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[157] Die Baronin und Sophie.
SOPHIE. Ach gnädige Frau, ich zittere, daß ich kein Glied stille halten kann, so oft ich an den schrecklichen Menschen denke.
BARONIN. Du hast ihn ja gar nicht gesehen.
SOPHIE. Aber der Commissionsrath hat ihn mir so deutlich und fürchterlich beschrieben.
BARONIN. Till ist ein braver Mann, aber ein Held wahrlich nicht.
SOPHIE. Ach, wenn Sie nur dieß eine Mal eine Recension geschrieben hätten![157]
BARONIN. Wer kann alles vorher wissen? Ich habe nichts als die Wahrheit gesagt.
SOPHIE. Aber wenn nun der wüthende Mensch Ihnen aufpaßt, Sie mißhandelt, Ihnen irgend einen entsetzlichen Schimpf anthut?! – Ach Gott! wie leicht ist nicht einem Frauenzimmer beizukommen – – wenn er gar Ihr kostbares Leben – –
BARONIN. Still! still! Ich will nichts mehr davon hören.
SOPHIE. Ach Himmel Sie zittern ja selbst, gnädige Frau.
FRAU. BARONIN. Nun ja – Deine ängstlichen Reden – die unglückliche Lebendigkeit meiner Phantasie –
SOPHIE. Ach ja! ich merke auch, daß ich vielmehr Phantasie habe, als ich glaubte. Liebe gnädige Frau, wenden Sie sich doch an den Herrn Onkel. Er ist schon vorgestern von seinem Gute zur Stadt gekommen, und noch hier.
BARONIN. An den, daß er über mich triumphirte? Nein,[158] eher das Aeußerste! eher will ich selbst mit den Waffen in der Hand meine Recension vertheidigen.
SOPHIE. Ach Gott! ach Gott! So erlauben Sie mir wenigstens die Sache dem Stadtdirector anzuzeigen. Die Polizei muß Sie doch schützen.
BARONIN. Schützen – freilich. – Aber die Polizei gegen einen Edelmann und Dichter?
SOPHIE. Der sich aber unadlich und unpoetisch beträgt.
BARONIN. Freilich – allerdings. – Doch Feldkirch ist nach der Buschmühle gefahren: vielleicht schlichtet er die Sache.
SOPHIE. Ach, der Herr von Feldkirch ist wohl nicht der Mann dazu. Erlauben Sie nur, meine liebe gnädige Frau – –
BARONIN. Deine Liebe und Anhänglichkeit rührt mich: aus diesem Grunde mag es sein. Aber laß Deine Aengstlichkeit nicht blicken; sage nur – oder nein! bitte lieber den Director, mich zu besuchen.[159]
SOPHIE. Schön. Sie wünschten ihn in einer wichtigen Angelegenheit – – –
BARONIN. In einer Angelegenheit, schlechtweg, wünschte ich ihn zu sprechen.
Ein Bediente tritt ein.
BEDIENTE. Der Herr von Horst, der hier durchreiset, wünscht der Frau Baronin seine Aufwartung zu machen.
BARONIN. Herr von Horst? Der Name klingt mir so bekannt; ich kann mich nur nicht besinnen, wo ich ihn gehört habe.
SOPHIE heimlich zu ihr. Wenn es nur nicht der fürchterliche Löwenklau unter erborgtem Namen ist.
BARONIN. O Himmel! – Was ist der Fremde für ein Mensch?
BEDIENTE. Ein hübscher, junger und, wie es scheint, recht feiner Herr. Er sagt, er mögte in Euer Gnaden die berühmte Schriftstellerin kennen lernen.
BARONIN. Ah so! Ja, liebe Sophie, was ist zu thun?[160] Solche Besuche sind nun einmal ein Uebel, das von einem berühmten Namen unzertrennlich ist. Zu dem Bedienten. Es wird mir sehr angenehm sein.
Der Bediente geht ab.
SOPHIE. Ach! ich zittere am ganzen Leibe. Es wäre doch möglich – – – –
BARONIN. Freilich – – – Nun, verbirg nur die Bedienten ins Kabinet, daß sie bei der Hand seien, wenn ich etwa ein Zeichen gebe. Aber sonst sollen sie sich ruhig verhalten.
SOPHIE. Sie sollten lieber den Besuch nicht annehmen.
BARONIN. Und wenn es nun wirklich ein Kunstfreund ist, der die Dichterin in mir will kennen lernen? Geh, und thue, was ich gesagt habe.
Sophie entfernt sich.