unsere Schuldigkeit getan? Hier sind unsere Attestaten von dem Genius der Träume.
LONGIMANUS. Ja, das ist wahr, ihr wart brave Druden, habt die Leut sekkiert, daß es eine Schand und ein Spott war. Aber jetzt ists vorbei, ihr habts eure Pension, und da könnts zufrieden sein. Und jetzt hinaus an der Stell!
Beide Druden küssen ihm weinend das Kleid und gehen ab.
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Der Diamant des Geisterkönigs
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