|
[280] Walpe mit einem Glas Bier zu den Vorigen.
WALPE. Da bringe ich den Herrn ein Glas Bier. Sie werden's in der Stadt nicht besser finden.[280]
FEUERFAX. Ei, das glaube ich Ihr gar wohl.
JOHANNES. Von der Neige hättest du ihnen bringen sollen.
WALPE. Weswegen denn?
JOHANNES. Warum saufen sie keinen Wein?
WALPE. Je, lieber Mann, wer kann denn die Herren zwingen, wenn sie nicht wollen.
JOHANNES. Nu allons, einmal herumgetrunken!
JUKUNDUS. Prosit, Herr Bruder, deiner Dicke Gesundheit,
JOHANNES. Sie lebe, meine Dicke, in meinem Namen aber.
JUKUNDUS. Allons, ein Runda. Jukundus trinkt.
Singen.
ALLE.
Runda, runda, der Wein ist gut,
runda dinellula.
Er macht uns einen frischen Mut,
runda dinellula.
JOHANNES. Das ist viel!
JUKUNDUS. Da, tu mir Bescheid, wir wollen dir auch ein Runda singen.
JOHANNES. Nun, hallo, he! Singt!
Sie fangen alle wieder an zu singen.
Runda, runda, der Wein ist gut,
runda dinellula.
Herr Johannes ist ein Fünfzehnhut,
runda dinellula.
JOHANNES. Ein Schelm heißt mich so.
LEANDER. Ei Bruder, wir meinen ja dich nicht.
JOHANNES. Das war ein Wort.
LEANDER. Um Vergebung, mein Herr Fähndrich, daß ich frage. Hält denn Ihr Herr Graf auch viel Volk?
FRIEDENSCHILD. Nein, Monsieur, er hat von gemeinen Soldaten noch nichts geworben. Aber auf das Frühjahr will er etliche Regimenter werben lassen.
JOHANNES. Das ist viel.
FRIEDENSCHILD. Ja, er muß doch in seiner Grafschaft[281] Soldaten haben, damit er in Fall der Not seine Festungen defendieren kann.
JUKUNDUS. Der Herr Graf aber hat sonst sehr viel Leute.
FEUERFAX. Ja, die hält er nur zu seinem Staate.
FRIEDENSCHILD. Ich wollte, daß es morgen wieder zu Felde ginge. Es sollte mir so lieb sein, als wenn mir einer hundert Speziesdukaten verehrete.
LEANDER. Es scheinet, als wenn der Herr Fähndrich schon mehr wäre darbei gewesen.
FRIEDENSCHILD. Monsieur mag mir's gläuben oder nicht, ich bin vor diesem mit gewesen in Ungarn, vor Ofen, vor Wien, vor Stuhlweißenburg und bald gar mit vor Konstantinopel. Item draußen am Rhein vor Mainz, vor Bonn, Monsieur, und Namur, ja ich habe mich, der Tebel hol mer, so versucht im Kriege, daß, wenn ich alles erzählen sollte, einem die Haare zu Berge stehen würden.
LEANDER. Allein, ist auch der Herr Fähndrich ohne Blessuren immer davon gekommen?
FRIEDENSCHILD. Ja, Monsieur, das kann ich wohl sagen, daß mir kein Finger ist verletzet worden, und bin doch in sehr gefährlichen Scharmützeln mitgewesen. Messieurs, Sie mögen mir's glauben oder nicht, ich bin bei der Eroberung Namur mit einer Falkenetkugel auf die Herzkammer geschossen worden, daß es, der Tebel hol mer, gepufft hat.
JUKUNDUS. Und wäre nicht durchgegangen?
FRIEDENSCHILD. Nein, Monsieur.
JOHANNES. Auch kein blauer Fleck?
FRIEDENSCHILD. Nicht das geringste war zu sehen; sondern ich langte die Kugel ohne einziges Verletzen aus dem Busen heraus, daß sich auch alle meine Kameraden darüber verwunderten.
JOHANNES. Das ist viel.
FRIEDENSCHILD. Herr Bruder, du magst mir's glauben oder nicht, ich kann diese Stunde noch dieselbe Kugel weisen.[282]
JUKUNDUS. Ich dächte, es könnte fast unmöglich sein.
FRIEDENSCHILD. Monsieur lasse mich nicht schweren, allein es ist, der Tebel hol mer, wahr.
LEANDER. Dächte man doch nicht, daß dieses von rechten Dingen zugehen könnte.
FEUERFAX. Warum nicht, Monsieur? Es gibt viele Dinge vor Hauen, Stechen und Schießen, die doch natürlich sein, und mancher, der es nicht weiß, dächte, es wäre Hexerei.
LEANDER. Sollte das wohl möglich sein?
FEUERFAX. Monsieur, schau Er: Hier habe ich eine Salpeterkugel, die ist ihrer Güte halber 200 Rthlr. wert. Wenn ich davon nur einer Linse groß abbreche und schmiere mich damit, so mag einer auf mich hauen, auf mich stechen und auf mich schüßen, es wird nicht durchgehen.
JOHANNES. Mein Lebetage nicht gehört!
LEANDER. So eine Kugel möcht ich haben.
FEUERFAX. Wenn Monsieur selbige verlangt, so kann ich sie Ihm schon lassen.
LEANDER. Wie teuer denn?
FEUERFAX. Monsieur mag mir nur einen Speziesdukaten dafür geben.
LEANDER. Nein, mein Herr Hauptmann, so viel Geld wende ich auf eine Salpeterkugel wohl nicht
FEUERFAX. Höre Er, Monsieur, weil ich jetzo notwendig Geld brauche, so soll Er mir vier gute Groschen dafür geben.
LEANDER. Hier sind zwei Groschen. Kann sie der Herr Hauptmann dafür vergessen, mehr gebe ich nicht dafür.
FEUERFAX. Weil es der Herr ist, so will ich sie Ihn doch dafür lassen, damit Er nun sieht, was für einen Effekt dieselbe hat.
LEANDER. Hier ist Geld, mein Herr Hauptmann. Gibt ihn zwei Groschen vor die Kugel.
FEUERFAX. Monsieur, der Henker zerreiße mich, wenn ich Ihn nicht zehen Taler an derselben Kugel schenke, denn es ist eine echte Rarität.[283]
FRIEDENSCHILD. Diesen Degen hier, Messieurs, a vôtre permission Ziehet den langen Stoßdegen auf dreimal heraus. den wollte ich keinen vor 30 Tlr. geben; auf denselben kann ich mich verlassen.
JUKUNDUS. Wieso? Weil er so lang ist?
FEUERFAX. Nein, Monsieur, und wenn tausend andere Klingen ihn nur anrühren, so müssen sie alle springen.
JOHANNES. Wie geht's aber zu?
FRIEDENSCHILD. Das will ich dir gleich sagen. Steckt ihn wieder in die Scheide.
JOHANNES. Wie denn?
FRIEDENSCHILD. Ich habe nicht mehr als eine Erbse groß von des Herrn Hauptmanns seiner Salpeterkugel mir in Knopf machen lassen, und davon müssen alle anderen Klingen springen, sie mögen sein aus Spanien oder aus Teutschland.
JOHANNES. Das ist viel.
FEUERFAX. Ja, Herr Fähndrich, es wird finster, wir werden müssen marschieren. Der Graf dürfte wohl heute zeitlich nach Hause gehen und sich schlafen legen.
FRIEDENSCHILD. Es ist wahr, er sahe ohndem alle schläfrig aus. Herr Bruder, wieviel haben wir Bier?
JOHANNES. Eine treffliche Zeche, ein Glas.
FRIEDENSCHILD. Was kostet es?
JOHANNES. Als wenn du's irgend nicht wüßtest.
FEUERFAX. Wieviel denn?
JOHANNES. Zwei Groschen, gottlob!
FRIEDENSCHILD. Hier wird Geld sein. Gibt ihn Geld.
JOHANNES. Wollt ihr denn nicht noch eins?
FEUERFAX. Nein, wir haben nicht Zeit; ein andermal.
JOHANNES. Wie du willst, Momflere; aber höre ein Wort. Saget Feuerfaxen etwas heimlich ins Ohr. Das Restchen, Momflere?
FEUERFAX. Was vor ein Restchen?
JOHANNES. Bei Ehrenfriedchen, deinen Herrn, die 16 Kannen Wein, nu! Da hast's![284]
FEUERFAX. Ja so, ich dachte, du wolltest von mir was haben.
JOHANNES. Nicht doch.
FEUERFAX. Höre Bruder, ich kann dir keinen bessern Rat geben, als daß du es aufsetzest, was es macht, und bringest es hernach meinen gnädigen Herrn hin, wenn er zu Hause ist.
JOHANNES. Welche Zeit wohl?
FEUERFAX. Komm nur morgen früh um neun Uhr oder des Nachmittags um zwei oder drei Uhr, so ist er zu Hause, und alsdenn kannst du dich nur bei ihm anmelden lassen.
JOHANNES. Ganz gut, Momflere, ich will hinkommen.
FEUERFAX. Das tu du nur, es wird ihn recht lieb sein. Steht mit Friedenschilden auf. Nun Ihr Diener, meine Herren.
LEANDER. Serviteur, Herr Hauptmann. Er lasse sich seine Salpeterkugel nicht dauren.
FEUERFAX. Es hat nichts zu sagen, kann ich mir doch schon eine andere wieder machen.
FRIEDENSCHILD. Serviteur, Messieurs, Sie leben wohl.
JUKUNDUS. Oh, Ihr Diener, Herr Fähndrich.
JOHANNES. Lebe wohl, Momflere, kommt auch bald wieder zu mir, bringt Ehrenfriedchen auch einmal wieder mit.
FRIEDENSCHILD. Wir wollen sehen, wie es die Gelegenheit geben wird. Adieu!
LEANDER UND JUKUNDUS. Serviteur.
Feuerfax und Friedenschild gehen ab, Herr Johannes gibt ihm das Geleite.
LEANDER. Was meinst du, Bruder, sollten die Dinge wohl wahr sein mit der Falkenetkugel?
JOHANNES. Je, wer wird denn solch Ding glauben. Ich glaube nicht, daß der Kerl einmal einen toten Hund gesehen hat, geschweige daß er wäre mit der Falkenetkugel auf die Brust geschossen worden.
LEANDER. Ei, was fehlte denn dem Herrn Hauptmann mit seiner Salpeterkugel, die er mir vor zwei Groschen verkauft hat?[285]
JUKUNDUS. Wenn du die zwei Groschen versoffen hättest oder einem armen Menschen dafür gegeben, vielleicht hättest du sie besser angewendet als so.
LEANDER. Ich habe nur solches aus Spaß getan. Ich weiß indem wohl, daß sie zu nichts hilft.
JUKUNDUS. Die armen Offizierer, sie dachten wunder was sie vor Taten getan hätten.
LEANDER. Ei, das sind die rechten Offizierer. Man sollte wohl was Kluges mit sie ausrichten können, zumal der Fähndrich mit seinen Stoßdegen.
JUKUNDUS. Habe ich doch Zeit meiner Tage keinen solchen Degen gesehen.
Ausgewählte Ausgaben von
Graf Ehrenfried
|
Buchempfehlung
Der aus Troja zurückgekehrte Agamemnon wird ermordet. Seine Gattin hat ihn mit seinem Vetter betrogen. Orestes, Sohn des Agamemnon, nimmt blutige Rache an den Mördern seines Vaters. Die Orestie, die Aischylos kurz vor seinem Tod abschloss, ist die einzige vollständig erhaltene Tragödientrilogie und damit einzigartiger Beleg übergreifender dramaturgischer Einheit im griechischen Drama.
114 Seiten, 4.30 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro