Dat virteihnte Kapittel

[133] Worüm de Herr Amtshauptmann mit 'ne leddige Waschschöttel vör min Mutting stunn. Wat Fiken un Hinrich wullen; un worüm Fritz Sahlmann mit sine Red nich tau Schick kamm.


De trurigste Dag in mine Jugendtid, up den ick mi tau besinnen weit, was des'. Leiwer Gott! wo sach dat in min Mutting ehr Stuw' ut!

Min Mutting hadd woll all lang' markt, dat wat vörgüng, wat nich sin süll, un wenn sei ok en sihr beweglichen Geist hadd un 'ne lewige Vörstellung, de ehr allens glik vör de Ogen bröcht un in't Licht stellt, so hadden doch Krankheit un Leid sei doran gewennt, sick tau faten, un, wat kamen müßt, in Ergewung tau dragen; äwer Ungewißheit is in so'ne[133] Lag' sihr slimm, un wat noch slimmer is, dat is de Unmäglichkeit, sick Gewißheit tau verschaffen. Als sei de lude Red' von minen Vader up de Dehl hüren ded un de heftigen Würd' von den Franzosen un den korten Befehl von den Obersten, ahnt sei, wat dor geschach, ahn dat sei de Würd' verstunn; de Angst steg in ehr up, un kein Minsch was üm ehr, kein Minsch hürt up ehr Klingeln. Ehre hülplose Lag' un dat bittere Gefäuhl, dat sei nich helpen künn, dat sei nich dor stünn, wo sei stahn müßt, an de Sid von minen Vader, äwernemen sei, un as de oll Amtshauptmann in de Stuw' rinne kamm, was sei beswimt un lagg för dod in ihren Krankenstaul.

De oll Herr was mit den schönsten Trostspruch ut Mark Aurelen up de Lippen rinne treden; äwer as hei den Taustand gewohr würd, föll hei ganz ut de Rull un röp ein äwer't anner Mal: »Ne, wat denn? Min Herzenskindting! Wat is Sei? Wat is Sei?« De oll Herr, de süs nich ut de Fatung tau bringen was, was mit sin Gedanken rein ut Rick un Schick geraden, un hei hadd blot dat düstre Gefäuhl behollen, dat hir wat gescheihn müßt, un as ick mit de hellen Tranen in de Ogen rinne störten ded, stunn hei mit 'ne Waschschöttel, wo kein Water in was, vör min Mutting un röp: »Dies ist doch eine sehr sonderbare Sache!« – Endlich kamm up min Schrigen de Fru Amtshauptmannen un Mamsell Westphalen tau Hülp. Ick hadd mi an min Mutting ran smeten un röp ein äwer't anner Mal: »Mutting, min leiw' Mutting, hei kümmt wedder; ick sall di seggen, hei wir bald wedder hir!« – Endlich, endlich kam sei tau Besinnung, un was dat irst ängstlich west, so würd dat nu en Jammer.

Trösten is dat lichtste Geschäft för den, de mit Redensorten baben den Harten weg en Trurigen einen Bewis von sin Höflichkeit gewen will; äwer't is dat swönnste Geschäft, wenn einer sin Hart, bet an den Rand vull Leiw', in en anner bedürftig Hart utgeiten müggt un dorbi fäuhlt, dat all de Leiw', de man beiden kann, nich utreikt, üm dat arme Hart tau nige Hoffnung lebendig tau maken; un dit swor Geschäft ward[134] tau 'ne Unmäglichkeit, wenn einer an sinen eigenen Trost nich glöwt. Gott Lob un Dank! Dit was hir nich de Fall. De tru'sten Harten stunnen uns bi, un den ollen Herrn un sine gaude Fru gelung dat bi Lütten, min Mutting in ehren Jammer Rauh tau verschaffen, un as sei man irst för Grün'n taugänglich was, dunn süll't nich doran fehlen, denn hadd ein Minsch up de Welt Grün'n, denn hadd sei de oll Herr Amtshauptmann, un hüt sport hei sei nich.

Bi mi verslogen de Grün'n weniger, äwer ick was dorüm doch noch ihre tröst't as min Mutting. Mi hadd Mamsell Westphalen up den Schot namen, un währenddeß, dat ehr de Tranen ut de Ogen schoten, makt sei mi de prächtigsten Utsichten up de schönsten Appel, un dat ded't bi mi; en Kinnerhart is bald tröst't, un verlangt en Bom en düchtigen Regen, so ward en Grashalm all nah en Daudruppen frisch.

As de irste Jammer vöräwer was, kamm de Stadtdeiner Luth herinne un säd den Herrn Amtshauptmann, Möller Vossen sin Fiken stünn buten un wull em en por Würd' spreken. »Min Herzenskindting«, säd de oll Herr, »dat is en braves Mäten, ick weit dat gewiß, un sei ward ok üm ehren Vader in Ängsten sin; ick denk, wi hüren hir, wat dat arme Worm will. Wo seggt Horaz: est solamen miseris socios habuisse malorum. Ick äwersett Sei dat nahsten. – Luth, min leiw' Mann, lat Hei dat Mäten rinne kamen.«

Fiken kamm herin. Sei was 'ne lütte, finbugte Dirn, äwer de Gesundheit lagg up ehre frischen Backen, un wenn ehr Ogen up Stun'ns ok trurig vör sick hen segen, so kunn em doch seihn, dat sei tau Tiden lustig in de Welt rinne lachen kunnen. Ehr ganz Utseihn wis'te, dat sei in allen Dingen en bedräplich Mäten was, wat sick nich von ehr Unnernemen afwennig maken let, un up ehr truhartig Gesicht was tau lesen, dat sei sick nich mit een Unnernemen afgaww, wenn sei't nich für recht inseihn hadd. Sei hadd äwer ehr dreistückig Mütz wegen den Regen en rodes Dauk bunnen un stunn so sauber in ehren rod- un gräunstripigen wullintlin'n Rock vör den ollen Herrn, dat hei sick nah sin Fru ümwen'nte[135] un halwlud säd: »Ne, wat denn, Neiting?« – As Fiken em ehren Knix makt hadd, gung sei an de Frau Amtshauptmannen un min Mutting un Mamsell Westphalen ranne un makte ehr ok einen un gaww ehr de Hand, so wull dat de oll truhartige Tid.

»Herr Amtshauptmann«, säd Fiken, »min Vader un uns' Buren hewwen ümmer vel Gauds von Sei vertellt, un dorüm bün ick drist naug, in min Drangsal tau Sei tau kamen.« – »Wat haddst du denn woll up dinen Harten, min Döchting?« frog de oll Herr fründlich un läd ehr de Hand up den Kopp. »Ne, wat denn?« – »Herr, min Vatting is unschüllig«, säd sei wider un kek den Ollen so recht mit Vertrugen in de Ogen. – »Dat hei dat is, weit ick, min Kindting«, säd de oll Herr un nickte mit den Kopp. – »Un dorüm heww ick ok kein Angst, dat hei nich bald fri kamen möt«, säd Fiken. – »Hm! Ja! Dat heit, dat wir nich mihr as recht. Äwer in de jitzige Tid geiht Gewalt vör Recht, un is dat all bi den besten Willen in ruhigen Tiden för den Minschen swor, den Unschülligen von den Schülligen utfinnig tau maken, so is dat in Krigstiden noch swönner, vör allen, wenn de gaude Will fehlt.« – »Dorvör heww ick kein Bang'n«, föll Fiken rasch in; »fri möt hei kamen, un dat ball. Äwer min Vatting is en ollen Mann, em kann wat taustöten, un denn is keiner üm em rümmer, dorüm wull ick em nah.« – »Min Döchting«, säd de oll Herr un schüddelt mit den Kopp, »du büst jung, un Soldaten sünd ruge Gäst, dat künn kein Trost för dinen Vader sin, wenn hei di in ehr Gesellschaft wüßt.« – »Herr, ick wull ok nich allein mit, min Vedder Hinrich, wat Jochen Vossen sin Sähn is, de wull mit mi, un wi dachten, wenn Sei uns en Schriwen, so as en Schutzbreiw, mitgewen, denn künn uns nicks passieren.« – »En Schutzbreiw?« säd de oll Herr un schüddelt düller mit den Kopp. »Min Döchting, dat Volk ward sick vel an en Schutzbreiw von einen Stemhäger Amtshauptmann kihren. Un doch, min Herzenskindting!« un wen'nt sick an min Mutting, »wenn ick ehr so'n Breiw an den Obersten von Toll mitgew; ne, wat denn? – Neiting, er müßte nicht der[136] Sohn von Renatus von Toll sein, wenn hei dit lütt Mäten ahn Schutz let. – Un du seggst«, wen'nt hei sick wedder an Fiken, »din Vedder Hinrich will mit di?« – »Ja, Herr, hei steiht hir up de Dehl.« – »Raup em mal rinne!«

Hinrich kamm rin. Hei was en sturen Kirl, breid in de Schullern un rank in de Hüften, blag von Ogen un hell von Hor; von de Ort, de einer bi uns in de Austtid von morgens Klock söß bet abends Klock nägen den Seißenbom regieren süht, as wir't 'ne Schriwfedder, womit en jeder sin Dagwark verteiken müßt. – »Un du, min Sähn«, säd de oll Herr, »du wullst mit Fiken gahn?« – »Ja, Herr.« – »Un du wullst ehr Schutz sin un wullst sei nich verlaten?« – »Ja, Herr! Un ick heww min Pird un Wag' hir, un ick dacht so, wenn dat Franzosentüg nicks dorwedder hadd, kün'n jo de Gefangen mit Fiken führen, un ick güng denn biher.« – »Herr Amtshauptmann«, röp min Mutting, »helpen S' em tau sin Vörnemen, dit is mäglicher Wis' de einzigste Gelegenheit, dat ick minen Mann dat Notwendigste nahschicken kann. Hei is jo, as hei gung un stunn, up de Strat reten worden, un denn in dit Weder!« – »Wohr, min Herzenskindting, wohr! Ja, ick will di den Breiw schriwen, Fiken. Un, Neiting, de oll Möller is ok ahn Kledaschen wegkamen, sorg dorför. – Minen Mantel, Mamsell Westphalen, un ok 'ne Slapmütz, denn ick weit, hei dröggt weck. Un, min Herzenskindting«, säd hei tau min Mutting, »wer sick einmal doran gewennt hett, för den is dat slimm, wenn hei sei missen sall.« – »Fritz«, säd Fru Amtshauptmannen tau mi, »lop räwer nah Bäcker Witt's, ob de Strüwingken ehren Vader nich ok wat mitschicken wull.«

Nu gung dat denn an't Packen; in'n Ümseihn was dat besorgt, un as allens up den Wagen lagg, kamm de Strüwingken noch mit en groten Korw vull Botterpamel un Mettwust antaudragen. Fiken satt all up den Wagen, de Herr Amtshauptmann hadd den Breiw farig, un as hei'n Fiken gewen hadd, röp hei Hinrichen bi Sid un säd: »Also du büst Jochen Vossen sin Sähn, de mit den Möller so lang in'n Prozeß legen hett?« – »Ja, Herr Amtshauptmann, nemen S' 't nich äwel,[137] äwer min Vader was ok wat steinpöttig un hadd sick dorup set't; äwer ick bün derowegen herkamen un heww ok mit den Möller all redt un nahsten ok mit Fiken, un wenn't nah minen Willen geiht, denn kümmt de Sak in de Reih.« – »Min Sähn«, säd de oll Herr un gaww em de Hand un schüddelt s', »irstens will 'ck di wat seggen: du geföllst mi. Äwer tweitens will ick di ok watt seggen: du hest di tau den Möller sin Fiken ehren Schutz upsmeten, lettst du mi dat Mäten en Hor krümmen, denn kumm mi nich wedder unner de Ogen.« – Dormit dreiht hei sick üm, gung in min Mutting ehr Stuw' un säd: »En prächtiges Mädchen, min Herzenskindting!«

»Wat säd de Herr Amtshauptmann tau di?« frog Fiken, as Hinrich an ehre Sid satt un dat Fuhrwark furt gung. »Oh, hei säd man so«, säd Hinrich. »Äwerst du wardst di verküllen!« set't hei hentau un wickelt sei in den ollen Herrn sinen Mantel un führt grelling de Strat dal.

As sei knapp ut den Dur wiren, kemen ehr de Stemhäger Lüd' entgegen, de noch 'ne Wil mit de Franzosen un de Gefangen gahn wiren; vöran natürlich Fritz Sahlmann. Wo sach de Jung' ut! As hadd hei den Dag äwer in Teigelkuhl un Leimtrad wirkt. »De Burmeister is utritscht!« röp hei de Strat lang. »De Burmeister is up oll Nicolain sinen Brunen in de Wicken gahn. Ick heww em en Wink gewen, un heidi! was hei.« – »Jung', wat redst du?« säd Schauster Banken sin Fru, de äwer de halwe Husdör nah ehren Mann utkek. – »Ja, Nahwersch«, säd Sprüttenmeister Tröpner, de nu ranne kamm. »de Burmeister is ehr fläuten gahn; äwer dinen Mann hewwen s' en Denkzettel gewen; kak em man en beten Saffran un Roggenmehl un legg em dat mang de Schullern, wo em de Franzos' mit den Flintenkolben keddeln ded.«

As en Lopfüer gung de Nahricht dörch de Stadt: »De Burmeister is up Nicolain sinen Brunen de Franzosen ut de Lappen gahn!« Un de Stadtdeiner Luth ströt't in min Mutting ehr Stuw' herin mit en Gesicht, as wenn de tweite Pingsten- un Oster-Dag up einen Dag follen wir un hei wir dortau set't, dat hei dat Part von Vergnäugen, wat an desen Dagen[138] up de ganze Stemhäger Börgerschaft fallen ded, allein geneiten süll. »Fru Burmeistern!« röp hei, »verfiren S' sick nich! – Herr Amtshauptmann, 't is wat Gauds! – 't is wat Gauds, Fru Amtshauptmannen! – Mamsell Westphalen, wo is't mäglich! – Uns' Herr is de Franzosen utritscht!« – Ach du leiwer Gott, wat würd't för en Upstand! Min Mutting bäwerte an Hän'n un Fäuten, de Herr Amtshauptmann verget sin Öller un sin Stellung, kreg den Stadtdeiner bi'n Kragen un schüddelt em nah Kräften: »Luth, Mann, besinn Hei sick! Uns is hir nich spaßig tau Maud'.« – De Fru Amtshauptmannen gung in Besorgnis an min Mutting ranne, un Mamsell Westphalen satt stur un stiw un säd: »Mit Verlöw tau seggen, Herr Amtshauptmann, hei 's 'n Hanswust!« – »Herr Amtshauptmann, Herr Amtshauptmann!« röp Luth un let sick schüddeln, »glöwen S' mi dat doch tau, Fritz Sahlmann het't jo mit anseihn un hett mi't seggt.« – »Fritz Sahlmann? Min Fritz Sahlmann?« frog de oll Herr un let den Stadtdeiner los. – »Herr Amtshauptmann«, säd Mamsell Westphalen ganz ruhig, »as de ein heit, süht de anner ut. Fritz Sahlmann un de Wohrheit kiken sick enanner an as Kukuk un Säbenstirn.« – »Wo is de Jung'?« frog de oll Herr. – »Hir buten steiht hei up de Dehl«, säd Luth.

Mit grote Schritten gung de oll Herr nah de Dör un röp rute: »Fritz! Fritz Sahlmann, kumm hir mal rinne!« – Fritz Sahlmann kamm; in sine Bost wiren twei Gewalten: de Lust, sine Heldendahten tau vertellen, un de Furcht vör en natt Johr von wegen sin Utseihn; de ein drew em nah vörwarts, un de anner höll em taurügg, un't müggt jo woll de ein linksch un de anner rechtsch wirken, genaug, hei kamm verschrat in de Dör, mit sin gaud Sid irst, hadd äwer doch sin Reknung falsch äwerslagen, denn hei let dorbi uter acht, dat up dese Wis' sin natürliche Swerpunkt, mit den hei sick in den Hollweg dal set't hadd, de Fru Amtshauptmannen un Mamsell Westphalen alsoglik vör de Ogen kamen müßt. – »Fritz Sahlmann«, frog de oll Herr, »wat is dit all?« – Fritz Sahlmann, de in'n ganzen mit 'ne Ort von Stolz inrückt was, let den[139] Kopp hängen un kek sin Unnerdeil an: »Ob, nicks, Herr Amtshauptmann! Blot en beten reinen Leim.« – »Gott bewohr uns!« röp de Fru Amtshauptmannen, »wo süht de Jung' ut! Wer sall den wedder rein krigen!« – »Dör möt Fik un Korlin, jede mit ein stuwen Bessen, äwer«, säd Mamsell Westphalen ganz ruhig. – »Jung'«, säd de Herr Amtshauptmann, »nu segg mi glick de reine Wohrheit: is de Burmeister flüchtig worden oder nich?« – »Ja, Herr Amtshauptmann«, säd Fritz un kek wedder tau Höcht, »hei's ehr schappiert.« – »Lägen!« smet Mamsell Westphalen verluren dormang. »Wo kann ut so'n unreines Gefäß de reine Wohrheit kamen?« – »Vertell, Fritz!« säd de Oll. Un Fritz vertellt.

't kümmt oft vör in de Welt, dat einer tau vele Ihr inausten will un doräwer ok de verlustig geiht, de em mit Recht taukümmt. So gung dat Fritzen ok. As hei bet sinen Andeil an de Geschicht kamen was, vertellt hei so ümständlich, beschrew sinen natürlichen Fall so genau un makt so vele Redensorten, üm sine Daht in en helles Licht tau stellen, dat hei noch lang' nich mit de Geschicht tau En'n was, as Luth mit den Sprüttenmeister Tröpner herinne kamm un de Herr Amtshauptmann sick an den wen'nte: »Mein lieber Meister, was wissen Sie von der Sache?« – Meister Tröpner fäuhlte ut dese hochdütsche Frag rute, dat hei von den ollen Herrn as en gebildten Minsch traktiert würd, un beslot, sick ok as en gebildten Minsch tau bedragen, hei säd also up Hochdütsch: »Ich hätte es von Ur tau En'n mit angesehn.« Nu vertellte hei denn de Sak wedder von vör, let Fritz Sahlmannen sinen Andeil ganz weg un slot sine Vertellung mit dese Würd': »Un somit sprung de Herr Burmeister achter den Herrn Ratsherrn sinen Mantäng heraus, fuhr um die Ekklipage rum, krawwelte sich fixing den Äuwer in die Höchte, sprung achter de holle Weide, riß Fritzen vor Gewalt die Tägel aus die Hände, swung sich in den Sadel, un als er man erst die Fühlung von den Braunen unter sich hatte, bädelte er plängschaß den Barg hendal, ümmer auf die Pribbenowschen Dannen zu, was't Tüg hollen wull.« – »Un de Franzosen?«[140] frog de oll Herr. – »Oh, Herr Amtshauptmann, die wären halb verklamt, un als sie schießen wollten, gung nichts nich los von wegen der Nassigkeit, sie schmissen sich also in ihrer Zornigkeit auf uns Unschuldswürm von bloße Zuschauer und hätten den Schustermeister Bank aus der Bramborgsch Strat mit den Kolben mang de Schullerbläder ramponiert, worauf wir alle uns exküsierten, indem daß wir den Barg run lepen.« – »Min Herzenskindting«, röp de oll Herr, »des' lütt Burmeister is en Kirl as en Uhrworm! Das ist ein Kerl, fix wie ein Feuerschloß, min Herzenskindting!« – Äwer de, för de des' Red bestimmt was, hürte em nich. Min Mutting lagg in ehren Staul un weinte bitterlich. As de Red' up dat Scheiten kamm, drückte sei den Arm von de gaude Fru Amtshauptmannen so fast an sick, as wull sei sick doran hollen gegen den Swindel, de ehr beföll, äwer as endlich de Gewißheit herute kamm, dat min Vader gesund dorvon kamen was, stört'ten de Tranen ehr ut de Ogen, sei deckte ehr Dauk äwer ehr Gesicht un weinte still vör sick hen.

Wiren dat Freudentranen? Wer weit? Wer kann seggen, wo Freud un Weihdag' sick scheiden? Sei spelen tau wunderlich in dat Minschenhart inenanner äwer; sei sünd Uptog un Inslag, un woll den, bi den ut beiden en fastes Gewew' ward! De Tran, de ut Weihdag' geburen is, hett so gaud ehren Inslag von Hoffnung as de Freudentranen ehren Inslag von Furcht. De vergangen Angst üm minen Vader un de Furcht vör sine Taukunft wewten sick in min Mutting ehr freudig Dankgefäuhl, un de Tran, de up de Ird föll, was kein reine Freudentran. Föllt äwerhaupt up unsre Ird 'ne reine Freudentran?

't was ganz still worden, en Engel flog dörch de Stuw', 'ne korte Tid man; de Engel täuwen nich lang' bi uns – ick weit't, denn ick stunn mit den Kopp an uns' brune Stuwenklock un weinte un horkte up den Parpendikel – 'ne korte Tid! Ick kek tau Höcht: de oll Herr kek ut dat bäwelste Finster in den grauen Hewen, min Mutting un de Fru Amtshauptmannen weinten, Mamsell Westphalen ok, sei hadd[141] Fritz Sahlmannen an de Hand fat't, un bi den letzten Flägelslag von den Engel säd sei: »Fritz, min Sähning, gah nah'n Sloß un treck di drög an, Fik sall di din sünndagsch Tüg gewen.« – »Un ick, Herr Amtshauptmann«, säd Luth, »will nah Gülzow, un Tröpner kann nah Pribbenow gahn, dat wi den Herrn Burmeister nich verfehlen.« – De oll Herr nickte mit den Kopp, gung an min Mutting ran, an de ehr Knei ick mi ran leggt hadd, un säd: »Sei un de Jung' hir hewwen hüt alle Ursak, unsern Herrgott tau danken, min Herzenskindting.«

Quelle:
Fritz Reuter: Gesammelte Werke und Briefe, Band 4, Rostock 1967, S. 133-142.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Olle Kamellen
Olle Kamellen III; UT Mine Stromtid Erster Theil
Olle Kamellen. De meckelnbörgschen Montecchi un Capuletti oder De Reeis' nah Konstantinopel.: Hoch- und Niederdeitsche Ausgabe. Auf einem Blick
Olle Kamellen: III -V. Ut Mine Stromtid (German Edition)
Sämmtliche Werke: Bd. Schurr-Murr. Eine Heirathsgeschichte. Olle Kamellen Iii: Ut Mine Stromtid, 1. Theil (German Edition)
Sämmtliche Werke: Bd. Hanne Nüte. Olle Kamellen Ii: Ut Mine Festungstid. Gedichte (German Edition)

Buchempfehlung

Hoffmann, E. T. A.

Die Elixiere des Teufels

Die Elixiere des Teufels

Dem Mönch Medardus ist ein Elixier des Teufels als Reliquie anvertraut worden. Als er davon trinkt wird aus dem löblichen Mönch ein leidenschaftlicher Abenteurer, der in verzehrendem Begehren sein Gelübde bricht und schließlich einem wahnsinnigen Mönch begegnet, in dem er seinen Doppelgänger erkennt. E.T.A. Hoffmann hat seinen ersten Roman konzeptionell an den Schauerroman »The Monk« von Matthew Lewis angelehnt, erhebt sich aber mit seiner schwarzen Romantik deutlich über die Niederungen reiner Unterhaltungsliteratur.

248 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon