Erster Auftritt.

[189] Schönburg und Horst.


HORST. Ich versichere Sie, daß ich alle Gewalt, die man in meinen Jahren etwa über sich hat, aufbieten mußte, um mich nicht zu verrathen. So oft ich das Wort Recension oder Recensent in den Mund nahm, rückte sie scheu von mir weg, offenbar argwöhnte sie, ich wäre der fürchterliche Löwenklau en masque. Die Bedienten, die so wunderlich bewaffnet und unvermuthet aus dem Kabinet stürzten, waren gewiß dahin gestellt, um im Nothfalle Hülfe bei der Hand zu haben.

SCHÖNBURG. O wäre ich doch dabei gewesen! Nun der Spaß in der Buschmühle war auch nicht zu verachten. Ich saß bei einer Tasse Kaffee im Nebenzimmer.[189] Ihr Bruder spielte den rasenden Roland höchst genial. – Der gute Feldkirch sprach sehr gelassen, und sehr vernünftig. –

HORST. Und wurde eben deßhalb nicht gehört.

SCHÖNBURG. Recht, junger Herr. Im Gegentheil haben seine vernünftigen Reden unsere Thorheit gefördert.

HORST. Es ist mir aber doch lieb, daß wir ihn so glücklich los geworden sind, er hätte uns immer noch den Spaß verderben können.

SCHÖNBURG. Gewiß. Aber nun steht die Sache deliciös. Der Stadtdirector hat meiner Nichte alle Hülfe versagt. Natürlich! Die Polizei könnte ja selbst zur Fabel werden, wenn sie sich mit der Fabelhaften einließe. Nun muß der Hauptschlag geschehen. Sie, theurer Jüngling, spielen jetzt den Löwenklau, aber nur brieflich, schreiben meiner Nichte, fordernde bewußte Erklärung mit dem Zusatz, daß sie auf Ehre versprechen solle, nie mehr zu schreiben, drohen mit allen Aschen Schrecken u.s.w. In dieser Angst giebt entweder die Erklärung, und dann haben wir sie; oder sie wirft sich mir oder dem[190] Baron, der sie nun besuchen soll, in die Arme, und dann haben wir sie auch.


Quelle:
Ernst Raupach: Dramatische Werke komischer Gattung. Hamburg 1829, S. 189-191.
Lizenz:
Kategorien: