Siebenter Auftritt


[476] Voriger. Olimar und Astrachan


OLIMAR ein fetter Mann. Wer lärmt denn hier so auf der Straße? Das ist ja ein ganz fremder Mensch?

SIMPLIZIUS. Die Flachsen ziehts mir ordentlich zusammen, wenn einer redt auf mich.

OLIMAR. Der sieht ja wie ein Straßenräuber aus? der Kerl hat nichts Gutes im Sinne.

SIMPLIZIUS. Ich muß mich noch zurückhalten, bis ich Waffen hab. Ich werd mir s' erst sondiern.

ASTRACHAN rauh. Was tobst du so, an diesem feierlichen Tag? Pack dich von hier, du kecker Bursche.

SIMPLIZIUS lauernd. Wie reden Sie mit mir? Ich frag Sie nicht umsonst.

ASTRACHAN. Das brauchst du nicht, weil ich die Antwort dir nicht schuldig bleibe und sie auf deinen Rücken legen werde.[476]

SIMPLIZIUS erstaunt. So? nur gleich? Für sich. Ist schon gut unterdessen. Der wird schon umgebracht. Das ist der erste, den ich expedier. Ich muß mir nur einen Knopf ins Schnupftuch machen, damit ichs nicht vergeß. Tut es.

ASTRACHAN. Hast dus gehört, du sollst die Straße reinigen. Mach dich fort.

SIMPLIZIUS. Ich soll die Straße reinigen? Er muß mich für einen Gassenkehrer halten. Das hat mir niemand zu befehlen, ich bleibe hier. Er setzt sich auf einen Stein. Und wer nur einen Laut von sich gibt, der geht nicht gsund mehr von dem Platz da weg.

ASTRACHAN will auf ihn zu. Was?


Olimar hält ihn ab.


OLIMAR furchtsam zu Astrachan. Behutsam, Freund, er hat ja einen Prügel in der Hand.

ASTRACHAN. Was kümmerts mich! Du wirst dich doch nicht fürchten?

OLIMAR. Ei bewahre.

ASTRACHAN. Schäm dich, als eine Gerichtsperson. Gleich geh hin und beweise deinen Mut.

OLIMAR zitternd. Wer, wer ich? Ja was soll ich denn tun?

ASTRACHAN. Ihn von hinnen jagen.

OLIMAR. Ja wenn er sich nur jagen läßt. Aber du wirst sehn –

ASTRACHAN. Red ihn scharf an.

OLIMAR zu Simplizius. Hochzuverehrender Freund –

SIMPLIZIUS springt zornig auf. Was gibt es?

OLIMAR erschrickt heftig. Da hast du es jetzt, ich habs ja gleich gesagt.

SIMPLIZIUS. Was will der Herr?

ASTRACHAN der Olimar hält. Mut, Mut, ich helfe dir schon.

OLIMAR. Ja, laß mich nur nicht stecken. Nimmt sich zusammen. Laut. Er ungezogner Mensch –

ASTRACHAN. Nur zu, so ists schon recht.

OLIMAR. Wenn Ers noch einmal wagt in solchem Ton zu sprechen –

ASTRACHAN freudig. Vortrefflich! Siehst du, wie er zittert?

OLIMAR. Du irrst dich, Freund, das bin ja ich. Zu Simplizius.[477] So werd ich Ihm – Zu Astrachan. Ja was werd ich? geschwind!

ASTRACHAN heimlich. Die Kehle schnüren, daß Er an mich denken soll!

OLIMAR. Die Kehle schnüren, daß Er an mich denken soll. Ha! Wischt sich den Schweiß ab. Das war viel gewagt.

SIMPLIZIUS. Die Kehle schnüren? Das ist ein Schnürmacher. Nu, den können wir ja auch mitnehmen. Macht einen Knopf. Detto. Er macht die Bewegung des Erdolchens.

ASTRACHAN. Du hast dich gut gehalten. Jetzt laß mich reden. Hör, Kerl, wenn du jetzt nicht augenblicklich gehst und dich in unserer Stadt noch einmal blicken lassest, so wirst du sehn, was unsere Gerechtigkeit an einem solchen Lumpenhund für ein Exempel statuiert.

SIMPLIZIUS. Ah, das ist ein hantiger. Der muß viermal nacheinander sterben.

ASTRACHAN. Ha, gut. Dort kommen Abukar und Nimmelot.

OLIMAR. Das sind zwei verwegene Bursche.

SIMPLIZIUS. Verwegene Bursche? Da mach ich gleich in voraus Knöpf. Macht sie.


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 476-478.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Die unheilbringende Zauberkrone
Raimundalmanach / Die unheilbringende Zauberkrone: Oder König ohne Reich, Held ohne Mut, Schönheit ohne Jugend