I. Auftritt

[239] Fortunatus, Marode, Sylvester.


FORTUNATUS. Ich wollte wünschen, daß Ihro Exzellenz und Hochgräfl. Gnaden zu Hause wären; vielleicht stündet ihr ihm alle beide an.

SYLVESTER. Wird denn der Herr Graf lange außen sein?

FORTUNATUS. Mein Freund, das kann ich nicht wissen. Sobald er aber von Hofe kömmt, will ich eurer bei Ihrer Exzellenz und Hochgräfl. Gnaden schon bestens gedenken.

MARODE. Ei ja, mein Herr Kapitänleutenant, Er sei immer so gütig und rede bei dem Herrn Grafen unser bestes, wir wollen uns schon gegen denselben mit der Zeit dankbar erweisen.

FORTUNATUS. Es hat davon ganz nichts zu sagen, denn mein gnädiger Herr muß ohndem zu seinem Staate noch ein paar tüchtige Jäger halten.

MARODE. Hält denn der Herr Graf jetzt gar keinen Jäger?

FORTUNATUS. Er hält wohl einen, allein es ist ein alter Kerl, der sich nicht mehr mit dem Gesichte behelfen kann.

SYLVESTER. Wo ist denn derselbe?

FORTUNATUS. Mein gnädiger Herr hat ihn gestern in seine Grafschaft geschickt, da soll er ein wenig die Wildbahne rekognoszieren, denn es wurde neulich herbericht', die Untertanen schössen daselbst die Hasen so weg.

MARODE. Es hat uns gestern ein alter Jäger zwei Meilen von hier begegnet, vielleicht ist es derselbe gewesen.

FORTUNATUS. Wie sah er denn aus?[239]

MARODE. Er hatte einen alten Dachsranzen auf dem Buckel und einen erschrecklichen großen Bart.

FORTUNATUS. Ja, denselben hat er, denn mein gnädiger Herr hat ihn immer damit geschraubt und gesagt, wenn er sich nicht würde den großen Bart abscheren lassen, so wollte er selbst einmal her sein und ihn solchen mit einen Strohwische abbrennen.

SYLVESTER. Sieh, sieh, ist dieser bei dem Herrn Grafen in Diensten?

FORTUNATUS. Mein gnädiger Herr hat ihn bishero nur das Gnadenbrot gegeben, und weil er ein alter Kerl ist, so braucht er ihn manchmal zu verschicken, dafür hat er jährlich zehn Rthlr.

MARODE. Ei, das ist mehr als zuviel vor so einen Jäger, der nicht mehr schießen kann.

FORTUNATUS. Allein, wie seid ihr denn in eurer Jägerei beschlagen? Versteht ihr denn euer Weidewerk auch recht aus dem Fundamente?

SYLVESTER. Ei, dafür hat es keine Sorge, mein Herr Kapitänleutenant, ich wollte, daß mir meine Büchse hier reden könnte, da sollte Er mit großer Verwunderung hören, wieviel Rebhühner ich einmal damit auf einer Weide geschossen, und wenn mir die Büchse dasselbe Mal nicht dreimal nacheinander versaget hätte, so wollte ich einen Schuß getan haben, der dobbersche sein sollen, so aber flogen von dem Abgeschnappe die meisten fort, und traf also ihrer nicht mehr als siebenzehn.

FORTUNATUS. Rebhühner?

SYLVESTER. Ja, mein Herr Kapitänleutenant, Rebhühner.

FORTUNATUS. Auf einer Weide?

SYLVESTER. Ja, auf einer Weide.

MARODE. Was will sich der Herr Kapitänleutenant darüber verwundern! Habe ich doch mit meiner Büchse hier drei Hasen auf einen Schoß auf einer großen Eiche geschossen; und wenn ich dazumal nur gut Zündkraut hätte auf der Pfanne gehabt, daß es geschwinde wäre losgegangen,[240] so hätte ich auch wohl noch ein paar Füchse mit ergattern wollen. So aber brannte es langsam ab, und als die schlauen Füchse das Feuer rochen, marschierten sie fort. Die drei Häschen aber mußten Haare lassen.

FORTUNATUS. Füchse und Hasen auf einer Eiche?

MARODE. Ja, mein Herr Kapitänleutenant, auf einer Eiche saßen sie und spielten miteinander.

FORTUNATUS. Je, habe ich doch mein Lebetage dergleichen nicht gehöret und bin doch mit meinem Herren Grafen auf so mancher Hasenhetze und Fuchsjagd gewesen.

MARODE. Es ist in Wahrheit keine Lügen.

FORTUNATUS. Das Ding muß ich meinem gnädigen Herrn, sobald er von Hofe kömmt, erzählen.

MARODE. Das kann der Herr Kapitänleutenant tun, und wenn uns der Herr Graf deswegen selbst zur Rede setzt, können wir ihn bei unsern Gewissen nicht anders berichten, als daß dieses alles wahr sei.

FORTUNATUS. Wenn ihr dartun könnet, daß diese Dinge mein gnädiger Herr sich einbilden kann und hält's für keine Schraube, so wird er euch schwerlich von sich lassen, und absonderlich, wenn ihr die Historie mit den Hasenschießen auf der großen Eiche beweisen könnet.

MARODE. Das muß mein Kammer-Rat hier mit guten Gewissen, wenn es verlanget wird, eidlich aussagen.

SYLVESTER. Und wenn's der Herr Graf mit dem Rebhühnerschießen auf der Weide mir auch nicht glauben will, so kannst du mir's eben auch beschweren.

MARODE. Ja, herzlich gerne, wenn's verlangt wird.

FORTUNATUS. Das wäre doch viel, wenn dieses wahr wäre.

MARODE. Ei, wenn ich doch nur damals gut Zündkraut hätte auf der Pfanne gehabt, es hätte mir wohl kein Fuchs weit springen sollen. Sobald ich aber in des Herrn Grafens Dienste kommen werde, so will ich mir schon gut Pulver zulegen, das fix losbrennet.

FORTUNATUS. Nicht allein gut Pulver, sondern ihr müßt[241] euch auch auf tüchtigen Hasenschrot befleißigen, denn es gibt in meines Herrn seiner Grafschaft erschrecklich viel Hasen.

SYLVESTER. Ei, wir wollen sie schon wegputzen, denn auf meine Büchse kann ich mich so gut verlassen, als wie der Bock auf seine Hörner.

MARODE. Und mit meiner hier will ich mit Willen auch wohl keinen Schuß verfehlen, denn es ist Damaszener-Gemächte.

FORTUNATUS. Je nu nu, ich will's meinem gnädigen Herrn, wenn er nach Hause kömmt, so erzählen und euer Bestes gedenken. Wollt ihr nun so gut sein und etwan nach Mittage um zwei oder um drei Uhr vor meines gnädigen Herrns sein Zimmer kom men, so sollt ihr vor andern Audienz haben und verhoffentlich mit einer erfreulichen Resolution begnadiget werden.

MARODE. Ganz gut, mein Herr Kapitänleutenant, wir wollen uns hier nicht länger aufhalten, sondern die bestimmte Zeit schon in acht zu nehmen wissen. Nur darum bitte ich nochmals, Er rede unser Bestes, wir wollen dafür dankbar sein.

SYLVESTER. Ei ja, Er tue es immer, wer weiß, wo wir sonst einander wieder brauchen.

FORTUNATUS. Ihr dürft deswegen keine Sorge tragen, ich will's schone machen.

MARODE. Nun, wir wollen uns ohnfehlbar einstellen.

FORTUNATUS. Das tut, und nehmt die gesetzte Zeit in acht.

SYLVESTER. Es soll geschehen.


Marode und Sylvester gehen ab.


Quelle:
Christian Reuter: Werke in einem Band. Weimar 1962, S. 239-242.
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