Biographie

Franziska Gräfin zu Reventlow (Fotografie, um 1910)
Franziska Gräfin zu Reventlow (Fotografie, um 1910)

1871

18. Mai: Franziska (Fanny) Sophie Auguste Liane Adrienne Wilhelmine Gräfin zu Reventlow wird in Husum als fünftes von sechs Kindern des königlich-preußischen Landrates Ludwig Christian Detlev Friedrich Graf zu Reventlow und seiner Ehefrau Julia Anna Luise, geb. Gräfin zu Ratzau geboren.

1877

Beginn des ersten Unterrichts im Lesen und Schreiben durch die Mutter.

1878

Sommer: Beginn des Hausunterrichts durch wechselnde Gouvernanten (bis Ostern 1886).

1886

Ostern: Besuch des Freiadeligen Magdalenenstifts in Altenburg (Thüringen), einer privaten Mädcheninternatsschule für adlige Töchter.

1887

Ostern: Da sie mit den strengen Hausregeln in Konflikt geraten ist, muß sie das Magdalenstift verlassen.

Rückkehr nach Husum ins Elternhaus. Zeitweiliger Aufenthalt bei ihrer Tante Fanny Gräfin zu Rantzau, die sie fördert. Erster Malunterricht durch eine ausgebildete Künstlerin.

1889

Herbst: Nach der Pensionierung des Vaters zieht die Familie von Husum nach Lübeck um.

1890

1. Oktober: Eintritt in das Privat-Lehrerinnen-Seminar in Lübeck. Ausbildung zur Lehrerin. Intensiver Sprachunterricht in Englisch und Französisch.

Sie wird Mitglied des Ibsen-Klubs, eines geheimen Lesezirkels, in dem sie mit der modernen Literatur vertraut wird. Lektüre der Werke von Friedrich Nietzsche, Henrik Ibsen, Émile Zola, Lew Tolstoi, Iwan Turgenjew, Gerhart Hauptmann und August Bebel.

1892

9. April: Beendigung der Ausbildung mit dem Zeugnis der Befähigung für den Unterricht an mittleren und höheren Mädchenschulen.

Mai/Juni: Nach der Entdeckung ihrer Mitgliedschaft im Ibsen-Klub kommt es zum Eklat mit den Eltern.

August: Zwangsweiser Aufenthalt in einem Landpfarrhaus in Adelby bei Flensburg. Sie wird zur Hausarbeit und zur Pflege von Kranken herangezogen. Der Versuch zur Versöhnung mit dem Vater scheitert an dessen Unnachgiebigkeit.

1893

7. Januar: Erste Veröffentlichung eines Artikels in den »Husumer Nachrichten«.

1. April: Flucht aus dem Landpfarrhaus in Adelby zu Freunden in Wandsbeck.

Bekanntschaft und Verlobung mit dem Juristen Walter Lübke.

Ende August: Übersiedlung nach München, wo sie an der privaten Malakademie von Anton Azbe ein Malstudium aufnimmt, das ihr Verlobter finanziert. Sie verkehrt vor allem in Bohèmekreisen.

1894

22. Mai: Obwohl sie von ihrem polnischen Malerfreund Adolf Herstein schwanger ist, heiratet sie Walter Lübke, vor dem sie die Schwangerschaft verbirgt.

Übersiedlung nach Hamburg.

14. Juni: Fehlgeburt ihres Kindes, die sie vor ihrem Mann verheimlicht. Da sie zu spät einen Arzt hinzu zieht, leidet sie fortan an einer lebenslang anhaltenden gesundheitlichen Schwäche.

1895

Mai: Rückkehr nach München zur Fortsetzung des Malstudiums.

1896

Juli: Am Ende eines gemeinsamen Sommerurlaubs gesteht Franziska Lübke ihrem Mann ihr Doppelleben. Das Ehepaar trennt sich. Walter Lübke leitet das Scheidungsverfahren ein, Franziska kehrt nach München zurück.

Beginn der Mitarbeit an der neugegründeten satirischen Zeitschrift »Simplicissimus«.

1897

14. April: Scheidung von Walter Lübke.

Beginn der intensiven Übersetzungstätigkeit für den Verlag von Albert Langen in München. Im Laufe ihres Lebens übersetzt sie für Langen mehr als 50 Werke aus dem Französischen, u.a. von Guy de Maupassant, Marcel Prevost, Émile Zola und Anatole France.

Fortgesetzte Mitarbeit am »Simplicissimus« sowie Artikel für die »Frankfurter Zeitung« und die »Neue Rundschau«.

1. September: Geburt des Sohnes Rolf.

1898

Beginn der Mitarbeit an der Zeitschrift »Zürcher Diskußionen« von Oskar Panizza.

1899

August: Erste Begegnung mit Ludwig Klages. Durch ihn und seine Freunde Friedrich Huch, Alfred Schuler, Hans Hinrich Busse und den Mediziner und Psychiater Dr. Georg Meyer erlangt sie Zugang zum Kreis der »Kosmischen Runde«.

1900

Mai: Gemeinsam mit ihrem fast dreijährigen Sohn Rolf und ihrem Freund, dem Privatgelehrten, Paläontologen und Geologen Albrecht Hentschel, beginnt sie eine Reise durch Kleinasien nach Samos.

Beginn der Arbeit an dem autobiographischen Roman »Ellen Olestjerne«.

22. Dezember: Rückkehr nach München.

1901

Januar: Bekanntschaft mit Karl Wolfskehl. Durch ihn erhält sie Zugang zum Stefan-George-Kreis. Sie lernt Friedrich Gundolf, Wilhelm Dilthey, Franz Dülberg, Paul Stern, Albert Verwey u.a. kennen.

Bekanntschaft mit Ludwig Derleth, der zusammen mit seiner Schwester Anna Maria im Mittelpunkts eines religionsphilosophischen Zirkels steht.

Franziska zu Reventlow verkehrt bis 1904 in den drei Kreisen, hält aber kritischen Abstand.

1903

Ihr erster Roman »Ellen Olestjerne« erscheint.

Sie lernt den Schriftsteller, Dichter und Übersetzer Franz Hessel und den Kunstgewerbler, Puppenspieler und Glasmaler Bohdan von Suchocki kennen. Suchocki wird ihr neuer Lebensgefährte.

Herbst: Gemeinsam mit ihrem Sohn Rolf, Franz Hessel und Bohdan von Suchocki bildet sie eine Wohngemeinschaft in der Kaulbachstraße 63, dem sogenannten »Eckhaus«.

1904

Mitverfasserin des maschinenschriftlich vervielfältigten »Schwabinger Beobachters«, der die Geheimnisse der »Kosmischen Runde« dem Gelächter preisgibt.

August: Reise der »Eckhaus-Wohngemeinschaft« nach Forte dei Marmi an der italienischen Riviera.

26. September: Frühgeburt zweier Mädchen, von denen eines tot zur Welt kommt und das andere unmittelbar nach der Geburt stirbt. Franziska zu Reventlow und Bohdan von Suchocki, der Vater der Kinder, sind verzweifelt.

24. November: Rückkehr nach München.

1906

Das Wohngemeinschafts-Experiment scheitert. Gefühl von Heimatlosigkeit.

November: Gemeinsam mit ihrem Sohn Rolf reist Franziska zu Reventlow nach Gasturi in Griechenland (bis Februar 1907).

1907

Februar:Längerer Aufenthalt in Rom.

März: Rückkehr nach München. Existenzsorgen und schwere Erkrankung.

September: Ihr Lebensgefährte Bohdan von Suchocki verläßt München für immer und wandert in die USA aus. Sie korrespondiert noch bis Anfang 1909 mit ihm.

1910

1. Oktober: Franziska zu Reventlow verläßt München und reist über Berlin und Paris, wo sie alte Freunde besucht, nach Ascona im Tessin, wo sie bis 1916 lebt.

1911

16. Mai: Franziska zu Reventlow schließt mit dem baltischen Baron Alexander von Rechenberg-Linten einen Ehevertrag. Die Trauung folgt im Juni. Es handelt sich auf beiden Seiten um eine Scheinehe mit dem Ziel, nach dem Tod des Schwiegervaters einen Erbschaftscoup zu landen.

1912

»Von Paul zu Pedro« (Briefroman).

Oktober:Aufenthalt auf Mallorca gemeinsam mit ihrem Sohn Rolf (bis Mai 1913).

1913

»Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begegnungen in einem merkwürdigen Stadtteil« (Roman).

Mai: Nach dem Tod des Schwiegervaters erhält Franziska zu Reventlow 10.000 Schweizer Franken, weitere 40.000 Franken sollen später folgen.

1914

Frühjahr: Durch den großen Tessiner Bankkrach verliert sie die restliche Erbschaftssumme. Sie wendet sich wieder der Übersetzungstätigkeit zu und beginnt die Arbeit an einem neuen Roman.

1916

»Der Geldkomplex« (Briefroman).

Umzug von Ascona nach Muralto bei Locarno, um ihrem Lebensgefährten Mario Respini-Orelli, einem Rechtsanwalt aus einer angesehenen Tessiner Familie, näher zu sein.

1917

»Das Logierhaus ›Zur schwankenden Weltkugel‹« (Novellen und Skizzen).

Arbeit an ihrem letzten Romanprojekt »Der Selbstmordverein« (Fragment, postum veröffentlicht 1925).

1918

26. Juli: Franziska Gräfin zu Reventlow stirbt im Alter von 47 Jahren in der »Clinica Balli« in Locarno durch Herzversagen während einer Operation.

Buchempfehlung

Meyer, Conrad Ferdinand

Jürg Jenatsch. Eine Bündnergeschichte

Jürg Jenatsch. Eine Bündnergeschichte

Der historische Roman aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges erzählt die Geschichte des protestantischen Pastors Jürg Jenatsch, der sich gegen die Spanier erhebt und nach dem Mord an seiner Frau von Hass und Rache getrieben Oberst des Heeres wird.

188 Seiten, 6.40 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.

432 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon