Vierter Auftritt

[305] Cursino, Culin.


CULIN. So ist's dein rechter Ernst, daß du willst durchgehen?

CURSINO. Ich habe die Briefe von so einen Herrn, der einen kein Kostgeld gibt. Man kann ja nicht von der Luft leben.

CULIN. Das ist wahr, und wenn ich bei dem Küchenjungen bei Hofe nicht manchmal von dem verbrannten Schöpsenbraten und verdorbenen Wildbrete etwas erbettelt hätte, ich glaube, ich wäre längst verhungert.

CURSINO. Ei, es ist ja außer der Weise. Ist gleich manchmal ein Heller Geld da, so nehmen's die großen Diener weg und unsereiner muß krepieren.

CULIN. Du herzer Bruder, sie kriegen eben auch nicht viel. Gestern hat er nun die dreißig Rthlr., welche er hat auf den Rock borgen lassen, in der Glücksbude verspielet; heute ist nun wieder nichts da. Wo zum Henker will es denn immer herkommen?

CURSINO. Drum wird es das beste sein, daß man die Laufschuhe anziehet und seinen Marsch aus der Stadt nimmt.

CULIN. Je, Bruder, wenn du fort marschierest, so gehe ich mit. Allein wir wollen uns erst vom Grafen unsern Abschied geben lassen.

CURSINO. Ei, was frag ich nach seinem Abschiede.

CULIN. Wo denkst du aber zu?

CURSINO. Ich will wieder nach Italien zu meiner Mutter reisen. Wenn du nun mit willst, so mache fort, denn hier warte ich nicht länger.

CULIN. Wie kommen wir aber fort, wenn wir kein Geld haben?

CURSINO. Je, fragst du nicht Dinge? Wo kommen denn die Bettler fort?

CULIN. Ei, so werden wir schöne Güter mit in unser Vaterland bringen.[306]

CURSINO. Das mag's tun, Hunger leiden kann ich hier länger nicht.

CULIN. Wie aber, wenn wir uns in Teutschland nach einem ändern Herrn umtäten?

CURSINO. Du bist wunderlich! Wer wird denn so ein paar nackigte Kerl annehmen, als wie wir sind. Ja, wenn wir noch was auf dem Leibe hätten, so möchte es noch sein; so aber gehen wir ja, als wenn wir von dem Galgen gefallen wären.

CULIN. So mache nur fort, ich will mitmarschieren, damit wir mit Ehren aus der Stadt kommen, sonst, wo es der Graf erfähret, daß wir durchgehen wollen, so schickt er uns nach, und wenn er uns kriegt, so läßt er uns alle beide in den Bock spannen und ziehet uns die Mundierung darzu noch aus.

CURSINO. Je, das geschieht, darum laß uns nur sehen, wo der Zimmermann das Loch gelassen hat.

CULIN. So komm nur, an mir fehlt's ja nicht. Gehen ab.


Es wird musiziert, und unter währender Musik eröffnet sich der Prospekt und zeiget Graf Ehrenfrieds Glücksbude, worinnen allerhand Lappereien und Sachen zu sehen sein. Der Graf stehet mit Mummelmärten in der Glücksbude, vor derselben aber stehen alle seine Bedienten wie auch andere Leute, und greift einer nach den andern hinein, worzu auch endlich Leander, Jukundus und andere Leute kommen und hineingreifen. Mummelmärten muß die Gewinste austeilen. Die Sachen, so da zu sehen, werden alle herausgegriffen, und wird zu jedem Gewinste getrummelt. Einer geht ab, der andere zu, und nachdem die geltenden Gewinste alle herausgegriffen sein, wird unter währender Musik die Glücksbude wieder bedeckt.


Quelle:
Christian Reuter: Werke in einem Band. Weimar 1962, S. 305-307.
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