Der dritter Auffzug des Zwischen-Spieles.

[141] Monsieur Sausewind / Merkurius.


MONSIEUR SAUSEWIND. Nun wollan / die Haut ist verkauffet / Monsieur Sausewind ist nun auch ein braver Soldat worden und hat der elenden Blakscheisserei guhte Nacht gegeben. Pfui! Schämen mag Jch mich in mein Hertz und Blut hinein / daß ich mich mit der losen Schulfüchserei so lange Zeit geplaget und nicht schon vor vielen Jahren in den Ritterlichen Soldaten Orden bin getreten / aber / nun werde Jch es redlich wieder nachholen / was Jch so lange Zeit habe versäumet. Potz hundert tausend Element / wie werde Jch mich hinführo so frisch halten! Wie tapfer werde Jch nun die[141] die Bauren scheren und tribuliren! Jch wil Jhnen Hauß und Hoff / ja das gantze Dorff zu enge machen / Es sol auch hinführo kein Pfeffersak sicher vor mir reisen / kein Adi Laus semper sol von mir unberaubet / ungezwikket und ungeplakket bleiben / Pferde und Kutschen / Kleider und Waaren wil Jch Jhnen alles fein säuberlich abnehmen / und Jhre Sammitten Hösichen unter meine Reisemäntel lassen futteren / Jch werde mich auch Jhrethalben ernstlich bemühen / daß Jhnen das Geld im Räntzel ja nicht verschimmele / denn mein Beutel muß rechtschaffen gespikket seyn: Alsdenn kan Jch anfangen zu doppelen und zu spielen / dieweil ich ohne das in dieser Kunst trefflich excellire. Wie werde Jch so manchen statlichen Beutel voll Dukaten davon tragen? Denn sol es erst redlich an ein Sauffen gehn / aber / da mag meines theils einer wol ein Schelm heissen / der sonst einen nassen Trunk in seinen Hals geusset als den allerbesten Rheinwein / Malvasier und Muskateller / vnd solte Jch auch drey Dukaten vor ein Stübichen bezahlen. Da wil Jch denn / mit den vornemsten Kavalieren Brüderschafft machen vnd sauffen / daß mir der Hals krachet. Ja / denn wil Jch frisch anfangen zu huhren und courtesiren: Per ma foy, Wo mir nur eine schöne Dame zu Gesichte kommet / wil Jch alsobald Haken anschlagen / denn Jch ohne daß bei dem Frauenzimmer so beliebet bin / daß sich offt Jhrer zehn / ja wol mehr auff einmahl um mich gezanket und gerissen haben. Potz hundert tausend Dukaten / wie werde Jch mit Jhnen umspringen / daß Jch auch gäntzlich davor halte / Jch könne alle vierzehn Tage Gevatteren bitten. Wenn Jch mir denn mit tribuliren / Baurendrillen / spielen / sauffen / schossieren so und dergleichen lustigen Übungen einen braven Namen gemachet / so ist alsdenn kein zweiffel / Jch werde gahr leicht zu einer hohen Charge gezogen werden. Merkurius gehet[142] auff. Es hilfft ohne das im Kriege zuer Befoderung am meisten / daß einer seiner Soldatischen qualiteten halber vielen bekand sey.

Nun könte Jch zwahr zuem Anfange wol Rittmeister oder Capitain werden und eine feine Compagnie bekommen / aber die Wahrheit zu bekennen / es fält mir dieses ein weinig zu schlecht / denn / solcher Leute etliche beginnet man mit der zeit hinter dem warmen Ofen zu machen / ja man gibt wol etlichen vornehmen Gesellen Compagnien, welche Jhr Lebenlang keinen todten Mann im Felde (es wäre denn am Galgen oder auff dem Rade) gesehen haben / ist wahrlich ein grosses Wunder / daß man das Soldaten Handwerk so leicht und geschwinde kan auslernen / und in einem einzigen Tage zugleich Schüler seyn / und Meister werden. Obrister Wachmeister oder auch Obrister Lieutenant wäre is zwahr wol etwas / es wird aber auch zimlich gemein und kan sich bißweilen ein guhter Kerl und Auffschneider dazu liegen oder kauffen / welches denn eine gahr geringe und schlechte mühe ist. Jch mag so zum anfange ein feines Regiment nemen und Obrister werden. Mich dünket / es sol dennoch so gahr übel nicht klingen / wenn man saget: Siehe / da tritt der Herr Obrister Sausewind her. Wenn Jch denn nun erstlich in diesen heiligen Fastnachttagen bestalter Obrister werde / (welches mir / ob Jch wol niemahlen eine Mußquette oder Pike getragen / ja so grosse Ehre und Ruhmgibt / als denen Hauptleuten und Rittmeisteren / welche beim Schlafftrunke solche charge erlangen und mit welchen es bißweilen also ist beschaffen / daß sie gesteren eine Schuster oder Schneidernadelen / auch wol den Schmiedehammer / Heute aber den Commendo-Degen führen /) So heisse Jch etwan gegen Osteren (si Dijs placet) General Wachmeister / auff Pfingsten bin Jch sonder zweiffel General Lieutenant / und gegen die Hundestage wenn die Bienen[143] schwärmen werde Jch denn gahr Feldmarschalk oder Generalissimus, viel höher werde Jch es doch wol nicht bringen.

MERKURIUS stellet sich als hätte Er den Sausewind zuvor nicht gesehen. Glük zu mein liebster Sausewind / wo hat der Herr so lange gestekket? Sausewind antwohrtet Jhme das geringste nicht / kehret sich mit konischen Augen von Jhme hinweg und wil Jhn nicht einmahl recht ansehen.

MERKURIUS. Ut Vales Literatissime Domine Sausewind? Siccinè avertis faciem? Quid nunc iterum meditaris novi?

MONSIEUR SAUSEWIND. Was plaudert doch der vor ein Zeug daher? Jch weis den Teuffel viel / was Er saget.

MERKURIUS. Behüte GOtt Herr Sausewind / verstehet denn der Herr kein Latin mehr? Vor diesem / als Er unter meiner Auffsicht studiret / hat Er ja offt und vielmahls mit mir geredet.

MONSIEUR SAUSEWIND. Was Latin reden / wer hat mit solcher Blakscheisserei etwas zuschaffen?

MERKURIUS. Das kompt mir seltzahm vor Herr Sausewind / wil der Herr kein Latin mehr wissen? Hat Er doch vor diesem den besten theil seiner Jugend in erlernung guhter Künste und Sprachen zugebracht?

MONSIEUR SAUSEWIND. Ja / Künste und Sprachen wollen mir nicht viel einbringen / es ist mir leid genug / daß Jch meine guhte Zeit in erlernung solcher Bährenhäuterpossen habe verschlissen.[144]

MERKURIUS. Warum denn mein Herr Sausewind / das sind ja leiden seltzame Reden.

MONSIEUR SAUSEWIND. Fraget Jhr noch warum? Eben darum / dieweil sich bei dieser Zeit ein ehrlicher Soldatischer Kavallier von Hertzen muß schämen / wenn Er in der Jugend etwas sonderliches hat Studiret.

MERKURIUS. Ach / erbarme es Gott / daß es schon so weit in der Welt kommen / daß man sich der rechten Weißheit / Tugend und Geschikligkeit muß schämen!

MONSIEUR SAUSEWIND. Was Tugend und Geschikligkeit? Im Kriege hat man sich wol um andere Sachen zu bekümmern. Sa, vive la guerre.

MERKURIUS. Was höre Jch? Jst es wol müglich / daß mein Sausewind / mein alte redlicher Student ein Soldat worden?

MONSIEUR SAUSEWIND. Ja freilich bin Jch einer worden. Der aller- is tapferste Mars hat mich nunmehr zu seinem Gehülffen erwehlet und angenommen / siehet nur darauff / daß Jch mich erstlich braff außmontire und darauff nebenst etlichen anderen frischen Kavallieren hinziehe unter seinem hochpreisen Commendo das hartnäkkichte und verstokte Teutschland rechtschaffen zu marteren und zu plagen / denn zu dem ende bin Jch vornemlich Kavallier worden.

MERKURIUS. Behüte Gott Herr Sausewind / du bist ja ein gebohrner Teutscher und wilt dich gleichwol erkühnen deine eigene Königinn jnd Mutter zu plagen?

MONSIEUR SAUSEWIND. Das weiß Jch selber wol Herr Pfaffe / daß ich ein gebohrner Teutscher bin / desto ehe wil mir es auch gebühren /[145] meinen Landesleuten das Hahr rechtschaffen zu ropffen. Solte Jch meinen Beutel nicht so wol als ein Fremder füllen? Was haben die vier großmühtige Kavallier / als der Don Anthonio, Monsieur Gaston, Signoro Bartholomeo und Herr Karel mehr vor recht das Teutschland zu berauben / als eben Jch?

MERKURIUS. Das weiß der allerhöhester GOtt / was sie vor Recht dazu haben: Meines thuns ist es gantz und gahr nicht / von der Gerechtigkeit Jhrer Sache zu disputiren / Jch beklage nur von Hertzen die greuliche Mißbräuche welche bei dem leidigen Kriegeswesen unter allen Parteien in diesen Zeiten so gahr die überhand genommen. Aber mein Sausewind / Jch bitte dich höchlich / sage mir doch / wer hat dich auff diesen verkehrten Sinn gebracht / daß du nunmehr gleichsahm mit gewalt ein Soldate zu werden gedenkest?

MONSIEUR SAUSEWIND. Das hat der allertapferste Mars und meine Courage gethan / wie denn auch / daß wir gleichsahm in einem Spiegel alle die Herrligkeiten / Freude und Wollust / derer man im Soldatenstande häuffig / ja täglich hat zugeniessen / von hochgedachtem Mars lebhafftig sind vor die Augen gestellet worden.

MERKURIUS. Ach du elender Mensch / wie hast du dich doch so gahr sehr lassen verblenden / daß du vermeinest / es sei im Kriege lauter nichtes als Freude und Herrligkeit zu finden?

MONSIEUR SAUSEWIND etwas entrüstet. Das ist per Dieu keine Verblendung. Habe Jch doch hell und klahr gesehen / wie man im Kriege durch das anmuhtige Spielen kan reich und mächtig werden / wie man daselbst frisset und saufft / huhret[146] und bubet / tantzet und springet / ja endlich zu den allerhöhesten Ehren gelanget. Was wolte doch ein Mensch in dieser Welt mehr wünschen und begehren? Darum bitte Jch / Merkuri / du wollest dich nur nicht bemühen mich von meinem löblichem Vornehmen / welches du einen verkehrten Sinn nennest / abwendig zu machen. Spare diesen Wind nur mein lieber Pfaffe / biß du auff das Höltzchen komst / als denn hast du freie Macht zu reden so lange und viel dir nur selber geliebet. Da kanst du es denn machen / wie etliche deiner Cammeraden zu thun pflegen / welche /wenn sie sonst nicht viel auff Jhre Predigten Studiret haben / einen hauffen neüer Zeitungen und Avisen Jhren Zuhöreren vorschwatzen / wie viel man nemlich Städte gewonnen / was vor grosse Schlachten oder Treffen geschehen / wie viel Völker in denselben geblieben /wie viele Wagen / Pferde / is Geschütze und Standarten erobert und derogleichen tausendterlei neüe Mähre / und über solches Bluhtvergiessen können sie noch frölich seyn und jauchtzen. Wenn man aber solchen Zeitungen etwas weiter nachfraget / so ist die gantze Avisen-Predigt nichtes anders als eine dikke feiste wolgespikkete Lügen gewesen / und haben sich die guhte Herren einen grossen Hauffen erdichteter Zohten lassen auffbinden; Oder / wenn sie von dergleichen Materi nichtes zu sagen wissen / alsdenn nehmen sie bißweilen wol redliche Leute vor / ziehen dieselbe aus lauteren privat affecten ehrenrühriger und verleumderischer weise durch die Hechel / wolten Jhnen gerne aus Mißgunst / und dieweil sie es denselben nicht können gleich thun / einen Klik anhengen / schreien derowegen und toben gleichsahm durch ein Ellenlanges Horn oder mageren Kranichshals ein paar guhter Stunde daher / schlagen mit dem Fäustchen auff das arme Holtz / daß es splitteren müchte / sprützen Jhren Speichel etliche Ellen weit von sich / daß er herab fält / wie der[147] Dou vom Hermon und gebehrden sich aus lauter Raachgierigkeit und unchristlichem Hasse dermahssen eiferig / als ob sie lautere Jeremias wären / da sie doch rechte Phariseer und Heuchler in der Haut sind und bleiben. Nein / Merkuri / auff diese weise must du es mit Sausewind nicht machen / daß wird dir wahrlich nicht angehen.

MERKURIUS. Hilff GOtt Sausewind / wie donnerst du so hefftig? Das war ein starker Platzregen. Aber / was gehen mich solche närrische Avisenprediger und mißgünstige Neidhümmel / welche du gahr unrecht meine (der Jch nichtes als die lautere Wahrheit predige) Kammeraden nennest / was gehen mich / sage Jch / solche Verläumder und Schwätzer an? Aber Ach mein ehmahls lieber Sausewind / hast du denn gahr kein Gewissen mehr? Wie lassest du dich doch den Teuffel so jämmerlich betriegen! Vermeinest du etwan / daß die Kavallier / welche dir Mars gleichsahm in einem Gesichte gezeiget hat / in verübung solcher Jhrer Weltfreude und Wollust gen Himmel sind gefahren?

MONSIEUR SAUSEWIND. Ob eben alle Soldaten gen Himmel fahren /weis Jch nicht / und was hat sich auch ein Kavallier / so lange Er noch gesund ist / um den Himmel groß zu bekümmeren? Gnug ist es / daß Jch versichert bin / daß sie die allerglükligste Leute auff der Welt sind und die allerbeste und lustigste Tage haben / so lange sie leben.

MERKURIUS. Ja wol glükselige Leute! Gott bewahre ja alle fromme Hertzen vor solcher Glükseligkeit / über welche Jhrer viele (wiewol nicht alle) erbärmlich zu gründe gehn. Aber was dünket dich Herr Sausewind / wenn Jch dir eben dieser Kavallier klägliches Ende und jämmerlichen Untergang[148] könte vor die Augen stellen / was würdest du denn wol sagen?

MONSIEUR SAUSEWIND. Wie denn Merkuri / ist es diesen tapferen Kavallieren / welche mir der gewaltiger Mars vor weiniger Zeit hat gezeiget / anders als wol ergangen / daß wil Jch ja nimmer hoffen.

MERKURIUS. Das solt du bald erfahren.


Der Schauplatz öffnet sich / da stehen Jhrer zwei rauffen sich und erstechen ein ander / fallen beide Tod danieder / der dritte sitzet an der Taffel / hat einen ledigen Beutel vor sich liegen / samt einer Pistolen / mit welcher Er sich selber erschiesset /der vierte hat einen grossen Blok an den Fassen und ist mit starken Ketten gebunden.


MONSIEUR SAUSEWIND. Hilff GOtt Merkuri / was ist das vor ein Spektakul?

MERKURIUS. Diese sind eben die vier Kavallier / welche du zuvor hast gesehen so lustig spielen / labeten und verkehren. Siehe diese beide / welche einander dort niederstossen / waren die allervertrauteste Dutzbrüder / in deme aber unter dem Spielen der eine den anderen hat heissen liegen / welche injuri (wie die Herren Soldaten sagen) anders nicht / als durch Blüht kan außgesöhnet werden / sind sie mit ihren Degen zusammen gangen und haben einander gantz grausahmer weise niedergemachet und also dem Teuffel zum neuen Jahr geschikket. Dieser / welcher sich selber erschossen / hat alle seine Werbgelder auff die drei tausend Dukaten sich belauffend / schändlich verspielet / und dieweil sich der General hoch verschwohren / daß Er Jhn / anderen derogleichen Spieleren und Betriegeren zuem[149] Abscheu wolte henken lassen; Als ist Er in Verzweiffelung gerahten und hat sich (grösseren Schimpff / seiner Meinung nach zu vermeiden) selber gantz jämmerlich erschossen. Dieser letster aber / welcher nicht allein sein eigenes / sondern auch anderer Leute Gelder hat verspielet / ist endlich nach dem Er abgedanket und auffs Land sich niedergesetzet / seinen Gläubigern in die Hände gerahten / welche Jhn mit grossen Ketten gebunden / nunmehr in einen stinkenden Thurn wollen werffen lassen / biß daß Er den letsten Heller bezahlet. Siehe doch / einen solchen schönen Außgang nimt endlich das Spielen.


Der Schauplatz wird geschlossen.


MONSIEUR SAUSEWIND. Behüte mich mein GOTT Merkuri / pflegt es zu letst den Spielern so kläglich zu ergehen / so mag der Teuffel um des losen und leichtfertigen Spielens willen ein Soldate werden.

MERKURIUS. Ja mein lieber Freund / es ist nicht alles Gold / was da gleisset / es schleppet der verfluchte Krieg einen so grossen Jammer mit sich / daß es mit Wohrten nicht kan außgesprochen werden.


Der Schauplatz öffnet sich / da liegen drei Personen tod auff dem Stroh ein jeglicher mit einem weissen Tuche bedekket / und stehen viele Drinkgeschirr üm

sie her / einer sitzet als ein Wassersüchtiger mit einem sehr dikgeschwollenem Bauche / winselt und klaget gahr jämmerlich.


MONSIEUR SAUSEWIND. Ach Merkuri / sage mir / was sind doch diese vor Leute / welche Jch / dieweil sie mit weissen Leilachen bedekket auff der Erde liegen / vor Todte ansehe / und / wer[150] ist doch der vierte mit dem erschröklichem grossen Bauche? Du bringest mir ja sehr klägliche Spektakul vor!


Der Schauplatz wird geschlossen.


MERKURIUS. Ja freilich mügen es wol klägliche Spektakul heissen: Siehe da / diese drei sind durch Jhr viehisches Sauffen erbärmlich um Jhr Leben kommen. Der Erster hat bei voller weise den Hals gebrochen / als Er eine Stiegen herunter gehen wollen: Der Ander hat sich in starkem Brantewein zu tode gesoffen. Der Dritte / als Er beim Trunke einen unnöhtigen Hader anfieng / ward mit einem Brodmesser meüchlischer weise erstochen / und sind diese drei in Jhren Sünden also jämmerlich dahin gefahren. Der vierte aber hat sich die Wassersucht an den Hals gesoffen / leidet über aus grosse Schmertzen / kan weder leben noch sterben.

MONSIEUR SAUSEWIND. O du verfluchtes Sauffen / Jst das der Lohn deiner gefährlichen Wollust? Fürwahr es gereüet mich von gantzem Hertzen / daß Jch um des üppigen Sauffens und schändlichen Spielens willen mich in den Soldatenstand habe begeben. Ach wie übel habe Jch bei mir selber gehandelt!

MERKURIUS. Mein liebster Sausewind / es ist noch frü genug / daß du wieder ümmekehrest und dieses ruchlose Leben verlassest / Gedenke / O Sausewind an dein Ende / zuem allermeisten aber bedenke Tag und Nacht die unendliche Ewigkeit. Der Schauplatz öffnet sich: Einer hat sich selber erhänget / ein ander hat sein Angesicht voller Pflaster / auch die Schenkel und[151] Arm mit vielen Tüchern verbunden / der Dritte läuffet vor mit einem grausahmen Geschrei und wird von einem anderen mit einer Pistolen erschossen.

MONSIEUR SAUSEWIND. Was sehe Jch abermahl vor erschrökliche Greuel O Merkuri? Das Hertz im Leibe solte einem davor erzittern / Jch weiß fürwahr selber kaum / was Jch sehe.

MERKURIUS. Freilich mag ein Christliches Hertz erzittern / wenn es die wunderbare Gerichte Gottes und dessen unaußbleibliche Straffen betrachtet. Diese / welche du / bei gegenwärtigem erbärmlichen Zustande vor Augen siehest / sind eben die vier höffliche Courtisanen und Auffwahrter des Frauenzimmers / welche sich hiebevor mit den Damen so lustig gemachet haben. Dieser / welchen du dort siehest hängen / ist von einer Weibesperson / welche Er mehr als seine eigene Seele hat geliebet / untreülich verlassen worden / worüber Er in eine solche erschrekliche Verzweiffelung und Melankolei gerahten / daß Er sich selber hat erhenket. Jenner dort mit den Pflastern und Tüchern / hat sich so lange mit den Huhren geschleppet / daß er darüber die edle Franzosen Krankheit an den Hals gekriegt / und nunmehr nichtes anders ist als ein lebendiges Aas. Der dritte aber / welcher vorläufft / ist bei eines anderen Weibe im Ehebruch ergriffen und drüber erschossen / der Thäter aber von des entleibeten Bruder wieder erstochen worden.

MONSIEUR SAUSEWIND. Behüte Gott / was Unglük und Elend komt von Huhrerei und Unzucht her? Nein / nein / davor wil Jch tausend mahl lieber in einem ruhsamen Stande das trokkene Brod essen / als meinen armen Leib und Seele solcher eussersten Gefahr unterwerffen / keine Damen müsten mir so lieb seyn / daß Jch Jhrenthalben ein solches[152] zeitliches und hernach folgendes ewiges Elend solte zugewahrten haben.


Der Schauplatz öffnet sich / da stehet an dem Tische ein General mit abgezogenem Wamse. Ein anderer Kriegesbedienter eilet auff Jhn zu mit einer Partisanen oder Hellebahrten / setzet Jhm dieselbe auff die Brust / etliche andere stehen mit blossen

Schwereren um Jhn her und geben Jhm vollend den Rest / der General fält nieder mit einem grausamen Geschrei.


MONSIEUR SAUSEWIND. Abermahl ein neuer Auffzug / und zwahr ein solcher / der anders nichts als Mord und Todschlag vorstellet: Sage mir doch Merkuri / wer ist dieser?

MERKURIUS. O Sausewind / da siehest du / wie die grosse Herrligkeit der Welt gleichsahm im Augenblikke verschwindet. Dieser war ein mächtiger und prächtiger General / wie denn fast einen dergleichen / aber vielleicht nicht eben denselben der Mars hiebevor in grossem Pracht dich hat sehen lassen / und zwahr / eben dieser ist es / der den Königen ein Schrekken und den Fürsten Angst und Furcht mit seiner Gegenwahrt und unvergleichlichen Macht pflag einzujagen. Ja / dieser machte alle Städte und Länder zitteren / so bald Er nur heran nahete. Aber / da wird Er nun gantz unversehner weise jämmerlich erstochen und damit hat alle seine Pracht und Herrligkeit ein Ende. Sic transit Gloria mundi. Was dünket dich Herr Sausewind / hättest du noch wol Lust ein vornehmer General zu werden?

MONSIEUR SAUSEWIND. Ach Merkuri / Jch habe so viel gesehn / daß mir nunmehr vor dem Kriegeswesen von Hertzen ekkelt. Ach du grausamer Feur und Bluht trieffender Krieg / was richtest du unzehlig viel Elend und Jammer an unter den Menschen Kinderen? Nein Merkuri / Jch bin gantz einer[153] anderen Meinung worden und danke die von grund meiner Seelen / daß du mich wieder auff den rechten Weg gebracht hast. Ach / Ach! Nulla salus bello, pacem te poscimus omnes.


Hinweg verfluchter Krieg / mir kanst du nicht gefallen /

Komm tausend schöner Fried' / Jch liebe dich ob allen /

Komm' Honigsüsser Fried' / hinweg verfluchter Krieg /

Ein ruhigs Leben geht weit über Krieg' und Sieg.


MERKURIUS. GOtt sei hoch gelobet / mein Freund / der dir die Augen des Verstandes hat eröffnet / daß du nunmehr kanst erkennen / was vor ein gahr grosser Unterscheid zwischen Liecht und Finsterniß / zwischen Tag und Nacht / Leben und Tod / Friede und Krieg ist. Danke du nun diesem liebreichen Gott von gantzem Hertzen / daß Er dich bei diesem verruchten Leben nicht hat wollen verderben lassen / befleissige dich hinführo der wahren Gottesfurcht und entschlage dich aller weltlichen Eitelkeiten / vor allen dingen mein Hertzwehrter Freund / bedenke mit höhestem fleisse / wie kurtz und flüchtig dieses elendes Leben sey / und daß wir alle / hohe und niedrige / Reiche und Arme / Gelahrte und Ungelahrte aus dieser kaum augenbliklichen Zeit müssen hinwanderen in die lange Ewigkeit.

MONSIEUR SAUSEWIND. Von Hertzen gern Merkuri / wil Jch deiner treuen Ermahnung folgen und die unchristliche Thaten des Bluhtdürstigen Mars biß in den Abgrund der Höllen verfluchen / Er spiele / huhre und bube so lange Er wil /[154] Jch aber Merkuri / wil dir anhangen und deinem Göttlichen Befehl biß in meine Grube nachkommen.

MERKURIUS. Dazu wolle dir die Barmhertzigkeit GOttes gnädiglich verhelffen / folge mir derowegen nach / dieweil meines bleibens allhie nicht länger ist / denn Jch kan nicht unterlassen / das unglükselige Teutschland ferner zu suchen / ob Jch Jhr noch etwann mit Raht oder Hülffe / derer sie denn höchlich benöhtiget / ersprießlich beispringen könte. Sie gehen ab.


Ende des Zwischen-Spiels.


Quelle:
Johann Rist: Sämtliche Werke. Berlin und New York 1972, S. 141-155.
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