Vierter Auftritt


[243] Narr. Vorige.


NARR eilt herein. Ists wahr, was ich gehört? Die Hippokrene ist vertrocknet, die ganze Dichtkunst sitzt auf dürren Sand! O weh, o weh, o weh!

ALLE. Hermione ist für uns verloren.

NARR. Fällt euch denn gar nichts ein?

ALLE. Gar nichts.

NARR. O arme Waisenkinder des Apoll, ich will nach Deutschland reisen und bei unsern Dichtern eine Gedankenkollekte für euch machen.


Distichon verstört, rasch eintretend.


DISTICHON. Verrat, Verrat! Mein Geist hat sich empört.

NARR. Dem Himmel sei gedankt, hier ist der Weisheitsmillionär.

DISTICHON. O Brüder, stimmt in meine Klage ein, Apoll hat mich verflucht, Verzweiflung, nimm als Sohn mich an.[243]

NARR. Da kriegt s' ein saubers Kind.

DISTICHON. Verloren ist mein Geist. Wo find ich ihn?

NARR. Ich trommle ihn dir aus, es bringt ihn jeder gern, er nützt so niemand was.

DISTICHON. Gar, gar nichts fällt mir ein. Und ich soll heut den Preis erringen.

NARR kniet sich nieder. O du Herkules aller Dichter, ich winde mich im Staube und bewundere deine Unfähigkeit.

DISTICHON verzweifelnd sich vor die Stirne schlagend. Oh, hätte ich meine Gedanken in Spiritus bewahrt.

NARR ebenso. Oh, hätte ich meinen Witz an einen Eseltreiber verkauft.

DISTICHON. So dürft ich die Schmach nicht erleben, der Narr dieses Narren zu sein.

NARR. So dürft ich die Schand ihm nicht antun, an euch ihn zu üben.


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 243-244.
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Die gefesselte Phantasie. Original- Zauberspiel in zwei Aufzügen.
Raimundalmanach / Die gefesselte Phantasie