[45] Merkurius tritt auff in seinem gewönlichen Habit.
Glük und Segen / Leben und Wolfahrt / Heil und Seligkeit wünsche Jch Euch allen / so viel Eurer dieses vielleicht unverhofftes Schauspiel anzusehen und mit nützlicher Ergetzligkeit zu betrachten allhie sind versamlet. Wie? Jst denn keiner unter diesem gantzen ansehnlichen Hauffen / der mir auff meinen Wunsch auch nur mit einem einzigen Wörtlein danket? Vielleicht kennet Jhr mich nicht / oder / so Jhr mich kennet / scheüet Jhr Eüch doch mir / als den Jhr zweifels ohn vor einen Gott haltet / öffentlich zu antworten. Aber / Jhr vielgeliebte Herren und Freunde / Jch zweifle durchaus nicht / daß etliche unter Euch von gar gutem Verstände sind / und eben dieselbe sehen mich an vor den Merkurium / von welchem die alte Poeten viele wunderseltzame Grillen haben gedichtet: Denn / bald muß Jch Jhnen ein allgemeiner Botte und Abgesandter Jhrer Götter seyn / bald ein Gott der Kauffleute / bald ein Gott der Diebe / bald ein Gott der Beredsamkeit / und wer kan alle Jhre Fratzen gnugsam erzehlen? Jch aber bekenne frey und öffentlich / daß alles dieses Jhr vorgeben schändlich sey erlogen; Denn / wer will doch bey dieser Zeit /[45] da die güldene Fakkel des heiligen Göttlichen Wortes in den Europäischen / sonderlich denen Teutschen Landen / so hell und Sonnenklar daher leuchtet / so gar närrisch und unbesonnen seyn / daß Er die elende Menschen / ja wol gar die grausame Teuffel vor Götter halten solte? Jch zwar kenne durchaus keine Götter / als nur den einzigen wahren GOTT / Schöpffer Himmels und der Erden / der sich in seiner allerheiligsten Dreifaltigkeit den Menschenkinderen so gnädigst hat offenbaret und dessen unwürdiger Diener Jch bin / die übrige alle von Menschen erdichtete Götzen verfluche Jch von Hertzen / halte mich auch versichert / daß Jhr / die Jhr Christen seyd / mir dieses falles gerne beyfall geben werdet.
Unterdessen / damit Jhr gleichwol eigentlich wisset / wer und von wannen Jch sey / so läugne Jch zwar nicht / is daß Jch ein vermummeter Merkurius / aber nicht der Maien-Sohn bin / sondern ein alter Teutscher / Priesterlicher Merkurius / und komme Jch gleich itz aus den alten Eliseischen Felderen / welche anmuhtige Felder / Wiesen und Garten sehr ferne von hier im Lande Utopia / dort in jenner Welt gelegen /woselbst sich auch unter anderen die alte Teutsche Helden / welche vor vielen Hundert Jahren gelebet haben / nach Jhrem Tode auffhalten. Diese Felder nun werden auch noch biß auff diesen heutigen Tag so gewisse und wahrhafftig daselbst gefunden / so gewisse Jch der Maien Sohn / der Merkurius bin.
Jhr sollet aber wissen / daß Jch in diesen also genenneten Felderen oder in dem erwähneten Utopia ein hohes und herrliches Ampt bediene / denn / so bald etliche von den alten Helden Erlaubnisse haben erlanget / daß sie auff etliche Tage die Eliseische Felder verlassen / sich in diese alte Welt begeben und auff dem Erdbodem ein weinig ümmesehen mügen; So bin Jch eben derjenige / der sie von dannen herauff führet / und Jhnen dabenebenst / was sie etwan zu sehen begehren / nach vermügen zeiget / auch daß / was sie nicht verstehen /[46] erkläret und außdeutet. Und zwar / es haben noch gestrigen Tages etliche der allertapfersten Helden und uhralten Teutschen Fürsten Vergünstigung erlanget / daß sie die vielerwähnete Eliseische Felder auff eine kurtze Zeit verlassen und Teutschland das allerherrlichste und prächtigste Reich des gantzen Erdbodens / davon in jenner Welt / schon etliche hundert Jahre so viel rühmliches ist gesungen und gesaget worden / in Jhrer vollenkommenen Glükseligkeit beschauen und gegen die Beschaffenheit des uhralten Teutschlandes / wie solches zu ihrer Lebenszeit befindlich gewesen / vernünfftig halten müchten.
Geliebet Euch nun etwann ferner zu wissen / wie vorgedachte Teutsche Helden genennet werden / so verhalte Jch Euch nicht / daß der erste heisset König Ehrenvest / von den Römern Ariovistus genant / welcher zu des ersten Römischen Käysers Julij zeiten hat geherrschet und ein tapferer Kriegesmann auch hertzhaffter Beschirmer der Teutschen Freiheit gewesen / massen Er sich denn mit dem vorgedachten Julio Cæsare rechtschaffen herümmer geschmissen. Der ander ist der Hertzog Herman / sonst Arminius geheissen / welcher dem Käyser Augusto seinen Feld-Obristen den Quintilium Varum mit dreyen Legionen bestehend in zwantzig Tausend der allerbesten Römischen Soldaten / in Westfahlen am Duißberger Walde hat erschlagen. Der dritte heisset Klaudius Civilis / ist ein unerschrokner Fürst und Heerführer der Niederteutschen gewesen. Der vierdte ist der weltberühmter Hertzog Wedekind / welcher dem grossen Käyser Karl über die massen viel zu schaffen gemachet / in deme Er die Freiheit seiner Sachsen mit einer unaussprechlichen Hertzhafftigkeit hat beschirmet / der doch endlich den Christlichen Glauben hat angenommen und sich tauffen lassen.
Diese vier außerlesene Helden wünschen nun von Hertzen / daß sie Jhr werthes Vaterland / nemlich das Teutsche Reich in seiner grossen Herrligkeit / von welcher sie in denen Eliseischen[47] Felderen so viel gehöret / nur einmahl recht müchten beschauen / welches Jhres Wunsches sie denn nunmehr sollen gewehret werden. Die vier Helden gehen auff. Aber siehe da / sie treten schon daher und sind sie mir gewißlich auff den Fuß s nachgefolget.